Ein Kultur-Erlebnis von Petra Meyer-Schefe

„Oh Gott“, sagten unsere Freunde und guckten sehr mitleidig, als wir ihnen erzählten, dass wir nach Ammersbek ziehen. Sozusagen aufs Land. Um nicht zu sagen in die Walachei. „Na, mit dem Auto oder der U-Bahn seid Ihr ja schnell in Hamburg“, trösteten sie uns. „Da ist ja alles – Kino, Theater, Konzertsäle – das kulturelle Leben eben.“

Um ehrlich zu sein, bislang sind wir noch nicht viel in die Stadt gefahren. Hier draußen gibt’s nämlich auch ganz viel Kultur, und das ohne Stau, Parkplatzsuche und Kartenreservierung. Den Auftritt des Duos Fjarill im Februar in der Hamburger Fabrik hatten wir verpasst. Jetzt also Landhaus Hoisdorf. Ein überaus netter Gasthof mit modernen Akzenten an einem idyllischen Dorfplatz gelegen.

Wir parken direkt davor, kaufen ganz entspannt unsere Karten, holen uns noch einen Drink, und dann legen die zwei Musikerinnen – die eine aus Schweden, die andere aus Südafrika – auch schon los mit ihren traumhaft versponnenen Liedern. Das Publikum lauscht ergriffen, johlt und pfeift und fordert Zugaben. Als wir durch die dunkle Nacht nach Hause fahren, denken wir: „Was für ein tolles Konzert, was für ein entspannter Abend.“

Die Jazz- und Fado-Sängerin Julia Schilinski im Ammersbeker Pferdestall, das Kabarett-Duo Alma Hoppe im Kleinen Theater Bargteheide, Lesungen in der Trittauer Wassermühle, Jazz im Ahrensburger Marstall, Kammermusik im Herrenhaus Borstel … Vieles von dem hätten wir in Hamburg wahrscheinlich verpasst, weil man beim kulturellen Überangebot dort oft den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht und weil man immer so früh Karten kaufen muss.

In der Großstadt wurde meine Spontaneität oft ausgebremst und blieb mit mir auf dem Sofa liegen. Hier ist sie unternehmungslustig und sagt: „Los jetzt!“

Beim Konzert im Landhaus Hoisdorf werden noch ein paar Stühle in den Saal geschoben. „Passt schon!“, sagte der Wirt. Die zwei Mädels von Fajrill betonen übereinstimmend, wie schön es war. Eine Zuschauerin holt sich neben der Garderobe noch ein Autogramm. „Ich bin extra aus Hamburg angereist“, sagt sie. Oh Gott, nicht dass sich das in der Großstadt herumspricht, was für ein tolles Kulturprogramm es hier gibt. Hier draußen in der Walachei.