Ein Blick auf die Fensterbank von Heide Linde-Lembke

Was für Temperaturen, welch eine prickelnde Luft! So früh hat sich der Frühling schon lange nicht gezeigt. Die Vögel zwitschern wieder, üben mit dem Modder aus der Dachrinne den Nestbau – und klatschen meine Terrasse voll. Im Blumenkasten räkeln sich Primeln und Stiefmütterchen in der Sonne. Hoffentlich bekommen sie von Väterchen Frost nicht doch noch eins auf die Blütenmütze.

Hartnäckig ist allerdings ein Gewächs, das zum Winter gehört und auf der Fensterbank in der warmen Stube steht. Ich mag das Ding trotzdem nicht an die frische Luft setzen. Blüht ja noch. Das heißt: Das sind gar keine Blüten, das sind nur rot eingefärbte Blätter. Die aber halten sich. Und veranstalten in jedem Frühjahr das gleiche Theater. Kann dieses Gewächs nun nicht den Weg gehen, der ihm vorbestimmt ist? Und endlich das Wachsen und Gedeihen einstellen?

Dann könnte ich es auch ruhigen Gewissens in den Garten tragen. Muss ja nicht gleich die Biotonne sein. Vielleicht rappelt es sich ja bis zum nächsten Advent durch den Sommer. Aber bitte draußen. Schließlich ist die Euphorbia pulcherrima mit ihren zackigen grünen und roten und auch bunt gesprenkelten Blättern ursprünglich in Südamerika zu Hause und die Lieblingsblume der Azteken. Bin ich Aztekin? Nein!

Und ich möchte jetzt Frühlingsblumen auf die Fensterbank stellen, hiesige Frühlingsblumen. Primeln, Hyazinthen und Co. Also: Ab in den Garten, du Weihnachtsstern!