Architekt Reinhard Kock baut eine psychiatrische Einrichtung für das Heinrich-Sengelmann-Krankenhaus

Bargteheide. Die Zahl der psychisch Erkrankten steigt. Aber das Angebot hinkt hinterher. Betroffene werden auf eine unerträgliche Geduldsprobe gestellt. Es vergehen Monate, oft sogar ein Jahr, bis sie sie endlich einen Therapieplatz bekommen. Nachholbedarf besteht vor allem auf dem Lande. „Je ländlicher, desto schlechter wird die Versorgung.“ So die Einschätzung von Prof. Dr. Matthias Lemke, dem ärztlichen Direktor des Heinrich-Sengelmann-Krankenhauses (HSK) in Bargfeld-Stegen, das der Beurteilung der Lage jetzt Taten folgen lässt: Das HSK eröffnet eine psychiatrische Tagesklinik in Bargteheide. Lemke: „So können wir die Schwelle für die Betroffenen niedriger machen.“ Gestern war Grundsteinlegung für den Neubau, der an der Ecke Mittelweg/Am Steinkreuz mitten im Stadtzentrum entsteht.

Damit eröffnet das HSK – Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik – nun die dritte psychiatrische Tagesklinik im Kreis. In Ahrensburg und in Reinbek gibt es bereits ähnliche Einrichtungen als Außenstellen des HSK. Sowohl in Ahrensburg als auch in Reinbek stehen je 18 Therapieplätze zur Verfügung. Mit dem Neubau in Bargteheide erhöht sich das Angebot für die Betroffenen nun deutlich.

Vorgesehen ist ein kombiniertes Gewerbe- und Wohnhaus, das drei Stockwerke umfasst. Die zweite und dritte Etage ist sieben Wohneinheiten vorbehalten, die über den privaten Markt vermittelt werden und zur Hälfte bereits verkauft sind. Die psychiatrische Tagesklinik zieht – direkt zugänglich – ins Erdgeschoss und ins erste Stockwerk. „Hier werden auf einer Fläche von 540 Quadratmetern 15 teilstationäre Therapieplätze entstehen“, sagt HSK-Pressesprecherin Regina Matheis. Die Baukosten allein für die Tagesklinik belaufen sich auf 1,5 Millionen Euro. Matheis: „Zwei Drittel werden durch das Land Schleswig-Holstein gefördert.“

Auch die Tohus GmbH, die in Bargteheide sozialtherapeutische Wohngemeinschaften betreibt, zieht in das Gebäude ein und wird im ersten Stock 164 Quadratmeter für ihre Verwaltung nutzen. „Das bietet sich von der Zusammenarbeit mit dem Heinrich-Sengelmann-Krankenhaus an“, sagt der Bargteheider Unternehmer Reinhard Kock, der Architekt und Projektleiter des Vorhabens ist und als Bauherr auch das finanzielle Risiko übernommen hat. 3,5Millionen Euro kostet der Neubau insgesamt, inklusive der Kosten für die Tagesklinik. Die gesamte Nutzfläche beträgt 1232 Quadratmetern. Auch Tiefgaragen und Kellerräume von 580 Quadratmetern sind geplant.

Das Heinrich-Sengelmann-Krankenhaus tritt nicht als Mieter auf, sondern kauft die Räume vom Bargteheider Bauherren. „Es ist das erste Mal, dass das HSK mit einem externen, privaten Bauherren zusammenarbeitet“, sagt Kock. „Ich habe das Krankenhaus natürlich in die Planung integriert, damit alles den Zwecken gemäß eingerichtet werden kann.“ Der Entwurf für den Neubau sei konventionell gestaltet und lichtdurchflutet. „Und so organisiert, dass Tagesklinik und Wohnungen komplett voneinander getrennt sind“, sagt Kock. Das sei für beide Seiten wichtig.

Wahrscheinlich ist in einem Jahr alles fertig. „Wir sind ein bisschen schneller als gedacht. Im März 2015 wollen wir eröffnen“, sagt Reinhard Kock. Sein Bruder, der Bäcker Hartmut Kock, hatte auf dem Gelände am Mittelweg bis vor fünf Jahren seinen Firmensitz und eine Filiale.. Seit dem Umzug an die Theodor-Storm-Straße stand das Gebäude leer. Reinhard Kock: „Es stammte aus dem Jahr 1933 und war nicht mehr zu halten.“ Der Bargteheider kaufte das Nachbargrundstück mit einem ebenfalls alten Wohnhaus dazu und ließ die Gebäude vor einem Jahr abreißen, um so eine genügend große Baufläche zu haben und das Projekt absichern zu können.

Bürgermeister Henning Görtz freut sich über den Vorstoß des HSK. „Der Bedarf ist da, auch hier in der Stadt“, sagte der Verwaltungschef. Es gebe ohnehin einen Fachärztemangel, und vor Kurzem sei auch noch eine psychiatrische Praxis aus Bargteheide weggegangen. Görtz: „Ich bin froh, dass wir an dieser Stelle jetzt gut aufgestellt sind.“