Die drei Bürgermeister-Kandidaten stellten sich im Sachsenwaldforum den Fragen der rund 300 Bürger

Reinbek. Man hätte in manchen Momenten meinen können, Reinbek sei eine Stadt vollkommener Harmonie. Denn der häufigste Satz, der auf der Bühne des Sachsenwaldforums gesagt wurde, war die Floskel „Danke für diese Frage“. Doch war das eben doch nur ein rhetorischer Kunstgriff, der sich durch häufige Wiederholung rasch abnutzte, denn tatsächlich waren viele der Fragen aus dem Publikum nicht so bequem, dass die drei Kandidaten sie als Einladung zur Selbstdarstellung hätten nutzen können – in der Summe ging es nämlich um die nicht geringen gegenwärtigen Probleme der Stadt und die künftigen Herausforderungen, die der Nachfolger des aktuellen Bürgermeisters Axel Bärendorf, der als Zuhörer im Publikum saß, wird meistern müssen.

Die von dem Notar und Rechtsanwalt Helmut Schmitt, selbst viele Jahre lang Stadtverordneter und von 1990 bis 1994 Bürgervorsteher in Reinbek, souverän geleitete Podiumsdiskussion war die erste Veranstaltung in diesem Wahlkampf, bei der die Kandidaten gemeinsam auftraten.

Im Stadtbild sind die drei schon seit der Wahlzulassung Mitte April ziemlich präsent: durch persönliches Auftreten auf Wochenmärkten, in Senioreneinrichtungen, vor Schülern, bei Besuchen in den Ortsteilen und, last not least, als „Klinkenputzer“ an den Haustüren der Bürger. Überdies treten bislang zwei der Bewerber tapfer mit ihren selbst finanzierten Plakaten gegen die visuelle Übermacht der Werbebotschaften zur Europawahl an, die am selben Tag, dem 25. Mai, durchgeführt wird.

Erstes erfreuliches Fazit der Veranstaltung im Sachsenwaldforum war die Erkenntnis, dass das Überangebot an politischen Botschaften in der Stadt den Reinbekern nicht das Interesse an ihren ureigensten kommunalen Angelegenheiten genommen hat. Mit etwa 300 Besuchern war der Saal gut gefüllt. „Ein imposanter Blick“, sagte der Kandidat Björn Warmer und ließ den Blick über das Publikum schweifen. „So uninteressant, wie im Vorfeld ab und zu behauptet, scheint diese Wahl ja wohl doch nicht zu sein.“

Dass es brisante Themen genug gibt, zeigte die Fragerunde: Reinbeks Verschuldung, der dringende Bedarf an bezahlbarem Wohnraum für junge Menschen, für Familien und für Senioren, die Milieus verändernde Nachverdichtung in Wohnvierteln, die Belebung der Stadtmitte und Konzepte gegen die Abwanderung kleiner Geschäfte in der City, die Forderung nach mehr Beteiligung der Bürger an Entscheidungen, die sie betreffen, die Einrichtung einer Oberstufe für Gemeinschaftsschüler, die das Abitur in neun statt in acht Jahren machen wollen, die Entwicklung eines Mittelzentrums gemeinsam mit den Nachbarn Glinde und Wentorf.

Wie die Probleme zu lösen sind, muss die Politik vorgeben – der Bürgermeister ist als Verwaltungschef für die Umsetzung zuständig. Aber ein guter Bürgermeister hat eine Vorstellung von dem, was in seiner Stadt nötig und was machbar ist. Insofern interessierte sich das rege fragende Publikum vor allem für die Vorstellungen der Kandidaten davon, was in Reinbek zu tun ist und wie es finanziert werden soll.

Die Vorstellungsrunde zu Beginn hatte schon sehr deutlich gemacht, dass die drei Bewerber mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen antreten. Lars Bardua ist Quereinsteiger, anders als seine Konkurrenten kann er keine Verwaltungserfahrung vorweisen. Der Leiter einer Kindertagesstätte in Reinbek sieht seinen Job als Schlüsselqualifikation, die auch im Bürgermeisteramt helfen können soll, nämlich die Kunst, als Mediator Konflikte zu lösen und Kompromisse zu moderieren. Inhaltlich blieb Bardua im Ungefähren.

Auch Jürgen Vogt-Zembol war ein Quereinsteiger, bevor er zum Verwaltungsexperten wurde. Als Biologe trat er vor 25 Jahren ins Reinbeker Umweltamt ein und machte in der Verwaltung rasch Karriere. Seit 2010 ist er Büroleitender Beamter und Chef des Amts für Inneres und Finanzen. Vogt-Zembol steht für Kontinuität in der Verwaltung. Er will moderat reformieren, dichter an den Bürgern arbeiten, den Service durch Online-Angebote erhalten, das Ehrenamt stimulieren, Arbeitsplätze in Reinbek erhalten, das Mittelzentrum fördern, aber gleichzeitig die lokale Identität der beteiligten Partner bewahren.

Der in Wentorf lebende Björn Warmer präsentierte sich als Allrounder, als verwaltungs- und politikerfahrener Volljurist und als besonders ortsverbunden. Als Spitzenbeamter hat er in Schwarzenbek eine rasante Verwaltungskarriere hingelegt. Er war 15 Jahre lang für die SPD Gemeindevertreter in Wentorf und sieben Jahre lang wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag, bis er merkte: „Ich gehöre ans Ende der kommunalen Nahrungskette.“ Er punktete, weil er nicht nur bei jeder Frage im Thema war, sondern auch spontan und schlagfertig reagierte und zudem starke Statements im Angebot hatte: „Bürgerbeteiligung ist erste Bürgermeisterpflicht.“ Auch ohne Applausometer war unüberhörbar, dass die erste Runde an ihn gegangen war.