Ahrensburger Kabarettist Horst Schroth feiert mit seinem Programm „Null Fehler“ Premiere im St. Pauli Theater

Ahrensburg/Hamburg. An der Theaterbar vorbei. Durch den Torbogen. Auf den Hinterhof. Da ist er, der Eingang zum Allerheiligsten. Ein Bühnenarbeiter öffnet die Eisentür. Theaterluft schlägt einem entgegen. Muffig. Staubig. Aber auch geheimnisvoll. Man spürt die Jahre, die das St. Pauli Theater auf dem Buckel hat, und auch die Stars, die auf dem Hamburger Kiez Erfolge feierten. „Herr Schroth? Ja. Kommen Sie.“ Der Bühnenarbeiter geht nur ein paar Schritte. Die Räume sind klein, die Gänge kurz. Über der Garderobe steht eine „1“. Darüber prangt ein Sternchen – offenbar die Premium-Zone.

Horst Schroth ist noch in „Zivil“. Auf dem Schminktischchen ein Koffer, daneben Papiere. Unterlagen von Lehrer Laux, den der Ahrensburger an diesem Abend geben wird. Nach 20 Jahren bringt er die Kultfigur wieder auf die Bühne: immer noch streitbar, wie das Premierenpublikum gleich erfährt.

„Hier haben schon Henry Vahl und Freddy Quinn gesessen“, sagt Schroth und zeigt mit Stolz auf das kleine Reich. Im Spiegelrahmen steckt eine Liebeserklärung. „Hamburg meine Perle“ steht auf einer Postkarte. Für den eigentlichen Zweck braucht der Ahrensburger den Spiegel nicht. „Schminken tun sich meistens nur die Damen.“

Es ist 19 Uhr. In einer Stunde beginnt die Vorstellung. Seine Frau schaut rein. Die Leiterin des Künstlerischen Betriebsbüros kommt vorbei. Alle wünschen nur schnell toi, toi, toi! Bloß nicht Danke sagen. Das bringt Unglück.

Vor einer Woche gefragt, ob er schon ein bisschen nervös sei, hatte Schroth zurückgefragt: „Ein bisschen?“ Jetzt wirkt er hoch konzentriert, aber gelassen. Sogar ein Rundgang durch das ehrwürdige Haus ist noch drin.

Ein Abend über Lehrerhasser und nervige Helikopter-Eltern

Im Aufenthaltsraum stehen Blümchen auf einem langen Tisch, drumherum Stühle und ausrangierte rote Theatersessel. Auf einem Schild über dem Durchgang ist zu lesen: „Sabbel man nich so veel, speel man good!“ Horst Schroth wird beides müssen. Er ist berühmt für seine Wortkaskaden. Und in der One-Man-Show muss er seine imaginären Gesprächspartner gleich alle selbst darstellen: Lehrerhasser, die nervige Direktorin und die noch nervigeren „Helikopter-Eltern“, die ihre Kinder von oben sekündlich bewachten.

Auf dem Weg zur Bühne trifft er den diensthabenden Feuerwehrmann. „Wir kennen uns“ ruft Schroth ihm zu. Plötzlich ein ohrenbetäubendes Hupen. „Der eiserne Vorhang geht zu“, sagt der Kabarettist. Für ihn ist der Warnton das Rückzugszeichen. „Bis später“, sagt er und schließt die Garerobe mit der Nummer „1“ . Jetzt will er allein sein.

Lauter vertraute Gesichter: Fans und Freunde feiern den Künstler

In der Theaterbar geht es derweil hoch her. Ein Ehepaar hatte eine Einladung, wollte aber lieber zu Schroth. Nun gönnen sie sich vorab einen Piccolo. Sie sind Fans, so wie viele Besucher. Auch Freunde und Kollegen sind gekommen und Menschen aus der „Heimat“: Der Ahrensburger Landtagsabgeordnete Tobias Koch setzt sich mit seiner Frau in die erste Reihe. Lauter vertraute Gesicht. Wie bei einer Party.

In den hinteren Reihen wird gedrängelt. „Wenn der Horst wüsste, was hier los ist“, sagt ein Herr mit sonorer Stimme – bis ein anderer noch lauter tönt: „Horst erscheint.“ Rote Hose, Karo-Hemd. Mütze mit aufgedruckter Tatze – und Handy am Ohr. Lehrer Laux muss Direktorin von Strahl im „Gummibärchen-Gate“ besänftigen. Süßigkeiten mit Gelatine aus Schweinefleisch. Trotz muslimischer Schüler. Unfassbar!

Nun zieht Schroth vom Leder. Natürlich seien Lehrer nicht schlecht angezogen. Sie seien auch nicht an allem schuld, faul oder beziehungsunfähig. Schließlich sei er schon 30 Jahre mit Marianne verheiratet. Die Ehefrau in „echt“, Elke Rottgardt, sitzt in der vierten Reihe und amüsiert sich königlich. „Super“, sagt sie, als ihr Mann die Pause einläutet. Natürlich nicht, ohne vorher „Pausenaufsichten“ eingeteilt zu haben. Frau Adam aus Tornesch und Frau Sarnes aus Lüneburg spielen mit.

Das Publikum hat noch mehr zu tun. Herr Nielsen aus der zweiten Reihe ist als Stichwortgeber auserwählt – haarscharf an Tobias Koch vorbei. Und in der Pause sollen alle aufschreiben, wie ein Lehre sein soll. „Mitarbeit Eins bis Zwei“ konstatiert Schroth, als er später die Box mit den Zetteln auskippt. Er liest vor. Improvisiert mit den Antworten und legt noch mal richtig los.

Mitarbeit sei wichtig. Das probate Mittel für Lehrer Laux: das Rollenspiel. Fulminant wechselt Schroth jetzt selbst die Rollen, ist mal Teenie-Schülerin, mal Hamburger Innensenator, mal Vertreter der Roten Flora. Eine Glanzleistung. Dass die Souffleuse aushelfen muss, ist egal. „Das ist übrigens Viktoria“, sagt Schroth, und weiter geht’s.

Nach mehr als zwei Stunden Solo-Programm erscheint Schroth gegen elf bei der Premierenfeier. Es wird geherzt und beglückwünscht. Die Bedienung bringt Häppchen. Auch ein ungeladener Gast taucht auf. Peter von „Hinz und Kunzt“. Er ist Gebietsverkäufer. „Deswegen darf ich in jede Vorstellung. Schroth soll gut sein. Den schaue ich mir an“, sagt der 65-Jährige. Seine Frau habe ihn verlassen, er sei abgerutscht. Das könne jedem passieren. Aber das ist eine andere Kiez-Geschichte.

„Null Fehler – Lehrer Laux“, noch vom 18. bis 23.Februar. Eintritt: 16.80 bis 35.40 Euro. Reservierungen online (www.st-pauli-theater.de) und unter Telefon 040/47110666.