45 Jahre alter Afghane steht im Verdacht, den Hotelportier in Havighorst mit vier Schüssen hingerichtet zu haben

Oststeinbek. Ging es um Geld, um „Ehre“ oder war es Rache? Diese Fragen versuchen nun die Ermittler der Lübecker Mordkommission zu beantworten. Denn für sie steht fest: Eine Familienfehde ist dem Mord auf einem Feldweg im Oststeinbeker Ortsteil Havighorst vorausgegangen. Ein 45 Jahre alter Afghane steht unter dringendem Tatverdacht, den 29 Jahre alten Massoud A., ebenfalls gebürtiger Afghane, vor knapp zwei Wochen mit vier Schüssen in Kopf und Brust getötet zu haben.

Das Mobile Einsatzkommando (MEK) nahm den mutmaßlichen Mörder am Sonnabend gegen 10 Uhr vor dem Haus seiner Mutter in Hamburg-Jenfeld fest. „Ermittlungen und Befragungen der Familienangehörigen haben zu dem Verdächtigen geführt“, sagt der Lübecker Oberstaatsanwalt Günter Möller. Den entscheidenden Hinweis gab aber ein Bekannter des Verdächtigen am Freitag. Die Anwältin des ebenfalls aus Afghanistan stammenden Mannes hatte sich bei der Lübecker Mordkommission gemeldet und das Alibi des Tatverdächtigen widerlegt.

Somit rückte der Mann, der mit der Schwester der Witwe verheiratet war, ins Visier der Ermittler. Weitere Befragungen innerhalb der Familie erhärteten den Verdacht. Worum es genau bei dem Familienstreit gegangen sei, könne die Staatsanwaltschaft derzeit noch nichts sagen. Zwar habe der Mann nach seiner Verhaftung gegenüber der Polizei dazu Angaben gemacht, die Tat jedoch bestritten. Trotzdem reichten die Beweise der Fahnder für einen Haftbefehl wegen Mordes. Diesen erließ eine Lübecker Richterin am Sonntag. „Als Mordmerkmal gilt in diesem Fall die Heimtücke“, so der Oberstaatsanwalt, der betont, dass es derzeit noch keine objektiven Beweise gibt.

Diese hatten Polizisten am Freitag gesucht, als eine Hundertschaft aus Eutin die Feldmark und die Umgebung rund um den Tatort durchkämmte. Laut Staatsanwaltschaft stand dieser Polizeieinsatz nicht im Zusammenhang mit dem entscheidenden Zeugenhinweis. „Dieser kam während der Suchaktion“, so Möller. Er bestätigte aber, dass die Beamten das weiße Handy des Opfers gefunden haben. Ob darauf entscheidende Hinweise zu finden sind, konnte Möller noch nicht sagen. „Die Daten auf dem Handy müssen jetzt ausgewertet werden. Als wir es gefunden hatten, war es durchnässt.“

Die Tatwaffe haben die Fahnder indes nicht gefunden. Auch nicht bei der Durchsuchung der Jenfelder Wohnung, in der der Verdächtige mit seiner Mutter lebte. Er ist laut Polizei vor mehr als zehn Jahren nach Deutschland gekommen und hatte die Schwester von Massoud A.s Ehefrau geheiratet. Warum sich das Paar vor einiger Zeit scheiden ließ, ist unklar. „Fest steht aber, dass Opfer und mutmaßlicher Täter dennoch weiter Kontakt hatten“, so Möller.

So wie am Dienstag, den 4. März. Massoud A. hatte an diesem Tag Spätschicht als Portier in dem Wandsbeker Hotel Marienthal. Er machte um Mitternacht Feierabend und traf sich mit seinem Mörder. Dieser lockte den zweifachen Vater nach Havighorst. Die Rechtsmediziner gehen davon aus, dass die tödlichen Schüsse zwischen Mitternacht und 1 Uhr fielen. Rund sechs Stunden später fand eine Spaziergängerin den leblosen Körper.

Wenige Stunden nach dem Leichenfund entdeckte die Polizei auch den dunkelgrauen BMW des Mordopfers. Dieser wurde nur wenige Hundert Meter vom Tatort entfernt auf einem Sandparkplatz am Reinbeker Redder in Hamburg-Lohbrügge abgestellt. Von außen war das Auto unbeschädigt, doch im Innenraum waren deutliche Brandspuren zu erkennen. Der Mörder wollte offenbar seine Spuren verwischen. „Hinweise auf den Täter hat die Spurensicherung bei dem Auto bisher nicht finden können“, sagt Günter Möller.

Deswegen arbeitet die Mordkommission in Lübeck jetzt mit Hochdruck weiter, um Beweise zu finden. Zum einen hoffen die Ermittler, Spuren in dem Auto des Verdächtigen zu finden, das von der Polizei sichergestellt wurde. Und: „Die Mordkommission bittet erneut die Bevölkerung um Mithilfe“, sagt Polizeisprecher Stefan Muhtz. „Es wird das Schlüsselbund des Opfers gesucht. An dem Bund befindet sich neben mehreren privaten Schlüsseln auch der Zündschlüssel für den BMW.“ Hinweise nimmt die Lübecker Mordkommission unter der Telefonnummer 0451/131-0 entgegen.

Die Mitarbeiter in dem Hamburger Hotel sind über den Tod ihres Kollegen schockiert. Ein ehemaliger Kollege von Massoud A. beschreibt ihn als hilfsbereiten und herzensguten Menschen: „Er war immer zu allen sehr nett, ein fröhlicher Mensch. Wir sind hier alle sehr traurig – vor allem deshalb, weil seine zwei Kinder jetzt ohne Vater aufwachsen müssen.“

Der Getötete hinterlässt eine 30 Jahre alte Ehefrau und zwei Kinder im Alter von sechs und zehn Jahren. Er wurde vergangene Woche auf einem Hamburger Friedhof beigesetzt.