CDU-Vorstandsmitglieder ließen CDU-Bürgermeister beobachten. Der bekommt Rückendeckung aus allen Parteien

Tangstedt. Der Vorgang ist beispiellos – nicht nur für Tangstedt: Seitdem Teile des CDU-Ortsvorstands dem amtierenden Bürgermeister und ihrem Parteifreund Klaus Paasch die Legimitation abgesprochen haben, wird in der Gemeinde über die Hintergründe, aber auch über die Art und Weise des Vorgehens diskutiert. Paasch vertritt momentan den länger erkrankten Holger Criwitz (SPD).

Günter Borcherding, Ortsvorsitzender der Union, sowie die Beisitzer Günter Schöpke und Uwe Koops hatten die Anschuldigung erhoben, dass Paasch lediglich eine „Briefkastenadresse“ in der Dorfstraße habe. Tatsächlich wohne der Bürgermeister mit seiner Familie in Norderstedt. In diesem Fall hätte der 58-Jährige nicht nur gegen das Landesmeldegesetz verstoßen, sondern müsste auch sein Mandat als Gemeindevertreter niederlegen.

Um die Vorwürfe zu belegen, hatte Schöpke über Monate ein Dossier erstellt. Darin dokumentierte er die Lebensgewohnheiten der Familie Paasch und schickte die Unterlagen schließlich dem Amt Itzstedt sowie der Kommunalaufsicht des Kreises Stormarn zu. Dort wird die Existenz der Akte jeweils bestätigt. Beide Stellen haben dem Hamburger Abendblatt allerdings auf Anfrage mitgeteilt, dass gegen Klaus Paasch nicht ermittelt werde. Die Sache ist also aus Sicht der Behörden abgeschlossen.

Warum Verantwortungsträger aus dem Ortsvorstand der Christdemokraten die Glaubwürdigkeit ihres Parteifreundes derartig anzweifeln, ist nach Ansicht vieler Tangstedter Politiker die Eskalation einer längeren Entwicklung. Deren Ursprung liegt offenbar im April 2013.

Damals diskutierte die Gemeinde den Entwurf einer sogenannten Kies-Charta, die sich grundsätzlich gegen einen weiteren Abbau in der Nähe von Wohngebieten in Wilstedt-Siedlung aussprach. Paasch führte zu jener Zeit noch den CDU-Ortsvorstand und war ein Befürworter der Charta. Damals stellte sich das Gros der CDU-Gemeindevertreter allerdings gegen ihn. Ein zweites Thema, das die Partei in zwei Lager spaltete, war die Forderung nach einer Umgehungsstraße durch den Tangstedter Forst.

Die Kommunalwahl im Mai 2013 endete mit einem Votum für eine neue CDU. So verlor unter anderem Günter Borcherding, immerhin selbst ehemaliger Bürgermeister, sein Mandat in der Gemeindevertretung. Als Klaus Paasch im September den Ortsvorsitz abgab, um sich auf die Fraktionsarbeit konzentrieren zu können, gewann Borcherding die Wahl zum Nachfolger. Im Anschluss veröffentlichte Günter Schöpke eine Mitteilung, die sich wie eine Abrechnung las: Paasch sei wegen seiner Vorstandspolitik und seines Führungsstils in die Kritik geraten, hieß es.

Seitdem agieren Ortsverband und Fraktion betont getrennt voneinander, pflegen sogar separate Internetseiten. Mit Arne Müssig (zweiter Ortsvorsitzender) und Michael Paulsen (Schatzmeister) sind allerdings zwei gewählte Gemeindevertreter in beiden Lagern aktiv.

Andere haben die Tangstedter CDU verlassen. So etwa Sylvia Kießlich. In dem Haus, das der Gemeindevertreterin sowie ihrem Mann Frank gehört, wohnen Klaus und Sabine Paasch zur Miete. „Das Haus ist keinesfalls zu klein für zwei Familien“, sagt sie. „Man tut Herrn Paasch unrecht, das ist eine persönliche Sache gegen ihn. Ich bin Christdemokratin, aber den Ortsverband habe ich verlassen, weil ich mit den Machenschaften nichts zu tun haben möchte.“

Klaus Paasch wiederum hat mittlerweile Strafanzeige gestellt; es geht um den Tatvorwurf der Nachstellung, also des Stalkings (§238 StGB). Eine Gerichtsverhandlung ist wahrscheinlich – so hält beispielsweise Günter Schöpke unverändert daran fest, dass Klaus Paasch hinsichtlich seiner Meldeadresse lüge.

Für die weiteren Fraktionen in der Gemeindevertretung – neben der CDU sitzen dort die SPD, die FDP und die Bürgergemeinschaft Tangstedt – hat die Auseinandersetzung keinerlei Einfluss auf die politische Arbeit. Sie glauben den Angaben des Bürgermeisters. „Unsere Fraktion steht hinter Klaus Paasch“, sagt Lothar Metz von der BGT. „Für uns sind die Entscheidungen des Amtes und der Kommunalaufsicht maßgebend.“

Ähnlich äußert sich Michael Kannieß, Vorsitzender der Tangstedter SPD und als bürgerliches Mitglied Leiter des Finanzausschusses. „Wenn die Kommunalaufsicht keine Bedenken äußert, ist der Fall erledigt“, sagt Kannieß. Das sei eine CDU-interne Sache, aus der sich die SPD heraushalte. „Auf die Gemeindepolitik wirft es aber kein gutes Licht.“