Frührentnerin aus Trittau hat einen Finanzierungsplan für ein Schuljahr in Kanada aufgestellt. Aber die Banken geben ihr keinen Kredit

Trittau. Sie habe als Mutter versucht, ihrem Kind einen Wunsch zu erfüllen, sagt Silke Brandscheid. Die 49-Jährige aus Trittau will ihrer Tochter ein Schuljahr im Ausland ermöglichen. Der Finanzierungsplan für den knapp 18.000 Euro teuren Aufenthalt stehe. Schule und Gastfamilie seien ausgewählt, alle nötigen Unterlagen beantragt oder ausgefüllt. Damit Lara, 16, ab August für zehn Monate nach Kanada gehen kann, muss ihre Mutter jetzt die ersten zwei Raten an die Organisation Stepin bezahlen. Das sind 11.000 Euro. Doch die kann sie nicht vorstrecken.

Die Frührentnerin bezieht ergänzende Sozialhilfe und ist daher nicht kreditwürdig. Brandscheid versichert: „Dabei könnte ich einen Kredit in den Monaten abbezahlen, wenn Lara im Ausland ist.“ Sie habe eine Aufstellung gemacht, wie sie die Raten aufbringen würde. „Ich habe das Geld im Prinzip, bekomme es aber nur monatlich ausgezahlt und kann die Raten nicht vorweg bezahlen.“ Zusammen mit dem Geld müsse sie den Vertrag zurücksenden. Die Fristen dafür habe Stepin für die Brandscheids bereits aufgeschoben. „Und wenn ich den Vertrag unterschreibe, die Raten dann doch nicht zahlen kann, kostet das wieder 500 Euro extra“, sagt Brandscheid.

Ihre Rechnung sieht folgendermaßen aus: „Wenn Lara im Ausland zur Schule geht, habe ich das Auslands-BAföG (556 Euro), den Unterhalt ihres Vaters (280 Euro) und das Kindergeld (184 Euro), um mögliche Kreditraten abzubezahlen.“ Innerhalb der zehn Monate könne sie davon eine Summe von 10.200 Euro erstatten. Sie würde einfach das Geld, welches Lara zustehe, verwenden. „Die Zinsen würde ich von meinem Geld aufbringen“, versichert sie. Die Finanzierung der letzten Rate im Juli stehe ebenfalls. Dafür habe sie ein Sparkonto aufgelöst und eine Freundin um einen kleineren Kredit gebeten.

Die 49-Jährige hat zur Erfüllung des Wunsches ihrer Tochter bei Banken angefragt. „Und ich habe mehrere Organisationen, Einrichtungen und Stiftungen angeschrieben“, sagt sie. Darunter waren die Rosa-Luxemburg-Stiftung, Lions international, das Ministerium für Bildung und das Bundesverwaltungsamt.

Ein Problem bei der Förderung des Auslandsjahres ist die Wahl des Landes und der Schule. „Ein Schuljahr in Ländern wie Polen, Dänemark oder Thailand werde von einigen Organisationen unterstützt. Lara möchte aber unbedingt nach Kanada, und wir haben uns für Stepin entschieden. Bei dieser Organisation hat man mehr Einfluss“, sagt die Mutter. Es gebe günstigere Organisationen, doch sei dort nicht sicher, in welchem Land und auf welcher Schule der Jugendliche lande.

„Seit Lara zur Schule geht, spricht sie von Kanada“, erinnert sich Brandscheid. Lara sei sprachbegabt und wollte in ein Land, in dem Englisch und Französisch gesprochen werden, auch im Unterricht.

Im Kreis Stormarn hat Brandscheid auf der Suche nach einem Kreditgeber mehrere Stellen aufgesucht. Weder beim Kreisjugendring, bei der Servicestelle internationale Jugendarbeit noch bei der Bürgerstiftung Region Ahrensburg gab es eine Lösung.

„Die Idee, die Frau Brandscheid verfolgt, passt nicht zu den angebotenen Förderungen“, sagt Ansgar Büter-Menke, Leiter der Servicestelle internationale Jugendarbeit. Für andere Länder als Kanada gebe es durchaus Unterstützung. „Vielleicht müsste die Familie einfach flexibler sein“, schlägt Büter-Menke vor. Die Servicestelle an sich fördere Aufenthalte nach der Schule wie Freiwilligendienste oder ein Studium. „Unsere Stipendien passen nicht auf ihr Modell“, sagt Büter-Menke. Und einen Kredit könne er nicht vergeben. Er verstehe aber, dass dieses Schuljahr eine große Chance für die Tochter sei und die Mutter darum kämpfe.

Uwe Sommer, Geschäftsführer des Kreisjugendrings Stormarn (KJR) sagt, es sei ein generelles Problem, das die Trittauerin habe. „Aufenthalte in Ländern, die sehr beliebt sind, werden weniger gefördert.“ Innerhalb Europas und Richtung Afrika gebe es mehr Möglichkeiten für eine finanzielle Unterstützung. „Frau Brandscheid hat eine sehr spezielle Vorstellung, für die mir keine Förderung bekannt ist“, sagt Sommer. Dass es Schwierigkeiten bei der Finanzierung gebe, sei aber nicht neu.

Die Bürgerstiftung Region Ahrensburg kann keine Kredite vergeben. „Man müsste eine Bank finden, die ihr einen Kredit gibt“, meint Michael Eckstein, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Region Ahrensburg. Er sieht zudem das Problem, dass die Trittauerin den Kredit so kurzfristig brauche. „Sonst hätte sie sich für ein Stipendium bei uns bewerben können."

Unklar ist zudem, ob Brandscheid das Geld von der Organisation wiederbekäme, wenn Lara den Aufenthalt abbrechen würde. „Das ist immer eine Einzelfallentscheidung“, sagt Isabelle Plasswilm von Stepin. Die Organisation würde aber immer versuchen, der Familie etwas zu erstatten.

Für die Trittauerin ist aber klar: Sie wird weiter kämpfen. Brandscheid: „Das habe ich immer getan, auch wenn es ein Griff nach den Sternen war.“