Anlage bleibt bestehen. Betrieb über 2016 hinaus gesichert. Firma bekommt erneut Zuschlag für Abfall aus Stormarn

Stapelfeld. Die Müllverbrennungsanlage (MVA) in Stapelfeld bleibt über das Jahresende 2016 hinaus in Betrieb. Noch bis 31. Dezember 2024, womöglich sogar länger, werden die Öfen unter Feuer stehen. Das gilt jetzt als sicher. Brennstoff unter anderem: Hausmüll aus Stormarn und dem Nachbarkreis Herzogtum Lauenburg, wie schon seit Inbetriebnahme der MVA im Jahr 1979. Wie gestern bekannt geworden ist, hat der MVA-Betreiber Energy from Waste GmbH (EEW) mit Sitz im niedersächsischen Helmstedt die entsprechende Ausschreibung der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) gewonnen.

Die Entscheidung für Stapelfeld kommt unerwartet. „Wir sind auch überrascht“, sagt AWSH-Geschäftsführer Dennis Kissel, „aber EEW hat einfach das wirtschaftlichste Angebot vorgelegt.“ Zehn bis 15 Entsorger hätten auf die europaweite Ausschreibung aus dem November vergangenen Jahres reagiert und Interesse bekundet, etliche von ihnen hätten auch Angebote abgegeben.

Für Stapelfeld als wirtschaftlichsten Anbieter dürfte unter anderem der kurze Transportweg – ein wesentlicher Kostenfaktor – gesprochen haben. Auch die gute CO2-Bilanz der Anlage an der Autobahn 1 dürfte bei der Entscheidung eine Rolle gespielt haben.

Im Ergebnis werden die Entgelte für die Müllabfuhr von 2017 an sinken, und zwar „deutlich“, wie AWSH-Chef Kissel sagt. Er rechne für den Bereich Restmüll mit einem Preisnachlass „im zweistelligen Prozentbereich“. Denn auch wenn sich AWSH und EEW über Details ausschweigen: Dass die Betreiber der Stapelfelder Anlage ab 2017 deutlich weniger an der Müllverbrennung verdienen, ist ein offenes Geheimnis. Im März vergangenen Jahres hatte die AWSH den seit 1996 bestehenden Liefervertrag mit der MVA fristgerecht zum 31. Dezember 2016 geradezu mit dem Ziel gekündigt, „insbesondere Entsorgungsmengen und Preisgestaltung auf den Prüfstand“ zu stellen.

Menge und Preis hängen eng miteinander zusammen. In Deutschland wird immer mehr Wert auf Mülltrennung gelegt, sodass das Restabfallaufkommen rückläufig ist und im Müllverbrennungsgewerbe Überkapazitäten entstehen. Auch die Hamburger Stadtreinigung hat aus diesem Grund in Stapelfeld gekündigt. Für Kunden ist das die ideale Ausgangssituation, um auf günstigere Tarife zu pochen.

Doch EEW verdient in Stapelfeld künftig nicht nur weniger an jeder Tonne Müll, auch die Menge ist nach unten korrigiert worden. Statt der 115.000 Tonnen, die seit 1996 Gegenstand des Vertrags sind, werden ab 2017 noch 70.000 Tonnen aus Stormarn und dem Lauenburgischen angeliefert. Nicht viel für eine Anlage, die in zwei Linien zusammen 350.000 Tonnen pro Jahr verfeuern kann. Aber viel für den noch ausgelasteten Stapelfelder Betrieb, der ohne den AWSH-Zuschlag ab 2017 ohne Aufträge dagestanden hätte und akut von der Schließung bedroht war.

„Wir freuen uns sehr über den Auftrag“, sagt MVA-Geschäftsführer Frank Ehlers, der nun auch wieder eine ganz konkrete Perspektive für seinen Betrieb sieht: „Damit ist der Grundstein für den Weiterbetrieb gelegt.“ Dass es in Stapelfeld überhaupt weitergeht, könnte für andere potenzielle Auftraggeber ebenso von Interesse sein wie der Umstand, dass sich EEW am Markt offensichtlich als wirtschaftlichster Anbieter behaupten kann. Ehlers: „Wir werden uns jetzt an weiteren Ausschreibungen in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen beteiligen.“ Gegebenenfalls werde die MVA auch gewerblichen Abfall akquirieren, um die Kapazitäten auszulasten.

„Wir nehmen die Entwicklung mit Freude zur Kenntnis“, sagt der Stapelfelder Bürgermeister Jürgen Westphal von der Wählergemeinschaft WGS. EEW sei immer noch ein wichtiger Gewerbesteuerzahler. Außerdem hängen große Teile des Ortes am Fernwärmenetz, das von der MVA gespeist wird.

Ein Wenig enttäuscht wirkt hingegen Stormarns Wirtschaftsförderer Norbert Leinius. Der Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) sagt: „Die Fläche hätte sich auch hervorragend für eine Erweiterung des interkommunalen Gewerbegebiets zwischen Stapelfeld und Braak geeignet.“ Er sorgt sich vor allem, was geschieht, sollte EEW keine weiteren kommunalen Aufträge an Land ziehen können. Vor einem Jahr hatte der Vorsitzende der EEW-Geschäftsführung, Carsten Stäblein, im Abendblatt-Interview angedeutet, gegebenenfalls sei auch ein Betrieb mit Importmüll denkbar. Leinius: „ Das wäre nicht der Hit.“