Das Abendblatt stellt die Kandidaten für Jugendprojektpreis vor. Heute: „Fair ist cool“

Bargteheide. Auf dem Schulhof lauern zwei Jungen einem Klassenkameraden auf. Sie schlagen ihn, erpressen sein Kleingeld. Im Klassenzimmer sagt einer der Rüpel zu einem Mädchen, sie sei eine dicke Kuh. „Für den einen beginnt Gewalt erst bei Schlägen, für den anderen reichen Beleidigungen“, sagt Nina Müller-Thomsen. Die Diplom-Pädagogin leitet das Bargeteheider Netzwerk „Fair ist cool“. Die Initiative gegen Gewalt will – so steht es in ihrer Selbstbeschreibung – mit ihrer Arbeit eine Atmosphäre der gegenseitigen Wertschätzung und Toleranz an den Bargteheider Schulen schaffen. Nun ist „Fair ist cool“ für den Jugendprojektpreis der Bürgerstiftung Region Ahrensburg nominiert.

2007 wurde „Fair ist cool“ von den Bargteheider Schulen, der Stadtverwaltung und dem Rotary Club gegründet. Mittlerweile gehören der Initiative auch die Polizei und zahlreiche private Unterstützer an. Finanzielle Hilfe gibt es unter anderem vom Kreis Stormarn und der Sparkassenstiftung.

Gemeinsam erarbeiten die Mitglieder des Netzwerks Konzepte gegen Gewalt. Dazu gehören sogenannte Vorhabenwochen in den Bargteheider Schulen. Müller-Thomsen: „Die Schüler lernen bei den Projekten etwa, wie Gewalt entsteht, welche Ursachen sie haben kann und wie sie Strategien gegen die Aggressionen entwickeln können.“

Zudem werden unterschiedlichste Kurse für die Kinder und Jugendlichen angeboten. „Ein Beispiel ist ein Selbstverteidigungskursus für Mädchen“, sagt Joachim Krämer vom Rotary Club. Im Sommer wird seit drei Jahren ein Spiel- und Sporttag für die Schüler organisiert. Rund 100 Lehrer wurden seit Gründung von den Experten des Hamburger Institutes für konstruktive Konfliktlösung und Mediation ausgebildet. Das Netzwerk hat zusammengerechnet, dass es in den vergangenen Jahren mit seinen Aktionen, Kursen und Projekten rund 1600 Kinder und Jugendliche erreicht hat.

Grundlage der Kurse, Projekte und Veranstaltungen war der Wille der Kinder und Jugendlichen. Krämer: „2007 gab es eine umfangreiche Online-Umfrage unter 564 Schülern.“ Dabei ging es darum, wie die Kinder und Jugendlichen über Gewalt denken, wie sie sich äußert, wie sie verhindert werden kann.

Das Ergebnis der Auswertung war ein Konzept, dass drei Säulen hat: Zum einem die Verhaltensänderung bei den Schülern. Dabei geht es um Themen wie Zivilcourage, die Ursachen von Gewalt und wie eine Gruppendynamik, etwa bei Mobbing, entstehen kann. Als Zweites wurde die Notwendigkeit gesehen, dass durch gemeinsame Unternehmungen das Gemeinschaftsgefühl in den Klassen und Schulen gestärkt werden muss, um Gewalt zu minimieren. Zuletzt beschlossen die Initiatoren von „Fair ist cool“ , dass möglichst viele Mitglieder in das Netzwerk geholt werden sollen. Müller-Thomsen: „Je mehr an einem Strang ziehen, auf umso breitere Beine stellen wir das Netzwerk und somit auch seinen Erfolg.“

Der Erfolg der Arbeit von „Fair ist cool“, das finden Nina Müller-Thomsen und Joachim Krämer, sei allerdings nicht exakt messbar. „Das ist bei präventiver Arbeit immer schwer zu sagen“, sagt Müller-Thomsen. Auch ginge es bei den Bargteheider Schülern nicht um kriminelle Gewalt, deren Zahlen sich etwa in Statistiken der Polizei wiederfinden. „Solche sozialen Brennpunkte gibt es in der Stadt nicht“, sagt Krämer. Aber die beiden Netzwerk-Mitglieder sind sich sicher: Der Aufwand der vergangenen Jahre hat etwas bewegt.

Weitere Erfolge versprechen sich die beiden Mitstreiter von ihrem neuen Projekt. An den Schulen sollen in jeder Klasse sogenannte Konfliktlotsen ausgebildet werden. Müller-Thomsen erklärt die Idee: „Das sind Schüler, die bei kleineren Streitigkeiten eingreifen und schlichten können.“ Die Schüler sollen auch mit den Konfliktlotsen von den anderen Schulen zusammenarbeiten. „Es geht auch darum, dass sie sich austauschen und vernetzen.“

Sollte „Fair ist cool“ den Jugendprojektpreis gewinnen, weiß Nina Müller-Thomsen genau, was sie mit dem Preisgeld machen würde: für die Ausbildung der Konfliktlotsen einsetzen.