Hamfelde gibt es in Stormarn und im Herzogtum Lauenburg. Was hin und wieder zu lustigen Verwechslungen führt

Die Straße wieder runter, über die Kreuzung rüber, die erste Straße links rein. Dann ist es das zweite Haus auf der rechten Seite. Gerhard Schulz hat nicht gezählt, wie oft er diese Wegbeschreibung schon Paketboten, Taxifahrern oder anderen „Frömden“ gegeben hat, wie er sagt. Doch einige Hundert Male wird es gewesen sein. Denn zusammen mit seiner Frau Hilde wohnt Gerhard Schulz schon seit mehr als 50 Jahren an der Dorfstraße 9 in Hamfelde. Und diese Adresse gibt es zweimal. So, wie es auch Hamfelde zweimal gibt.

Die gleichnamigen Dörfer liegen nur einen Katzensprung voneinander entfernt, führen dieselbe Postleitzahl und haben sogar dieselbe Telefonvorwahl. Die beiden Hamfeldes trennen einzig das Flüsschen Bille, die darüber führende Landesstraße 220 – und die Kreisgrenze. So liegt ein Hamfelde in Stormarn, das andere im Herzogtum Lauenburg. Und, wie in fast allen Dörfern, gibt es eben auch in beiden eine Dorfstraße. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Gerhard Schulz bringt es auf den Punkt: „Hier kocht jeder sein eigenes Süppchen.“

Zunächst könnte ein Außenstehender annehmen, Auseinandersetzungen in der Vergangenheit hätten ein bestehendes Dorf geteilt. Doch tatsächlich haben die beiden Hamfeldes nie zusammengehört. Im 13. Jahrhundert wurden Holstein und Lauenburg an unterschiedliche Lehnsherren vergeben, Grenzfluss war die Bille. So entwickelten sich an beiden Ufern des Flusses zwar namensgleiche, ansonsten aber voneinander völlig unabhängige Dörfer. Und das ist bis heute so geblieben. Mit knapp 490 Einwohnern ist das stormarnsche Hamfelde um etwa 30 Einwohner stärker als das lauenburgische. Bernd Glunz, seit einem dreiviertel Jahr Bürgermeister der kleineren Gemeinde, sieht jedoch keinen Konkurrenzkampf zwischen seinem Hamfelde und dem seines Amtskollegen Ulrich Borngräber. „Wir schätzen die Besonderheiten des anderen und fühlen uns wegen des Namens natürlich schon irgendwie miteinander verbunden.“ Doch gemeindepolitische Fragen werden in aller Regel getrennt voneinander behandelt. Das liegt schon allein daran, dass Hamfelde/Lauenburg zum Amt Schwarzenbek-Land gehört, während Hamfelde/Stormarn dem Amt Trittau zugeordnet ist.

Ab und zu kommen die beiden Bürgermeister aber auch privat zusammen. „Da gibt es wirklich keine Berührungsängste“, sagt Bernd Glunz gegenüber der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn. Außerdem lande auch bei ihnen die Post manchmal im falschen Briefkasten. Ulrich Borngräber berichtet: „Wenn Briefe nur an den „Bürgermeister von Hamfelde“ adressiert sind und die Adresse über ein Computersystem eingegeben wurde, landen die häufig bei meinem Kollegen. Das lauenburgische Hamfelde wird von vielen Systemen oft automatisch übernommen.“ Dann muss Bernd Glunz Postbote spielen. Doch ein Problem sei das nicht. Im Gegenteil. „Das ist immer ein guter Anlass, sich mal wieder zu treffen und sich auszutauschen.“

Je nachdrücklicher man die Hamfelder auf eine eventuelle Rivalität mit ihrem Doppelgänger-Dorf anspricht, desto mehr betonen sie die Harmonie zwischen einander. Sie loben die Vereinskultur des Dorfes im Nachbarkreis, empfehlen die Gasthäuser, erzählen von Freundschaften. Gleichzeitig sprechen sie von „denen da drüben“ und über „die auf der anderen Seite der Bille“. Hilde Schulz, in Lauenburg geboren und zur Schule gegangen und heute in Stormarn zuhause, kennt beide Seiten: „Es ist doch ganz normal, dass jeder auf seine Scholle stolz ist. Wir lieben eben unser Hamfelde und die da drüben ihres.“

Neue Pastorin landete im falschen Hamfelde, wollte ein Ehepaar trauen

Langweilig wird es jedenfalls in beiden Dörfern nicht. Am liebsten erzählen Schulzes die Geschichte von der neuen Pastorin, die vor einigen Jahren vor deren Tür stand. „Ich war zwar ein wenig verwundert, warum sie uns besucht“, erinnert sich Gerhard Schulz. „Sie war für uns ja gar nicht zuständig. Aber ich hab mich gefreut und sie natürlich reingelassen.“ Als die Kirchendame das Paar dann jedoch auf den bevorstehenden Hochzeitstermin anspricht und mit ihnen die Traurede durchgehen möchte, wird Hilde und Gerhard Schulz klar: Die Pastorin ist zwar bei der richtigen Adresse, aber im falschen Hamfelde gelandet. „Unsere Trauung war da schon ein paar Jährchen her“, sagt Schulz. „Wir standen kurz vor der Goldenen Hochzeit.“ Das Missverständnis war schnell geklärt und Schulzes brachten die Pastorin auf den richtigen Weg: „Die Straße wieder runter, über die Kreuzung rüber, die erste Straße links rein.“

Zwei Bürgermeister, zwei Feuerwehren, zwei unterschiedliche Kfz-Kennzeichen – Hamfelde und Hamfelde haben ganz offensichtlich so wenig beziehungsweise so viel miteinander zu tun wie mit all den anderen Dörfern darum herum auch. Aber vielleicht werden sie in Zukunft doch noch mehr miteinander verwachsen.

Die Straßenquerung über die viel befahrene Landesstraße 220, und damit der Weg vom einen zum anderen Hamfelde, soll vor allem für Fußgänger und Radfahrer sicherer werden. Die ersten Gespräche dazu stehen an. Hamfelde/Stormarn-Bürgermeister Ulrich Borngräber: „Es gab in der Vergangenheit schwere Unfälle an diesem Übergang. Wenn ich mit einer größeren Gruppe unterwegs bin, schwitze ich immer Blut und Wasser und bin erleichtert, wenn alle wohlbehalten auf der anderen Seite angekommen sind.“

Bürgermeister wollen Gefahrenquelle an der Landesstraße 220 beseitigen

Die Beseitigung dieser Gefahrenquelle liegt im Interesse beider Hamfeldes, daher setzen sich die jeweiligen Verantwortlichen auch gemeinsam an einen Tisch. Hamfelde/Lauenburg und Hamfelde/Stormarn werden auch in Zukunft voneinander unabhängige Dörfer bleiben. Aber wenn der Weg zu „denen da drüben“ nicht mehr ganz so gefährlich ist, wird der Kontakt zueinander vielleicht doch noch ein bisschen intensiver. Dem gemeinsamen Namen zuliebe.