Bargteheider Stadtvertreter lehnen Verfahrensstopp ab. Lärmgutachten vorgestellt

Bargteheide. Die Bargteheider Stadtvertreter waren für die Beratung zum geplanten Windpark extra vom Stadthaus ins größere Ganztagszentrum umgezogen. Und tatsächlich war der Saal voller Zuhörer. Sie wollten wissen, ob das Genehmigungsverfahren für den Windpark am Glindfelder Weg in letzter Sekunde doch noch gestoppt würde. Und würde es sogar eine Bürgerbefragung geben? Die Abstimmung, begleitet von Beifall und Beschimpfungen, brachte einen ernüchternden Ausgang für die Windkraftgegner: kein Aussetzen des Genehmigungsverfahrens, keine Bürgerbefragung.

Der FDP-Fraktionschef Gorch-Hannis la Baume hatte die Anträge gestellt und kassierte 19 Gegenstimmen. „Das ist ja eine schöne große Koalition“, kam es mit zynischem Unterton aus den Reihen der Zuhörer. Denn CDU, SPD und Grüne sagten geschlossen Nein. Nur die Wählergemeinschaft (WfB) stimmte zu.

La Baume reagierte gelassen auf das Ergebnis. Er hatte schon im Vorwege signalisiert, dass er seine Chancen als nicht besonders hoch einschätze. Die Debatte über den Bargteheider Windpark läuft seit zwei Jahren. Und die politischen Linien sind klar abgesteckt. Außerdem verwies das Land von Anfang an darauf, dass es sich um ein privilegiertes Bauvorhaben handele, die Aufnahme der Windfläche in den Regionalplan also nicht rückgängig zu machen sei. Eine Bürgerbefragung habe keine rechtliche Auswirkung.

Gegen den Regionalplan lägen inzwischen sechs Normenkontrollklagen beim Oberverwaltungsgericht in Schleswig vor, drei davon richteten sich allein gegen die Bargteheider Fläche. „Wir wollen, dass die Zeit bis zur Entscheidung des Gerichtes genutzt wird, um die Bürger zu befragen“, sagte der FDP-Fraktionschef. „Ich glaube, dass sich die Mehrheit dagegen aussprechen würde.“

Die Verwaltung hatte sich auf den FDP-Vorstoß vorbereitet und eine Hamburger Kanzlei eingeschaltet. Bauamtsleiter Jürgen Engfer trug das Ergebnis vor: Eine andere Nutzung der Windfläche sei nach Baugesetzbuch nicht erlaubt. Eine Bürgerbefragung mit dem Ziel, den Windpark zu verhindern, verfehle den Zweck. Und eine Bürgerbefragung, die die Stadt zur Aufgabe des Genehmigungsverfahrens veranlassen wolle, sei unzulässig.

Zuhörer rufen „Aufhören“ dazwischen, Politiker greifen sich verbal an

Darum ginge es doch gar nicht, konterte WfB-Fraktionschef Norbert Muras. „Es geht nur um eine Meinungsumfrage“, sagte er. „Wollen die Bürger den Windpark: Ja oder Nein.“ Der 25. Mai, der Tag der Europawahl, sei sinnvoll. Es entständen keine zusätzlichen Kosten. Außerdem habe das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume den Termin verschoben und entscheide erst am 27. Mai über den Bauantrag für den Windpark .

Thomas Fischer (SPD) sprach angesichts der rechtlich nicht bindenden Wirkung einer Umfrage von „Schein-Demokratie“. CDU-Fraktionschef Claus Christian Claussen sagte: „Wir haben in 25 Veranstaltungen über den Windpark alles besprochen.“ Isabell Steinau, Fraktionschefin der Grünen, sprach direkt zu la Baume. „Sie haben das Thema verschlafen. Wir zeigen Ihnen, wie Bürgerbeteiligung geht“, sagte sie und löst eine heftige Reaktion aus. „Sie sind noch nicht so lange in der Stadtvertretung und reden von Dingen, von denen Sie keine Ahnung haben“, sagte WfB-Chef Muras. „Ich habe Ihnen alles aufgeschrieben. Aber man müsste auch lesen können.“ Im Übrigen, so Muras, stehe fest, dass SPD, CDU und Grüne nicht wissen wollen, wie die Bürger über den Windpark denken.

Die anderen Fraktionen waren empört. Der Ton der Debatte war ohnehin hoch emotional, ebenso wie die Kommentare der Zuhörer. Sie riefen „Aufhören“, als Friedrich Westerworth (CDU) davon sprach, dass nicht die Jugend, um deren Zukunft es gehe, sondern vornehmlich ältere Herren gegen den Windpark seien. Das regte auch Renate Mascher (WfB) auf: „Es gibt sehr engagierte Frauen. Und in gute und schlechte Bürger aufzuteilen, ist unfair.“

Für heftige Reaktionen sorgte schon gleich zu Beginn ein weiterer FDP-Antrag: Die Stadt solle die Übernahme der Netze für Strom und Gas aufgeben. La Baume: „Gewinn zu machen, indem man Grundbedürfnisse der Menschen deckt, ist nicht moralisch.“

Dir Lärmfrage kommt am 9. April noch einmal auf die Tagesordnung

„Solche Sprüche wurden früher beim Kommunistischen Bund Westdeutschland geklopft“, sagte CDU-Fraktionschef Claussen. Die Mehrwertsteuer für Hoteliers sei bei der FDP besser aufgehoben. Claussen ließ diese Äußerung später aus dem Protokoll streichen. Aber auch dieser FDP-Antrag fiel durch. Für die Mehrheit war klar: Die Netze gehören in die Hand der Stadt.

Gar nicht klar war, ob die Windräder zu laut sind, um nachts voll durchlaufen zu können. Der Gutachter stellte seine Ergebnisse vor. Die SPD sah jedoch noch Beratungsbedarf. So wird erst bei der Stadtvertretung am 9. April entschieden, ob Lärmkontingente auf eine ungenutzte städtische Gewerbefläche eingetragen werden, um den Lärmwert rechnerisch senken zu können.