Caroline Dibbern, die neue Chefin des Kleinen Theaters Bargteheide, hat ihre Arbeit aufgenommen

Bargteheide. Der Blick, der Gang, die Haltung, die freundliche Art: ganz die Mutter. Und so stellte sich Caroline Dibbern wie es die im Oktober gestorbene Kirsten Martensen getan haben würde auf die Bühne, um mit Bescheidenheit und zugleich mit Sendungsbewusstsein eine kleine Ansprache an ihr Theatervolk zu halten. „Es ist ein Mischung aus Aufregung, Freude und Berührtsein, dass ich hier nun tatsächlich stehe und verkünden kann, dass es weitergeht“, sagte sie und schaute in die Runde. Knapp 30 Menschen standen um die neue Chefin des Kleinen Theaters herum – fast wie ein verschworener Zirkel. „Ohne euch alle, würde es nicht gehen. Wir werden uns gegenseitig helfen, wenn wir mal nicht weiter wissen, weil wir schließlich nicht Kirsten sind.“

Am Vorabend war die Schauspielerin Caroline Dibbern aus Berlin nach Bargteheide gereist, um als Nachfolgerin ihrer Mutter Kirsten Martensen mit der Probenarbeit in Bargteheide zu beginnen. „Wahnsinn! So wie Mama es getan haben würde. Ich weiß sie unterstützt mich“, sagte die 39-Jährige mit belegter Stimme, um dann gleich mit einem strahlenden Lächeln fortzufahren. „Die Probe ging mit Leichtigkeit und Freude. Wir werden das gemeinsam schaffen.“ Eine Sekunde Pause. Dann Applaus und ein Zuruf aus dem Theatervölkchen, das sich wie ein Ring um Caroline Dibbern geschlossen hatte: „Bestimmt“. Die Bande zwischen der neuen künstlerischen Leiterin des Kleinen Theaters, die weniger Chefin als Kollegin und Freundin sein möchte, ist geknüpft. Wie es mit der Neuen laufe? „Großartig“, sagte eine Mitarbeiterin.

Mit Optimismus und neuer Besetzung geht es ins neue Jahr und in die Zukunft. Caroline Dibbern wird mit Angela Kross, der Vorsitzenden des Förderverein des Kleinen Theaters, die Regie-Arbeit für die Weihnachtsmärchen übernehmen. Christina Schlie und Svetlana Franke sind für die „Minis“ zuständig, die das Sommermärchen auf die Bühne bringen. Und Renata da Costa, seit 16 Jahren im Team, übernimmt die Leitung des Oldie-Kabaretts. „Wir haben neue Leute, die sehr gut texten und spielen können“, sagte sie. Und so werde es auch im Kreis der pfiffigen Alten fröhlich weitergehen. Da Costa: „Ich sage nur ‚Itsy Bitsy‘. Achten sie mal drauf. Das ist ein neuer Titel in unserem Programm.“ Wer an einen Song aus den 60er-Jahren denkt, liegt goldrichtig.

Die wohl schwerste Zeit des Kleinen Theaters scheint überstanden. Das hatte im Oktober noch ganz anders ausgesehen. Die Intendantin des über Bargteheide weit hinaus bekannten Kulturtempels war gestorben. Ein Kleines Theater ohne Kirsten Martensen? Das konnte sich niemand vorstellen. Denn die energiegeladene, kreative Frau mit der unbändigen Neugier auf neue Projekte war nicht nur die Gründerin und Jahrzehnte lang die Chefin gewesen, sondern die Seele des Hauses. Sie brannte für ihr Kleines Theater und setzte alles dafür ein: ihre Leidenschaft, ihr Geld, ihre ganze Zeit. Und dann starb sie, mit 72 Jahren. An den Folgen einer Lungenembolie. Dabei schien sie auf dem Weg der Besserung zu sein.

Die Lücke zu schließen, war für ihre Weggefährten und Mitarbeiter eine große Herausforderung – und das bei dem tief empfundenen Schmerz über den Tod von Kirsten Martensen. „Das war für uns alle ein Schock“, sagt Angela Kross, die nun eng mit Caroline Dibbern zusammenarbeiten wird. Wie schwer es den Freunden und Kollegen fiel, sich in dieser Situation zu fassen, war bei den Weihnachtsmärchen im Dezember zu spüren gewesen. Die Vorstellungen gingen wunderbar über die Bühne. Aber beim Applaus kämpften die Beteiligten mit den Tränen. Alles atmete Kirsten Martensen, alles erinnerte an sie. Aber sie konnte den Applaus nicht mehr entgegennehmen.

Die Märchen auf die Bühne zu bringen, war jedoch keine Frage. Schließlich ging es darum, das kulturelle Erbe der Intendantin fortzusetzen. Das funktionierte. Weil das Team es wollte. Weil das Team dafür in den vergangenen Monaten Unglaubliches geleistet und den Betrieb aufrechterhalten hat. Und dieses Team sichert nun auch die Zukunft des Hauses.

„Ich bin so glücklich, dass es dieses Team gibt. So kann ich als Frischling einsteigen. Sonst hätte ich mir das gar nicht zugetraut“, hatte Caroline Dibbern gesagt, als sie kurz vor Weihnachten bekannt gegeben hatte, die künstlerische Leitung des Kleinen Theaters zu übernehmen. Eine passendere Nachfolge als die Tochter von Kirsten Martensen, ließe sich kaum denken. Die heute 39-Jährige hat ihre ersten künstlerischen Versuche auf der Bargteheide Bühne bei „Mama“ gemacht hat.

Aber Caroline Dibbern macht keinen Hehl daraus: Sie will nicht die starke, zentrale Figur im Kleinen Theater werden. Sie will die Strukturen ändern. Das Team trage sie. Und auf das Team setzte sie. Und nicht sie allein. Angela Kross: „Dieses Haus und dieses Team ist einmalig. Hier erwächst etwas aus einer Gemeinschaft. Ich kenne nichts Vergleichbares.“

Auch Maren Kröger ist begeistert, wie die Mitarbeiter und Helfer die Umbruchphase überwunden haben. „Jetzt müssen wir sehen, wie alles läuft“, sagte die Geschäftsführerin, die sich weiterhin allein um das Management kümmern wird. Maren Kröger war es auch, die Caroline Dibbern gefragt hatte, ob sie sich nicht vorstellen könnte, im Kleinen Theater anzufangen. „Maren war die beste Freundin von Mama“, sagte die neue Chefin. „Aber ich konnte nicht gleich zusagen. Die Trauer brauchte Zeit. Am Anfang war das wie ein Absturz.“

Das ist vorbei. Die Zuversicht und die Freude und auf die neue Aufgabe überwiegen. Angst davor habe sie nicht. Und eine schwere Last sei es auch nicht. „Hier in diesem Haus ist ein wahnsinnig guter Geist“, sagte Caroline Dibbern bei der kleinen Ansprache an ihr Theatervolk und schaute in den Theaterhimmel. „Ich weiß, dass Mama jetzt juchzt.“