Aufgebrachte Anwohner nutzen Infoveranstaltung als Forum ihres Protests

Glinde. „Glinde zeigt den Weg“, heißt es auf der Website der Stadt zum Bauprojekt Gleisdreieck. Dazu gehörte nach den Vorplanungen für das 2,1 Hektar große Areal auch eine Bürgerinformationsveranstaltung im Marcellin-Verbe-Haus. Der offensichtliche Wunsch von Verwaltung und Politik, die sich im Großen und Ganzen über die Bebauung des Geländes im Zentrum der Stadt einig sind, war es, die Anwohner frühzeitig in den Planungsprozess einzubeziehen und sie auf dem weiteren Weg mitzunehmen.

Dass das so nicht funktionieren würde, war schon zu Beginn der Veranstaltung klar. In den zwei Wochen davor hatte sich eine rasch wachsende Bürgerinitiative gegen das Projekt organisiert. Bürgermeister Rainhard Zug dürfte bereits bei seiner einleitenden Moderation gespürt haben, dass ihm ein langer, heißer Abend im überfüllten Bürgersaal bevorstand. Wie hoch der Empörungspegel und die Skepsis bei einigen Bürgern waren, bekamen dann die Experten zu spüren, die ihre Voruntersuchungen zur Bebauung vorstellten. Ihre Präsentationen wurden immer wieder von Kommentaren und Fragen unterbrochen, was schließlich den Bürgermeister zum Hauptansprechpartner des Unmuts machte.

Fördergeld muss noch in diesem Jahr beantragt werden

Rainhard Zug wiederholte fast gebetsmühlenartig, dass am Gleisdreieck noch nichts endgültig sei, sondern die Verwaltung weit vor dem geordneten Planungsverfahren die Anwohner informieren wolle und offen für Vorschläge sei. Auf der Brache, die sich zu einem wild gewachsenen kleinen Biotop entwickelt hat, könnten etwa 160 Wohnungen entstehen, die Hälfte davon als öffentlich geförderter Wohnraum, den Glinde dringend benötigt. Die Zeit drängt, weil das Projekt vom Wohnraumförderprogramm des Landes profitieren soll und das Geld noch dieses Jahr beantragt werden müsste.

„Wir wollen das Projekt nicht“, sagte ein aufgebrachter Bürger und brachte damit auf den Punkt, was andere verklausulierter formulierten. Zahlreiche Anwohner fürchten den Verlust einer Grünfläche, deutlich zunehmenden Verkehr, Parkplatznot, Wertverlust ihrer Grundstücke. Andere fühlen sich von den Vorplanungen vor vollendete Tatsachen gestellt. „Gerade deshalb sind wir ja frühzeitig bei Ihnen, um Ihre Anregungen in eine handwerklich gute Planung aufzunehmen“, sagte Rainhard Zug, der allerdings keinen Zweifel daran ließ, dass die Stadt das Gleisdreieck bebauen will: „Die Stadt muss Prioritäten setzen.“ Er hofft auf einen Aufstellungsbeschluss im Bauausschuss am 8. Mai, um in ein geordnetes Bauverfahren einzutreten. Es scheint, als werde er viele Anwohner nicht davon überzeugen können, ihm auf diesem Weg zu folgen.