Landgericht verurteilt ehemaligen Aurubis-Mitarbeiter wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu mehr als drei Jahren

Ahrensburg/Lübeck. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Lübeck hat einen ehemaligen Manager des Hamburger Kupferkonzerns Aurubis wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Das Gericht kam nach drei Verhandlungstagen zu der Überzeugung, dass Lars Meyer (Name geändert) 1,5 Millionen Euro gegenüber seinem alten Arbeitgeber veruntreut und rund 2,5 Millionen Euro an Steuern hinterzogen hat.

Der 50 Jahre alte Ahrensburger nahm das Urteil am Dienstag regungslos an. Als der Vorsitzende Richter Jörg Beer das Strafmaß begründete, wirkte der Mann mit dem feinen hellbraunen Haar abwesend. Immer wieder rollte er seinen Kugelschreiber auf dem Holztisch vor sich hin und her.

„Das Gericht hat das Geständnis des Angeklagten mit Wohlwollen verzeichnet“, sagte Jörg Beer. „Das ändert aber nichts an dem Sachverhalt, den wir hier feststellen mussten.“ In den Jahren 2007 bis 2011 hat Meyer als Manager des größten europäischen Kupferproduzenten Kommissionen an eine Handelsgesellschaft gezahlt, die es nicht gibt. Die Beträge in Millionenhöhe kassierte er zusammen mit seinem Freund Bernd Hagen (Name geändert).

Meyer leitete damals das Metall- und Devisengeschäft der Aurubis AG und besaß dabei uneingeschränkte Prokura. Er verdiente monatlich 40.000 Euro plus Bonuszahlungen. Sein enger Vertrauter Hagen verschaffte ihm lukrative Verträge mit der russischen Firma MMC Norilsk Nickel, dem weltweit führenden Produzenten von Nickel und Palladium, bei dem auch Kupfer gewonnen wird. Die Verträge mit dem Unternehmen wurden zunächst über eine russische Handelsgesellschaft vermittelt, die dafür Kommissionen kassierte. Doch ab 2005 gab es diesen Vermittler nicht mehr und Hagen handelte selbst die Verträge mit dem Produzenten aus.

Die Handelsgesellschaft ließen die Männer indes auf dem Papier bestehen und so zahlte Meyer in der Folge weiter Kommissionen, die auf einem Konto in der Schweiz landeten. Hagen verwaltete dieses und überwies Meyer die Hälfte des Geldes auf dessen Schweizer Konto oder er kaufte ein Haus in Florida.

„Der Firma ist dadurch kein Schaden entstanden“, betonte der Verteidiger von Meyer in seinem Plädoyer und versuchte so, den Untreue-Vorwurf zu widerlegen. Derartige Kommissionen seien marktüblich. „Und die beiden haben für Aurubis Gewinne erzielt. Vom Missbrauch der Treuepflicht, kann hier nicht die Rede sein.“ Sein Mandat saß mit gesenktem Kopf neben ihm und nickte an diesem Punkt zustimmend.

Meyer könne laut seines Verteidigers nie wieder in der Metallindustrie arbeiten

Der Verteidiger begründete dies vor allem damit, dass die Verträge, die Hagen dank seiner guten Kontakte zu den Russen aushandelte, besonders profitabel waren und der Vorstand des Hamburger Unternehmens auch von den Kommissionszahlungen wusste. „Es zählte nur der Gewinn. Alles andere war zweitrangig“, so der Jurist.

Das sahen Gericht und Staatsanwaltschaft jedoch anders. Zumal die Firma ihren Top-Manager im Januar 2012 fristlos entlassen hat, nachdem bekannt wurde, dass er die Hälfte der Kommissionen bekommt.

„Die Kommissionen mögen zwar marktüblich sein, dass man diese aber selbst kassiert, nicht“, so der Richter. „Salopp formuliert haben Sie Schmiergeld gezahlt und sich dabei auch selbst geschmiert.“ Damit entkräftete der Vorsitzende Richter auch weitere Argumente des Verteidigers, der immer wieder betonte, dass nach der Entlassung die Aurubis wesentlich schlechtere Konditionen mit dem russischen Metallproduzenten hatte. „Selbst wenn man die Kommissionen hinzurechnet“, so der Anwalt, der eine Bewährungs- und Geldstrafe forderte.

Diese Forderung begründete er auch damit, dass Lars Meyer nie wieder in der Metallindustrie arbeiten könne. Denn nachdem bekannt wurde, dass Meyer vor Gericht steht, soll er seinen neuen Job, als Vorstandsmitglied eines Kupfer- und Silbererzeugers in Österreich verloren haben. „Er ist der Uli Hoeneß der Kupferbranche“, so der Anwalt, der auch die familiäre Situation anspricht. Seine Kinder litten darunter. Zudem habe sich seine Frau von ihm scheiden lassen, als sie von den Ermittlungen erfuhr. Diese hat Lars Meyer sogar selbst angeregt. Im Jahr 2009 bekam er plötzlich Angst, als Steuer-CDs aus der Schweiz dem deutschen Fiskus angeboten wurden. Er erstattete Selbstanzeige. Jedoch war diese fehlerhaft. Denn Bernd Hagen vermittelte ihm einen Finanzberater, der dabei trickste. Und auch in den Jahren danach hinterzog Meyer weiter Steuern.

Auch Bernd Hagen muss sich bald vor einem Richter verantworten

„Das war besonders dreist, zumal gegen Sie schon Ermittlungen liefen“, sagt der Staatsanwalt. Während dieser Ermittlungen stießen die Steuerfahnder auch auf die Kommissionszahlungen und informierten die Aurubis AG.

„Ich wollte niemanden schädigen“, sagte Lars Meyer, der im Gerichtssaal aufgestanden war, nachdem ihm der Richter das letzte Wort erteilt hatte. Mit leiser Stimme fügte er hinzu „Ich möchte mich bei meiner Familie und den Personen entschuldigen, die ich enttäuscht habe, weil sie mir vertraut haben.“

Auch Bernd Hagen, der viele Jahre die Aurubis-Niederlassung in Moskau leitete wird sich demnächst vor einem deutschen Gericht verantworten müssen. Er sitzt derzeit in Auslieferungshaft in der Schweiz. Die Staatsanwaltschaft, die als Motiv Habgier aufführte, geht davon aus, dass beide mehr als 20 Millionen Euro an Kommissionszahlungen abgezweigt haben, wovon nur ein Teil beweisbar war. Damit haben beide Männer zu hoch gepokert. Oder sich verhalten, wie Lars Meyer 2010 selbst einst in einem Interview mit einem Nachrichtenmagazin über Kupfer-Zocker an der Börse sagte: wie „dumme Jungs“.