Bei Bad Oldesloe und Wesenberg gestaltet die Stiftung Naturschutz zwei neue Rückzugsgebiete für europaweit geschützte Tiere und seltene Vögel

Bad Oldesloe/Wesenberg. Sachte schneidet die Kante der Baggerschaufel in die taunasse Grasnarbe auf dem Hügel neben der Bundesstraße 75 nördlich von Bad Oldesloe. Nur die obere Erdschicht wird anschließend abgetragen. Denn das Baufahrzeug legt keine neue Straßentrasse an, und es hebt auch keinen Raum für den Keller eines Hauses aus. Der Bagger ist vielmehr für den Naturschutz im Einsatz. Er gräbt Vertiefungen für Teiche, an denen die europaweit geschützten Moorfrösche sowie Haselmäuse und seltene Vögel wie der Wiesenpieper ein Refugium finden sollen.

Auftraggeber ist die Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein GmbH, eine Tochtergesellschaft der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. Und das mit gutem Grund. Denn dieses Rückzugsgebiet dient als Ausgleichsfläche für Bauherren, die etwa bei der Errichtung von Häusern oder Straßen ein Areal versiegeln und damit in den Naturhaushalt eingreifen. Sie müssen dafür laut Bundesnaturschutzgesetz eine gewisse Zahl an Ökopunkten erwerben, die auf ein sogenanntes Ökokonto eingezahlt werden. Und dieses Konto wird durch Flächen wie die bei Bad Oldesloe von der Ausgleichsagentur quasi vorgehalten.

Die Flächen wurden zuvor landwirtschaftlich intensiv genutzt

Das rund drei Hektar große Areal ist nach Angaben von Gerrit Werhahn, Projektmanager bei der Ausgleichsagentur, 33.000 Punkte wert. Pro Punkt könne woanders ein Quadratmeter bebaut werden. In diesem Falle könnten dafür beispielsweise rund 1,5 Kilometer einer dreispurigen Autobahn neu entstehen. „Die Kosten pro Punkt orientieren sich an dem Preis, den wir für den Erwerb der Ausgleichsfläche gezahlt haben sowie unseren Aufwendungen für die Umgestaltung“, sagt Werhahn. Wie viel die Stiftung Naturschutz für die Koppel bei Bad Oldesloe bezahlt hat, will Werhahn allerdings ebenso wenig sagen wie den Preis für eine ebenso große Fläche nahe der Gemeinde Wesenberg. Sie wurde von der Organisation ebenfalls erworben, um der Artenarmut im Grünland östlich der Kreisstadt zu begegnen.

Beide Wiesen wurden bis vor einigen Jahren landwirtschaftlich intensiv als Weideflächen genutzt. Dennoch zählte sie das Land Schleswig-Holstein zu seinem Biotopverbundsystem. Es weise möglich Ausgleichsflächen aus, erklärt Werhahn. Die Stiftung Naturschutz prüfe stets, welche Flächen davon zum Verkauf stünden und erwerbe sie dann in der Regel. Gelegentlich würden solche Areale auch gepachtet, auch gebe es Fördergeld vom Land und von der EU. Die Fläche bei Bad Oldesloe sei aber aus dem Vermögen der Stiftung bezahlt worden.

„Die Ufer der Teiche dürfen nicht steil sein“, erklärt Lars Briggs. Der Däne ist Gründer und Geschäftsführer der Firma Amphi Consult, die mit den Arbeiten betraut worden ist. Dann nämlich erwärme sich das Wasser schneller, zumal der Hügel den ganzen Tag von der Sonne beschienen werde. „Ein guter Indikator für die Artenvielfalt und den ökologischen Zustand ist die Zahl der dort lebenden Laubfrösche“, sagt Briggs weiter, dessen Unternehmen im dänischen Odense seinen Stammsitz hat und darauf spezialisiert ist, Lebensräume für Amphibien zu gestalten.

„Bislang ist allerdings nicht vorgesehen, hier Laubfrösche anzusiedeln“, sagt Werhahn. Die Arbeiten würden in enger Zusammenarbeit mit der Naturschutzbehörde des Kreises Stormarn ausgeführt. Sie sähen nicht nur das Anlegen von Kleingewässern vor, es solle auch die künstliche Entwässerung soweit wie möglich aufgehoben werden. Somit sollen „wieder optimale Laichbedingungen“ für Amphibien entstehen. Moorfrösche, Wiesenpieper, Haselmaus, und Feldlerche zählten zu den Tieren, die in der Umgebung nahe der Trave ohnehin ansässig seien, deren Bestand aber durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung zurückgegangen sei. Werhahn: „Sie werden sich auf den Flächen im Laufe der Jahre vermehrt ansiedeln, weil sie dort ein geeignetes Habitat vorfinden.“ Mit dem Aushub der Teiche werden am Rande der Flächen Knickwälle aufgeschüttet, die im Herbst mit standorttypischen Gehölzen wie Schlehe, Hasel und Weißdorn bepflanzt werden sollen.

Diese Art von Renaturierung bedeutet aber nicht, dass die Flächen nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden können. So wünscht sich Henrike Hoffmann, bei der Stiftung Naturschutz zuständig für das Flächenmanagement, dass dort künftig Pferde weiden, allerdings nicht in großer Zahl. Sie wären quasi ein natürlicher Rasenmäher. Dazu sollten die Areale verpachtet werden. Hoffmann: „Die Pacht ist aber gering, weil es Auflagen für den Naturschutz gibt.“

„Aber ich komme hier ohnehin öfter vorbei und gucke , ob noch alles in Ordnung ist“, flechtet Falko Stegmann ein. Der Förster arbeitet bei der Pölitzer Firma silvaconcept, die die Stiftung Naturschutz berät. Die Stiftung selbst kontrolliert übrigens nach Angaben von Werhahn erstmals nach fünf Jahren, ob die Umgestaltung der beiden Areale tatsächlich zu mehr Artenreichtum geführt hat.