Abendblatt-Mitarbeiterin Verena Wolff testet beim Elmenhorster Karneval-Verein den Kostümverleih

Elmenhorst . Es geht eine wackelige Treppe hinauf und durch eine schmale Luke. Kaum auf den Lichtschalter gedrückt, fängt die Glühbirne an zu flimmern, bis sie dann ein helles Licht auf den Fundus wirft. Ein Paradies aus bunten Stoffen und Materialien. Mein Blick fällt zuerst auf ein glitzerndes, lila Kleid. Ich lasse den Stoff durch meine Finger gleiten. Von dem Glanz der Pailletten verzaubert weiß ich, dass ich genau dieses Kleid anziehen möchte. Mit gleichfarbigen Samtstulpen, einem dunkelgrünen Blätterkragen und dem ebenso grünen Filzhut mit Stängel bin ich zu einer ansehnlichen Pflaume geworden.

Petra Dannehl gewährt mir einen Einblick in ihr kleines Reich. Seit mehr als vier Jahren kümmert sie sich liebevoll um die Lagerung, Herrichtung und Verleih der Kostüme des Elmenhorster Karnevalvereins, der für seine jährliche Elmenhorster Karneval-Nacht (ElKaNa) bekannt ist. Und das alles ehrenamtlich. Ungefähr 600 Kostüme und passende Accessoires hängen in dem Fundus. Ob die Perücke für die Meerjungfrau oder der Helm für den Tropenforscher, es gibt nichts, was es nicht gibt. Egal ob jung oder alt, klein oder groß, männlich oder weiblich, Kunden können das ganze Jahr über die unterschiedlichsten Verkleidungen ausleihen. Wer als größere Gruppe sucht, dem stehen die Kostüme der Garden aus vergangenen Jahren zur Verfügung.

Meine Angst, die Verkleidungen wären in irgendeiner Weise abgetragen, ist absolut unbegründet. Die Kostüme sind zwar nicht alle neu, sie sind aber sauber und heil. Natürlich ist es ein anderes Gefühl, fremde Kleidung am Leib zu tragen, die kalt ist und nicht den eigenen gewohnten Geruch hat, was aber nicht heißen soll, dass die Kostüme muffig riechen. Ich muss zugeben, im ersten Moment hatte ich eine gewisse Scheu, mich zu verkleiden. Es wirkt ein wenig albern, und durch eine Verkleidung fehlt ein Stück meiner selbst. Auch wenn es schwierig ist, man selbst zu sein, ist es ungleich schwieriger, jemand zu werden, der man nicht ist. Ich fühlte mich im wahrsten Sinne des Wortes verkleidet.

Doch nach nur wenigen Augenblicken passiert eine verblüffende Veränderung. Jedes Kostüm verändert mein Auftreten. Nach meinen Momenten als knackiges Obst werde ich mit Federschmuck im Haar und einem Kleid aus gelbem Flaum zum Papagei. Als Vogel fühle ich mich selbstbewusster, sogar ein wenig majestätisch. Der Haarreifen ist wesentlich angenehmer zu tragen als die grüne Perücke der Meerjungfrau.

Perücken beinhalten so manches Risiko. Die erste Herausforderung ist es, meine langen Haare so darunter zu verstecken, dass keine Strähnen herausgucken, das Haarknäuel die Perücke nicht ausbeult oder unangenehm drückt. Nicht daran zu denken, dass es unter so einer Perücke jucken könnte, ist die zweite schwierige Aufgabe. Ich muss zugeben, es wird schnell warm unter so einer Kopfbedeckung. Aber für den perfekten Auftritt auf der Tanzfläche muss man das aushalten können.

Jedes Jahr kommen neue Verkleidungen hinzu, die aus den Einnahmen der jüngsten Karnevalsnacht finanziert werden. Passend zu dem Motto, das sich der Elmenhorster Karnevalverein immer wieder aufs Neue überlegt. In diesem Jahr sind es die „Helden der Kindheit“, die ausgelassen feiern werden. Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf ist sicherlich immer noch Trend. Welches Kind hat nicht davon geträumt, in einem kunterbunten Haus mit einem Äffchen und einem Pferd zu wohnen. Also, rein in die geringelte Strumpfhose, die Perücke aufgesetzt, und schon sehe ich nicht nur aus wie Pippi, sondern fühle mich auch so.

Die Leihgebühren für ein Kostüm oder in diesem Fall für eine Reise zurück in die Kindheit sind vergleichsweise gering. Die Kosten pro Verkleidung (inklusive Accessoires) betragen zehn Euro, hinzu kommen 20 Euro Kaution. Und auch wenn man sich am Anfang ein kleines bisschen überwinden muss, macht das Verkleiden am Ende doch eine Menge Spaß.