Am Ufer der Lottbek liegt eine Mülltüte. Ein unappetitliches Konglomerat aus Yoghurtbechern, Zitronenschalen, Papiertaschentüchern, Rumflaschen und Chipstüten.

Hausmüll eben. Einmal abgesehen von der Erkenntnis, dass hier offenbar jemand nicht viel von Mülltrennung hält, bleibt die Frage: wie kommt die Tüte an diesen Bach? Hat sie vielleicht einer morgens, in Gedanken schon ganz bei der Arbeit, Richtung U-Bahn geschleppt und plötzlich gedacht: „Ach, du Sch...! Und jetzt, wohin damit?“ Oder war es Sturmtief Christian, das in letzter Zeit ja für alles herhalten muss, was irgendwie unordentlich und unaufgeräumt aussieht.

Für die Bananenschalen, die an der Ampel an der Hamburger Straße liegen und ein interessantes Anschauungsmaterial für die Halbwertszeit von Südfrüchten liefern, zeichnet Christian jedenfalls nicht verantwortlich. Welcher Idiot vertilgt ausgerechnet hier jeden Morgen eine Banane und wirft die Reste aus dem Auto? Und wer hat ein derartiges Alkoholproblem, dass er seine Kümmerling- oder Kleiner-Feigling-Fläschchen immer zehn Meter vor dem Abfalleimer ins Gebüsch werfen muss?

Über all das macht man sich Gedanken, wenn man sich aufmacht, einmal am gemeinschaftlichen Großreinemachen teilzunehmen, zu dem jetzt in Stormarner Städten und Gemeinden aufgerufen wird. Sonnabend traf sich ein Grüppchen vor dem Gutshof in Ammersbek. Ausgestattet mit Gartenhandschuhen und einem gesunden Sinn für Ordnung. Viele waren es nicht, die dem Aufruf gefolgt waren. Aber Feuerwehr, Kirchengemeinde und Nabu halfen mit. So standen nach nur zwei Stunden viele gut gefüllte blaue Mülltüten an den Straßen zum Abholen bereit. Und während ich mich noch am Wanderweg durchs Unterholz schlug, musste ich an meine Oma denken, die immer sonnabends in ihrer Kittelschürze mit Besen und Kehrschaufel losmarschierte und für Sauberkeit auf dem Bürgersteig sorgte. Weil: „Ordnung muss sein!“

Wann hat es eigentlich angefangen, dass wir diese Einstellung spießig fanden? Wer kehrt heute noch vor seiner Haustür? Sammelt Dreck auf, den andere achtlos fallen lassen? Wer fühlt sich heute noch verantwortlich, wenn Plastiktüten über die Straßen wehen und sich in Büschen verheddern, in denen sie die nächsten Jahre hängen bleiben? Seit wann ist es cool, einen leeren Coffee-to-go-Becher auf einem Briefkasten abzustellen, bis ihn der Wind in die Büsche fegt? Am Sonnabend waren einige Spießer unterwegs, die das gar nicht cool finden. Und ehrlich gesagt: Es war ein gutes Gefühl dazuzugehören.