Muss jemand, der nicht existiert, Krach machen dürfen? CDU sagt: Ja. Daran könnte Bargteheider Projekt scheitern

Bargteheide. Schwerer Rückschlag für den Bürgerwindpark Bargteheide: Die drei am Glindfelder Weg geplanten Rotoren dürften sich, so sie gebaut werden würden, nachts allenfalls stark gedrosselt drehen. Das ist die simple Folge eines ziemlich komplizierten Beschlusses, den die Bargteheider Stadtvertreter nun mehrheitlich gefasst haben. Im Ergebnis taugt er dazu, die Wirtschaftlichkeit des gesamten Vorhabens infrage zu stellen. Und er hat auch eine hochgradig symbolische Komponente: Erstmals seit Beginn der Planungen fehlt dem Projekt die Rückendeckung aus der Politik, und das an einem offenbar entscheidenden Punkt.

„Der Beschluss führt mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, dass sich die Wirtschaftlichkeit der Anlage reduziert“, sagt Joachim Teschke, Stadtkämmerer und Geschäftsführer der Bürgerwindpark Bargteheide GmbH und Co. KG. Und weiter: „Im besten Fall ändert sich sehr wenig. Im schlechtesten Fall könnte es sein, dass das Projekt kippt.“

Aus baurechtlicher Sicht ist das alles eine Frage des Lärmschutzes. Im konkreten Fall allerdings, und das lässt ihn geradezu skurril erscheinen, geht es um den Schutz vor Lärm, den es gar nicht gibt. Weil niemand existiert, der ihn machen könnte. Trotzdem ist die Rechtslage eindeutig. Und das kommt so: Im Westen der Stadt, an der Straße Hollerbusch, hat Bargteheide ein Gewerbegebiet ausgewiesen. Es liegt zurzeit brach, eine Nutzung ist mittelfristig nicht mal absehbar. Denn die städtische Fläche ist für den Neubau eines Bauhofs im Gespräch, der möglicherweise gemeinsam mit dem Amt Bargteheide-Land betrieben werden könnte. „Im Bebauungsplan ist ein Lärmkontingent für dieses Gebiet festgeschrieben“, sagt Bauamtsleiter Jürgen Engfer.

Mit anderen Worten: An der Straße Hollerbusch darf nachts Krach gemacht werden. Käme nun noch eine Geräuschkulisse durch die Windräder hinzu, wären die Grenzwerte in einem benachbarten reinen Wohngebiet an der Straße Am Bargfeld – es handelt sich um die städtischen Schlichtwohnungen für Bedürftige – überschritten. Dass es niemanden gibt, der am Hollerbusch Krach machen möchte, spiele dabei keine Rolle. Entscheidend sei, was auf dem Papier steht, sagt Bauamtsleiter Engfer.

Doch die Stadtverwaltung hatte eine Idee, wie das Problem gelöst werden könnte. Eine sogenannte Dienstbarkeit sollte für das Gewerbegrundstück eingeräumt werden. Das ist eine Einschränkung, die im Grundbuch eingetragen wird. Konkret war geplant, das nächtliche Lärmen am Hollerbusch in der Zeit von 22 bis 6 Uhr zu untersagen. Dann würde auch auf dem Papier niemand mehr Krach machen. Die Windkraftrotoren könnten sich mit minimaler Drosselung drehen, und die Lärmgrenzwerte von 35 Dezibel für das Gebiet um die Schlichtwohnungen würden trotzdem eingehalten.

Dieser Dienstbarkeit haben mit CDU und der Grünen Isabell Steinau nun auch Befürworter des Bürgerwindparks die Zustimmung versagt, FDP und Wählergemeinschaft WfB ebenso. CDU-Fraktionschef Claus Christian Claussen erklärt die Kehrtwende seiner Fraktion: „Hier sollte ein Prinzip des öffentlichen Baurechts gebrochen werden. Es kann nicht sein, dass Altbestand eingeschränkt werden muss.“ Mit Altbestand meint er das ungenutzte Gewerbegrundstück. Und weiter: „Es ist nicht die Aufgabe der Politik, einem Investor die Rendite zu sichern. Es fällt hier schwer, aber der Zweck heiligt nicht alle Mittel.“ Ähnlich äußert sich Isabell Steinau: „Gesetzliche Vorgaben werden niemals an Projekte angepasst.“

Die Befürworter des Bürgerwindparks sind in hohem Maße enttäuscht. Wiebke Garling-Witt von den Grünen an die CDU gerichtet: „Ich meine, Sie haben die Hintertür gefunden. Sie sprechen von Altbestand und meinen Lärm, der gar nicht vorhanden ist.“ Ihr Resümee: „Ich sehe den Bürgerwindpark hier kippen.“ CDU-Mann Claussen betont hingegen, seine Fraktion stehe nach wie vor grundsätzlich hinter dem Projekt.

Sollte sich das Projekt Bürgerwindpark nun als unwirtschaftlich erweisen, bedeutet das dennoch nicht, dass am Glindfelder Weg keine Windanlagen entstehen. Geschäftsführer Joachim Teschke: „Wir machen viel, das ein Investor nicht machen würde.“ Zum Beispiel soll der Strom direkt ins städtische Netz eingespeist werden. „Insofern ist nicht gesagt, dass der Standort auch für einen Investor unwirtschaftlich wäre.“