Bürgermeister Henning Görtz will weiter Verwaltungschef bleiben. Ein Wahlkampf ohne Gegenkandidaten

Bargteheide. Muss das eigentlich sein? Ist doch eh alles klar. In Bargteheide hatte man sich das offensichtlich selbst gefragt und spät eingeladen. Aber eine Woche vor der Stimmabgabe wird nun doch noch die Wahlkampfarena eröffnet. Nur, dass hier im Stadthaus gar keiner kämpft – jedenfalls nicht gegen einen anderen. Er ist allein im Ring: Henning Görtz. Der Bargteheider Bürgermeister geht in die zweite Runde, für weitere sechs Jahre an der Spitze der Verwaltung.

Im klassischen Blauen mit weißem Hemd und Schlips steht er vorn. Links neben ihm ein Tisch, auf dem ein Blümchen für ein bisschen Flair sorgen soll. Hinter ihm der an die Wand geworfene Schriftzug „Bürgermeisterwahl 2014“. Zu seiner Linken Thomas Schreitmüller, Bürgermeisterkollege aus Barsbüttel, der heute als Moderator Schützenhilfe leistet. Und in seiner Rechten ein Mikrofon. Görtz: „Sie müssen mal meine Sekretärin fragen, wie aufgeregt ich heute war“, sagt er. Das wirkt authentisch. Aber man weiß nicht so recht, ob man das glauben soll. „Doch ehrlich. Ich habe ja nicht gewusst, was auf mich zukommt“, wird Görtz sichtlich gelöst nach der Veranstaltung sagen. Es gibt keinen Gegenkandidaten. Aber so ein Alleingang ist wohl auch nicht ohne.

Der alteingesessene Bargteheider will jedenfalls nicht auf den Heimvorteil setzen und sich auf die prognostizierten Spitzenergebnisse am Wahlsonntag verlassen. Auch wenn es ein Solo für Görtz ist: Er will zeigen, dass er den Job verdient. So begibt er sich in den Ring und stellt sich den Fragen des Publikums. Nur: Es kommen keine.

Görtz ist stolz auf die Schuldenfreiheit und die Betreuungsquote der Stadt

„Ich bin 47 Jahre alt, habe einen Sohn und in Potsdam promoviert“, sagt Görtz zur Begrüßung und zählt weiter auf. „Ich war Pressesprecher beim damaligen Ministerpräsidenten Peter-Harry Carstensen und Leiter des Stabsbereiches von Finanzminister Rainer Wiegard.“ 60 Gäste sind gekommen. Fast alle im Saal nicken zustimmend. Sie kennen ihren Mann. Schreitmüller: „Gibt es noch Fragen zu Person?“ Nein.

Also hakt Görtz einen Punkt nach dem anderen ab. Er verspricht sich kein einziges Mal, füttert als Volkswirt seine Aussagen mit Zahlen an und erntet Zwischenapplaus. Eine Betreuungsquote von 70 bis 80 Prozent für Kinder unter drei Jahren, das lässt sich hören. Und auch darauf, dass Bargteheide immer noch einzige schuldenfreie Stadt Schleswig-Holsteins ist, ist er stolz.

Vier Themenbereiche hat sich Görtz vorgenommen: Bildung und Betreuung, Wirtschaft und Verkehr, Stadtentwicklung und Umwelt und schließlich Finanzen und Verwaltung. 30 Minuten stehen dafür jeweils maximal zur Verfügung. So ist für den eher ungeduldigen Besucher jetzt fast warnend auf der Wand hinter dem Kandidaten zu lesen. Das könnte zwei Stunden dauern. Eine Menge für einen einzigen Mann im Ring. Aber soweit kommt es nicht. Nach 40 Minuten hat Görtz bereits die Hälfte abgearbeitet. „Mein Mund ist ganz fusselig“, sagt Görtz und nimmt einen Schluck Wasser. „Ganz schön dröge im Hals.“ Und nicht nur dort.

Auch die Veranstaltung verläuft norddeutsch in ruhigen Bahnen. Schreitmüller versucht es immer wieder und bittet das Publikum darum, sich einzumischen. Da hauptsächlich Stadtvertreter und in der Kommunalpolitik engagierte Besucher gekommen sind, fällt niemanden so recht etwas ein. Die CDU und SPD unterstützen Görtz. Und Grüne und FDP habe eine Empfehlung für ihn abgegeben. Das ist gut für Görtz, aber nicht so gut für die Show.

Da ist es eine willkommene Abwechslung, dass sich Karl Dziomba von der Bargteheider Ortsgruppe des BUND meldet. „Ich betreibe mit Robustrindern und Naturschafen aktiven Umweltschutz“, sagt er. „Aber in Bargteheide wird die Natur ausgeräumt.“ Es fehle an Ausgleichsflächen für Bauvorhaben. Görtz weist das zurück. Dziomba erwidert. Es geht hin und her. Bis das bis dahin ruhige Publikum „Aufhören, aufhören“, skandiert. „Aber sie haben meinen Brief vom 11.Januar nicht beantwortet“, insistiert Dziomba. „Ich hatte für den Windpark Ausgleichsflächen angeboten und nichts von Ihnen gehört.“ Der Moderator wird aktiv. „Also ist der Brief nun beantwortet?" Görtz sagt: „Er wird beantwortet werden.“ Dziomba gibt sich zufrieden. Es geht weiter.

Görtz gibt alles. Er schimpft auf die Landesregierung. Inklusion könne nur funktionieren, wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen würden. „Stattdessen werden wir Kommunen damit allein gelassen“, sagt Görtz. Ohne eine vernünftige personelle Ausstattung sei die Aufgabe nicht zu leisten.

Beim Thema Bürgerwindpark spricht Görtz sich etwas von der Seele

Auch beim Thema Bürgerwindpark dreht Görtz auf. Man könne darüber streiten. Aber anonyme Leserbriefe hätten ihn sehr verletzt. „Ich bin dafür, dass man mit offenem Visier kämpft“, sagt er und meint die Vorwürfe im Hinblick auf seine Befangenheit. „Was heißt denn befangen? Dass mein Bruder 1,2 Hektar gehören. Nicht Windenergie-, sondern Abstandfläche.“ Es gehe um 400 Euro Pacht im Monat. „Nicht die Welt“, meint Schreitmüller. Görtz ist noch nicht fertig: „Ich kann auch nichts dafür, dass ich Bargteheider bin und einen Bruder habe.“ Da hat sich jemand etwas von der Seele gesprochen.

Die One-Man-Show ist vorbei. Der Moderator bekommt ein Bier als Gage. Schreitmüller: „Wenn Görtz gewinnt, gibt es noch eins.“ Das könnte klappen.