Vier Jugendliche verurteilt: Sie handelten mit Drogen, sie schlugen, stahlen und bedrohten ihre Opfer mit Messern

Ahrensburg. Immer wieder schlagen sie auf ihr Opfer ein. Als es am Boden liegt, treten die vier Jugendlichen noch einmal zu. Schaulustige haben sich versammelt und filmen mit ihren Handys diese Szenen, die sich im April 2013 in der Nähe einer Bargteheider Schule abgespielt haben. Es sind Bilder, die die Brutalität einer vierköpfigen Bande festhalten und gleichzeitig auch einen Einblick in die Jugendszene geben. Für diese gemeinschaftliche Körperverletzung und zahlreiche andere Taten sind vier junge Männer zwischen 15 und 20 Jahre am Donnerstag vor dem Jugendschöffengericht in Ahrensburg verurteilt worden.

Einer bekam eine Jugendstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Die anderen wurden zu gemeinnützigen Arbeitsstunden verurteilt. Das jüngste Mitglied, 15 Jahre, bekam sogar die Auflage, keinen Kontakt mehr mit den anderen Mitgliedern zu pflegen. „Das schließt auch SMS, Telefonate und soziale Netzwerke ein“, sagte Richter Ulf Thiele in seiner Urteilsbegründung.

Der Richter rekonstruierte die Schlägerei am Rande der Schule so: Die Jugendbande hat einem Schüler Drogen verkauft. Der stellt jedoch später fest, dass es sich nicht um Marihuana, sondern um Tee handelt. Via Facebook kommt es zunächst zur schriftlichen Auseinandersetzung. Ergebnis: In einer Unterrichtspause soll die Angelegenheit in der Nähe der Schule geklärt werden. Weil auch andere Schüler die Unterhaltung und Verabredung im Internet verfolgt haben, versammeln sie sich am Treffpunkt und beobachten, wie ihr Mitschüler 15 Minuten lang zusammengeschlagen wird.

Doch das Opfer erstattet keine Anzeige. Erst die Schulleiterin, der das Video zugespielt wird, geht zur Polizei. „Daraufhin hat einer aus der Bande das Opfer erneut in der Schule aufgesucht und ihm gedroht“, sagt die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Ein 20 Jahre altes Bandenmitglied fordert drei Tage nach der Schlägerei das Opfer auf, die Anzeige zurückzuziehen. „Wenn nicht, würden sie ihm mit einem Totschläger die Beine brechen“, sagt die Staatsanwältin.

Die Drohungen der Bande tauchen in dem Strafverfahren immer wieder auf. Auch nach einer Erpressung am 5.April in Bargteheide am Traberstieg. Ein noch nicht volljähriger junger Mann fragt die Bandenmitglieder, ob sie für ihn Alkohol und Zigaretten in einem Supermarkt kaufen könnten. Die späteren Angeklagten kommen dem Wunsch nach. Dann möchte der Jugendliche auch Drogen kaufen.

Doch anstatt dem jungen Kunden die Droge zu geben, bedrohen die ihn die Bandenmitglieder, nehmen ihm Wodka, Zigaretten und 35 Euro ab. Das Opfer erstattet Anzeige. Ein Zeuge wird kurz darauf in Bargteheide in der Nähe des Bahnhofs von einem Bandenmitglied abgefangen und bedroht. Er solle seine Aussage bei der Polizei zurückzunehmen. Wieder wird mit Schlägen gedroht.

Immer wieder verbreitet die Bande so Angst und Schrecken in Bargteheide, was sich vor Gericht auch in den Aussagen der Zeugen widerspiegelte. Sie hatten Erinnerungslücken, sprachen leise und in kurzen Sätzen. So wie ein 16 Jahre alte Schüler, der am Donnertag vor Gericht aussagen musste:

An einem Augustabend im vergangenen Jahr stiehlt ihm einer aus der Bande das iPhone. Das Opfer stellt den Dieb zur Rede, wird jedoch mit einem Messer bedroht. Die Version vor Gericht: „Wir gehen heute noch auf dieselbe Schule und verstehen uns.“

Wie weit die Einschüchterungen der Bande gingen, zeigte auch die Aussage eines weiteren Zeugen, der der Bande bei einem Diebstahl behilflich sein musste. „Wir waren alle am 19. Mai auf einer Hausparty in Ammersbek“, erinnerte sich der junge Mann. Zwei aus der Bande haben dann zwei Laptops, Schmuck und Geld gestohlen. „Die sagten zu mir, die brauchen meinen Rucksack“, sagte der 14-Jährige mit leiser Stimme.„Sie haben Ihre Aussage bei der Polizei zurückgenommen, warum?“, möchte Richter Ulf Thiele von dem Zeugen wissen. „Daran kann ich mich nicht mehr erinnern“, sagte der Junge. Deswegen las der Richter aus der Akte vor: „Bei der Polizei sind Sie ein zweites mal erschienen und sagten, dass Sie Angst vor den Tätern haben.“ Der Zeuge: „Das wird dann wohl so sein.“

Ob dieses Urteil die Bande von weiteren Straftaten abhalten wird, ist unklar. Bis auf den 15-Jährigen sind die Bandenmitglieder schon öfters in Erscheinung getreten, einer schon mehrfach zu Jugendarrest verurteilt worden. Doch das brachte nichts: Nach einer Verurteilung im vergangenen Jahr wurde er nur sieben Tage später wieder straffällig. Und: Derzeit laufen bei der Polizei weitere Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzungen in diesem Jahr.