Das Abendblatt wirft einen Blick in die Büros der Bundestagsabgeordneten Norbert Brackmann, Nina Scheer, Gero Storjohann, Franz Thönnes und Konstantin von Notz

Stormarn/Berlin. Einige sind schon länger dabei, andere ganz neu im Parlamentsalltag. Was alle 631 Abgeordneten des Deutschen Bundestags eint: Sie haben sich neu oder wieder eingerichtet in der Bundeshauptstadt. Dort, wo sie in den kommenden vier Jahren ihre Wahlkreise vertreten. Das Hamburger Abendblatt hat einen Blick geworfen in die Büros von fünf der sieben Parlamentarier, die Stormarns Stimmen in Berlin sind.

Es riecht nach frischer Wandfarbe. Zwei Männer stehen neben einer Tür und bohren Löcher in die Wand. „Ja, hier ist alles noch ganz neu“, sagt Nina Scheer. Die SPD-Abgeordnete für den Wahlkreis Stormarn-Süd deutet mit einer ausladenden Geste in ihr Büro: ein aufgeräumter Schreibtisch, zwei Regale, deren Bretter noch viel Platz für Bücher bereithalten, ein runder Tisch mit vier Stühlen, eine Stehlampe. „Die Räume, in denen ich sitze, finde ich nicht so maßgeblich“, sagt die 42-Jährige. Sie trägt eine bunt bestickte Jacke und lächelt oft, wenn sie spricht. „Im Zentrum steht für mich, was ich inhaltlich leiste.“ Nebenan brummt der Bohrer erneut auf. Nina Scheer schenkt Kaffee ein. „Ach, wie geht das denn auf“, murmelt sie leise, auch die Kaffeekanne ist noch ganz neu.

Sie war eingebunden in die Koalitionsverhandlungen, hat sich dafür eingesetzt, dass die Energiewende ein Erfolg wird. Sie sagt: „In Schleswig-Holstein sehe ich schon lange ein klares Bekenntnis zur Energiewende. Auch deshalb ist es schön, dort im Wahlkreis Teil des Ganzen zu sein.“

Wie andere Abgeordnete auch pendelt Nina Scheer zwischen ihrem Wahlkreis und Berlin hin und her. „Mein Lebensmittelpunkt befindet sich im Wahlkreis. In den Sitzungswochen und zu außerordentlichen Terminen komme ich nach Berlin. So viel Zeit kann ich dann gar nicht in meinem eigenen Büro verbringen. Mal einen Kaffee trinken, ein Gespräch führen, Verträge lesen.“

Eine Wand in Nina Scheers Büro ist vollständig verglast. „Mir gegenüber sitzt Franz Thönnes“, sagt sie. „Wir können uns ab und zu mal zuwinken.“

Oder etwas zurufen. „Franz? Besuch ist da!“ Franz Thönnes öffnet die Tür zu seinem Büro. Die Räume gegenüber von Nina Scheers sehen schon deutlich bewohnter aus. „Seit 2002 bin ich hier drin. Gibt gerade noch einiges aufzuräumen und zu sortieren“, sagt der SPD-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Stormarn-Nord. „Ich werde viel mit Lesestoff eingedeckt.“ Tatsächlich: Papierstapel, Pappordner, zusammengeheftete Bögen stapeln sich auf dem Schreibtisch und in Regalen.

Eine Topfpflanze steht am Fenster, ein CD-Turm schräg hinter dem vollen Schreibtisch. „Ich höre manchmal gern ein bisschen Jazz“, sagt Thönnes, „vor allem abends, wenn ich noch lange im Büro sitze und Papierkram erledige.“ Auf einer Ablage liegen aufgereiht Erinnerungsstücke. An den Wänden hängen Bilder, ein paar Fotografien.

Über Thönnes wacht Willy Brandt, über Brackmann Konrad Adenauer

Wenn Franz Thönnes an seinem Schreibtisch sitzt, blickt ihn Willy Brandt mit nachdenklicher Miene aus seinem Bilderrahmen gegenüber an. „Ein Geschenk von meinen Mitarbeitern“, sagt Thönnes. „Sieht gut aus, oder?“

Seinen Kaffee trinkt der SPD-Mann aus einem Becher mit Leuchtturm-Motiv. „Ich bin gern in Berlin und gern im Wahlkreis. Mir ist es vor allem wichtig, vor Ort mit den Menschen zu diskutieren.“ Wenn er an Stormarn denkt, dann zuerst an die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sagt Thönnes. „Die ist ganz wichtig, und wir müssen sie durch ein besseres Kita-Angebot und eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten erreichen. Es gibt immer mehr Unternehmen, die sich beteiligen, es geht ja auch um den Wettbewerb und darum, Fachkräfte zu erreichen. Auch Wohnraummangel und steigende Mieten sind in Stormarn immer stärker spürbar. Deshalb brauchen wir eine Mietpreisbremse.“ Ein weiterer Punkt sei die S4. „Viele pendeln von Stormarn nach Hamburg und umgekehrt.“

