Bürgerinitiative Glinde gegen rechts lädt ein, viele Bürger kommen vorbei. Auch 2014 plant das Bündnis diverse Aktionen gegen Rassismus

Glinde. „Wir bleiben hier so lange stehen, bis der Laden endlich weg ist. Auch wenn das erst 2024 so weit sein sollte“, sagt Anna Grosse, die beim Neujahrsempfang der Bürgerinitiative Glinde gegen rechts vor dem Thor-Steinar-Laden an einem Stand Glühwein, Sekt und andere Getränke ausschenkt. Seit fast zweieinhalb Jahre engagiert sich die 41 Jahre alte Glinderin in dem Bündnis.

„Seitdem ist in Glinde viel passiert, und es ist schön zu sehen, dass wir so unterstützt werden und so viele Befürworter haben“, sagt Grosse. Eine Befürworterin ist Marietta Exner, die sich bei Grosse für das Engagement bedankt. „Ich finde, das ist ‘ne Wucht, was ihr hier leistet“, sagt die 80-Jährige, die am Sonnabend mit dem Fahrrad zur Mahnwache gekommen ist. Es ist ihr wichtig, daran teilzunehmen. „Wir müssen ein Zeichen setzten, dass wir die nicht hier haben wollen“, sagt die Rentnerin aus Glinde. „Die“, das sind Menschen mit rechtsextremistischer Gesinnung.

Denn in dem Modegeschäft Tønsberg wird Kleidung der Marke Thor Steinar verkauft, die in der rechten Szene sehr beliebt ist und damit auch die Anhänger anlockt. Im September 2011 hat der Laden am Glinder Berg eröffnet. Seitdem gibt es auch die Bürgerinitiative, die rund 30 Mitglieder hat. Gemeinsam mit Unterstützern aus Glinde stehen die Mitglieder täglich vor dem Geschäft und halten eine Mahnwache ab. Und es werden immer mehr.

Autofahrer hupen als Zeichen der Solidarität

„Ich bin heute mit meiner Tochter das erste Mal dabei“, sagt Christian Schütt, 42, der die zehnjährige Zoe auf den Schultern trägt. „Bisher bin ich immer nur mit dem Auto an der Mahnwache vorbeigefahren und habe gehupt. Das hat sich hier in Glinde als Zeichen der Solidarität entwickelt.“ Doch jetzt will er selbst mitmachen. „Weil die Masse etwas bewegen kann“, so der Glinder.

Was das Bündnis in der Vergangenheit bewegt hat, darüber informiert der Sprecher der Initiative, Niels Brock: „Zwar ist das Ziel, dass der Laden aus Glinde verschwindet, noch nicht erreicht, dennoch haben wir viel bewirkt.“ Die Menschen hätten sich mit dem Thema beschäftigt. „Es ist auch viel Aufklärungsarbeit geleistet worden“, so Brock, der an diverse Aktionen der Initiative erinnert. Beispielsweise haben die Mitglieder vor dem Tønsberg-Geschäft ein Schachturnier unter dem Motto „Schachmatt den Nazis“ veranstaltet.

Auch dieses Jahr sollen zahlreiche Aktionen gestartet werden. Im Juli wird es wieder ein Fußballturnier gegen rechts mit 16 Teams geben. Am 10. Mai ist die zweite Glinder Lesenacht zum Jahrestag der Bücherverbrennung geplant. Außerdem soll am 6. März am Eingang des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers im Ortsteil Wiesenfeld eine Stolperschwelle verlegt werden.

Einige Glinder sagen, sie seien schon von Nazis beschimpft worden

Dass dort der antisemitische Hass nicht der Vergangenheit angehört, weiß Nazim Sarikaya. „Ich war mit Freunden in Wiesenfeld Fußballspielen. Dort sind wir dann von Nazis beschimpft worden“, sagt der 23 Jahre alte Glinder. Auch er ist mit seinem Freund Muhammed Tümkaya, 22, zum Neujahresempfang gekommen. „Wir wollen damit ein Zeichen setzen“, so Tümkaya, der auch in der Stadt Erfahrungen mit rassistischen Bemerkungen gemacht habe.

„Solche Beschimpfungen und der Laden passen nicht hierher, Glinde ist multikulturell“, sagt Tümkaya. Er und Sarikaya sind in Reinbek geboren und in Glinde aufgewachsen. Die Stadt ist ihre Heimat. Genauso wie für die gebürtigen Türken Ibrahim Tanrikullu und Mustafa Tepe. Beide braten Schinkenwürstchen für die Gäste. „Wir sind von Anfang an bei den Mahnwachen dabei. Es ist richtig und wichtig“, sagt der 50Jahre alte Tanrikullu, der seit 23Jahren in Glinde lebt. Sein Freund Tepe, 45, lebt schon seit 30 Jahren in Glinde.

Genauso lange wie Peter Voss, der bei der Mahnwache zeigen möchte, dass Glinde gegen die braune Masse ist. „Das machen wir aber nicht nur hier vor dem Laden“, sagt er und erinnert sich an einen Neonazi, der im Glinder Sportverein aktiv gewesen sei. „Da haben wir auch gezeigt, dass wir ihn hier nicht haben möchten. Inzwischen lebt er in Mecklenburg-Vorpommern“, sagt Voss, der hofft, dass auch bald der Thor-Steinar-Laden aus Glinde verschwindet. Es könnte aber noch Jahre dauern, bis es so weit ist. Im Mietvertrag ist vereinbart, dass das Geschäft bis 2024 am Glinder Berg bleiben kann.