Rassistischer Brief an Schule. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Absender

Lübeck. „Ich verachte Rassismus, weil ich ihn für barbarisch halte, egal ob er nun von einem schwarzen oder weißen Menschen kommt.“ Dieses Zitat stammt von einem Mann, dessen Andenken nun durch den Inhalt eines Briefes aus dem Kreis Stormarn beschädigt wurde. So zumindest sehen es die Ermittler der Staatsanwaltschaft in Lübeck, die ein Ermittlungsverfahren wegen des „Verdachts der Volksverhetzung, Beleidigung und der Verunglimpfung des Andenkens von Nelson Mandela“ gegen den Absender eingeleitet haben. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Ralf Peter Anders dem Abendblatt.

Was ist bisher geschehen? Eine junge Frau aus dem europäischen Ausland leistet ihre Referendariatszeit an einer weiterführenden Schule in Stormarn ab. Sie macht die Apartheid in Südafrika zum Thema, möchte mit ihren Schülern ins Kino gehen. Nun steht der Film „Nelson Mandela – der lange Weg zur Freiheit“ auf den Stundenplan. In der Biografie des Regisseurs Justin Chadwick wird das Leben des südafrikanischen Nationalhelden und Friedensnobelpreisträgers nachgezeichnet.

Das Wirken des am 5. Dezember 2013 verstorbenen Mannes, der 27 Jahre in politischer Gefangenschaft und von 1994 bis 1999 erster schwarzer Präsident seines Landes war, sei „zu groß für einen Film“, betitelte die Frankfurter Rundschau kürzlich ihre Filmkritik. Doch über die Lebensleistung Nelson Mandelas denkt der Vater eines Schülers aus dem Kreis Stormarn offensichtlich ganz anders.

In einem Schreiben an die Schule, dessen Inhalt und Wortwahl von den Verantwortlichen als „moralisch verwerflich“ und rechtlich bedenklich gewertet wird, beschimpft der Mann Mandela als „Neger“, untersagt den „Leerkräften“, sein Kind in einen solchen Film über den „Kommunisten“ mitzunehmen.

Bei der Schulleitung und den Pädagogen löst dieses Schreiben Entsetzen aus. Nach kurzer Diskussion fällt die Entscheidung, die Polizei zu informieren. Die Kripo leitet das brisante Papier an das Kommissariat 5 in Lübeck weiter. Die Beamten sind zuständig für politische Straftaten. Von dort aus landet es kurze Zeit später auf dem Schreibtisch von Oberstaatsanwalt Anders. „Wir bestätigen die Ermittlungen gegen den Mann“, heißt von dieser Stelle. Mehr nicht. Staatsanwaltschaft und Schule geben sich in Bezug auf weitere Details zurückhaltend. Das sei eine Frage der Abwägung, um das Kind des Absenders zu schützen.