Die S4 ist auch das Erste, was Norbert Brackmann einfällt, wenn er an seinen Wahlkreis Stormarn-Süd denkt. „Ich freue mich, dass alles gut läuft. Dass wir die Finanzierung sicherstellen, davon bin ich überzeugt. Wozu bin ich schließlich im Haushaltsausschuss?“ Und: „Wir müssen die starke wirtschaftliche Stellung Stormarns weiter günstig gestalten. Eben durch gute Infrastruktur und Bildung.“ In seinem Büro sitzt der Politiker seit vier Jahren. Vor der Fensterwand steht ein halbrunder Schreibtisch, „ja, da liegt viel drauf“, sagt Brackmann. Auch über ihn wacht ein Porträt. „Konrad Adenauer ist ein großes Vorbild für mich“, sagt Brackmann, „der darf mir gern über die Schulter blicken.“

Wenn Gero Storjohann Besuch an seinem Arbeitsplatz in der Hauptstadt hat, „dann zeige ich denen gerne was von den ganzen Regierungsgebäuden“. Der CDU-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Stormarn-Nord deutet auf den weitläufigen Innenhof des Jakob-Kaiser-Hauses. „Ganz klarer Schlewsig-Holstein-Bezug“, sagt er und lacht. Aufgehängt an dünnen Stahlseilen, schweben dort vier Ruderboote in Rot, Gelb und Blau. „Aber fragen Sie mich nicht nach der Bedeutung. Besucher bekommen hier ja immer eine Führung, Abgeordnete leider nicht.“

Durch eine neu gebaute, futuristisch anmutende Unterführung geht es zurück in Gero Storjohanns Büro. Dort stehen die üblichen Möbel: ein Schreibtisch, ein runder Tisch für Gespräche, der Fernseher zur Verfolgung der Plenardebatten. Heraus stechen dort vor allem ein roter, ergonomischer Stuhl, eine Weltkarte und eine schmale, elegante Sound-Anlage. „Ich mag vor allem, dass sie da ist. Falls ich mal Lust auf ein bisschen entspannende Musik am Abend habe. Die Weltkarte habe ich mir mal gewünscht – hatte sie mir ein bisschen größer vorgestellt, aber das kann man sich ja immer nicht aussuchen bei Geschenken.“ Und der Stuhl? Ja, so ein richtiges Impuls-Möbel ist das“, sagt Storjohann. Gäste sollen sich also rundum wohlfühlen in seinem Büro. Storjohann sitzt im Verkehrs- und im Bauausschuss. „Es ist durchaus ungewöhnlich, in gleich zwei Ausschüssen zu sitzen. Dazu kommt die Arbeit im Wahlkreis. Wer das alles nicht gern macht, hat keine Chance. Ich bin schon lange im Betrieb, und ich genieße diese Arbeit jeden Tag.“ Die schönste Zeit zum Arbeiten, sagt Storjohann, sei gegen 23 Uhr. „Wenn es stiller wird in den Fluren und so langsam alle Kollegen das Licht ausknipsen, kann ich mich gut konzentrieren.“

Im Büro der Grünen sind sogar die Aktenordner grün

Der Grüne Konstanin von Notz ist strikt mit seiner Farbe: Alle Aktenordner sind aus grüner Pappe, die Schubfächer, in denen sie liegen, schimmern auch in grünem Kunststoff. „Wer welches Büro bekommt, wird auch bei uns Grünen nach dem Senioritätsprinzip entschieden“, sagt der Abgeordnete für den Wahlkreis Stormarn-Süd. „Auch wenn ich da noch recht weit unten auf der Liste stehe – mit meinem Büro bin ich absolut zufrieden.“ Die meiste Zeit verbringt er in der Regel auch nicht am Schreibtisch. „Hier lese ich Verordnungen, Verträge und Entwürfe. Außerdem schreibe ich auch meine Reden selbst, und das mache ich hier.“ In schmalen Goldrahmen hat von Notz Drucke aus dem historischen Berlin aufgehängt. „Wir haben ein Archiv, aus dem wir Bilder aussuchen können“, sagt er. Am Fenster steht ein gelbes X – das Zeichen der Anti-Atom-Protestbewegung.

Er will hier in Berlin etwas für Stormarn mitbewegen, sagt von Notz. „Gerade beim öffentlichen Nahverkehr gibt es noch viel zu verbessern.“ Was den Bau der S4 anbelangt, sind sich also Politiker aller Stormarner Fraktionen im Bundestag einig.