Umfrageergebnis bestätigt: Unternehmer kümmern sich nicht um die Nachfolgeregelung

Ahrensburg. Schleswig-Holstein droht ein Verlust von Arbeitsplätzen und Betriebsvermögen, denn Inhaber kleinerer Firmen setzten sich immer noch zu selten oder zu spät mit dem Thema Nachfolgeregelung auseinander. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Umfrage der Handwerkskammern und der Industrie- und Handelskammern in Schleswig-Holstein, die am Donnerstag vorgestellt worden ist. Sie bestätigt im Wesentlichen, was Experten beider Kammern unlängst im Abendblatt als Befürchtung geäußert haben.

Genau genommen stellt sich die Situation sogar noch eine Spur dramatischer dar als seinerzeit angenommen. Jeder fünfte Betriebsinhaber, auch das geht aus der Befragung hervor, denkt darüber nach, seinen Betrieb ganz aufzugeben. Und der Anteil derer, die sich noch gar keine Gedanken über das Thema Unternehmensnachfolge gemacht haben, ist seit der letzten ähnlich gelagerten Befragung – sie liegt sechs Jahre zurück – von knapp 45 auf 53 Prozent gestiegen. Andreas Katschke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Schleswig-Holstein, sagt: „Viele verschließen einfach die Augen vor der Problematik.“

Er und Lars Schöning, Hauptgeschäftsführer der für Stormarn zuständigen IHK zu Lübeck, haben als erste Reaktion angekündigt, das Beratungsangebot der Kammern zu intensivieren. Schöning kündigt ferner an, die schleswig-holsteinischen Kammern würden unabhängig vom bundesweiten Nachfolgeportal Nexxt-Change eine eigene Datenbank mit Unternehmen anlegen, in denen sich die Frage der Unternehmensübergabe bald stellen könnte.

20.000 Briefe sind verschickt, 1800 zurückgesendet worden

Wie berichtet, hatten die Kammern Anfang des Jahres rund 20.000 Fragebögen an ihre Mitgliedsbetriebe versandt, und zwar an all jene, in denen der Chef das 55. Lebensjahr überschritten hat. 1800 Briefe sind beantwortet zurückgeschickt worden. Die Handwerkskammer sieht nun die Notwendigkeit, die Mitgliedsunternehmen künftig noch früher mit der Nase auf das Thema zu stoßen.

Zuletzt hatten sich die Kammern auf eine Studie des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung berufen, dessen Mitarbeiter den Zeitraum von 2014 bis 2018 beleuchtet hatten. Sie waren dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass Unternehmensnachfolge für ungefähr 4800 Firmen in Schleswig-Holstein ein aktuelles Thema sein müsste. An diesen 4800 Firmen, die im ungünstigsten Fall, dass sie niemand übernehmen wollte, schließen müssten, hingen ungefähr 70.000 Arbeitsplätze.

Sie müssten nicht unbedingt verloren sein, würden womöglich nur verlagert. Trotzdem: Ein Ziel der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck ist es, diese Arbeitsplätze in der Region zu halten. IHK-Hauptgeschäftsführer Schöning hatte dazu im Abendblatt-Interview gesagt: „Wir wollen einen Arbeitsplätze-Export vermeiden. Die Arbeitnehmer sollen nicht in andere Regionen abwandern.“ Schon jetzt gebe es in Schleswig-Holstein einen Arbeitskräftemangel. Seinen Worten zufolge fehlen bis zum Jahr 2030 voraussichtlich 12.000 Akademiker und 85.000 Fachkräfte.