Studenten, Lehrlinge und Schüler rechnen sich Chancen aus, doch in Bargteheide bleiben zu können. Grundstück soll wohl erst später bebaut werden

Bargteheide. Die acht Bauwagen und der ausgebaute Lastwagen, die in einem Kreis auf der Wiese hinter den Stormarner Werkstätten in Bargteheide stehen, können dort wohl doch noch eine Weile bleiben. Denn es besteht für die jungen Bewohner Hoffnung, dass der Pachtvertrag, der im Juli dieses Jahres gekündigt worden war, nun doch verlängert wird. Ein entsprechender Antrag ist bereits gestellt worden.

„Wir sind damals über den Vater einer Freundin an den Platz gekommen“, sagt Tolga Taskin, der seit zwei Jahren einen eigenen Bauwagen auf der Wiese am Bornberg stehen hat. Sieben bis zwölf Studenten, Lehrlinge und Schüler im Alter von 18 bis 25 Jahren versuchen auf dem Bauwagenplatz, ihre Freizeit „alternativ, selbstversorgerisch und nachhaltig“ zu gestalten.

Schon als Schüler hatten Taskin und seine Freunde den Traum von einer solchen Lebensweise. „Als wir älter waren, haben wir uns zusammengesetzt und konkret geplant“, sagt der heute 23-Jährige. Die Gruppe gründete den Verein Natur Leben, um eine Legitimation für ihr Vorhaben zu bekommen.

Mitglieder des Vereins suchten vergebens nach einem anderen Platz

„Als wir erfahren haben, dass wir die Wiese hinter den Stormarner Werkstätten pachten konnten, sind wir gleich hingefahren und haben eine Reihe Weiden gepflanzt“, sagt Taskin und lacht. Umso enttäuschter war die Gruppe, als der Pachtvertrag im Vorjahr wieder gekündigt wurde (wir berichteten).

Während der vergangenen Monate suchten die Vereinsmitglieder nach einem anderen geeigneten Platz in der Umgebung. Sie fanden aber keinen, der bezahlbar und günstig gelegen war. Noch ist die Kündigung, die dem Verein vorliegt, rechtskräftig. Doch die Mitglieder haben gehört, dass das Bauprojekt, für das sie die Wiese räumen sollten, frühestens in fünf Jahren verwirklicht werden könne. Deshalb hoffen sie, dass ihrem Antrag stattgegeben wird und sie noch eine Weile in Bargteheide bleiben können.

„Wenn wir wüssten, dass wir länger hier bleiben dürfen, würden wir das ganz anders aufziehen“, sagt Taskin. „Wir würden zum Beispiel mehr Bauwagen kaufen, diese miteinander verbinden und einen Brunnen graben.“

Tolga Taskin ist allerdings der Überzeugung, dass alternative Lebensformen wie die seines Vereins bewusst von der Wirtschaft gehemmt werden. „Es ist doch so, dass die meisten alternativen Wohnprojekte mit Hightech ausgestattet und sauteuer sind. Das ist alles ein ökonomischer Faktor. Keiner sagt zu Jugendlichen: ‚Hier ist eine Wiese, nutzt die und macht etwas daraus!’.“ Dabei wäre das Wohnen nicht nur umweltfreundlicher und sozialer, sondern auch viel günstiger. Doch in Deutschland ist es verboten, dauerhaft auf einem Bauwagenplatz zu wohnen.

Selbstverständlich laufe das Leben anders ab als in einer Wohnung. „Wenn du keine Kohlebriketts in den Ofen tust, hast du nahezu die Außentemperatur im Bauwagen. Außerdem riecht man im Winter immer nach Holzrauch.“ Das Wasser kommt aus Kanistern, gekocht wird mit Gas.

Im Sommer wird mit einem Gartenschlauch geduscht und die Wäsche in Bottichen mit Kernseife gewaschen. Sonst sei aber alles vergleichbar, meint Taskin – bis auf die Tatsache, dass man auf einer Wiese stehe, wenn man hinausgehe, und einem Enten „entgegenquaken“. Sogar ein kleines Fitnessstudio und ein Kompostklo hat die Gruppe gebaut.

Fiete Abels ist seit zwei Monaten mit von der Partie. Er hat den Bauwagen von einem Bekannten übernommen, der wegen seines Studiums wegziehen musste. „Das Leben ist schon sehr anders. Ich musste mich erst an alles gewöhnen, aber ich fühle mich wohl hier“, sagt der 18-Jährige. Sein Ziel ist es, in zwei Jahren einen eigenen Bauwagen zu besitzen. „Dafür spare ich schon“, sagt Abels. Bis dahin werkelt er an dem Bauwagen seines Bekannten weiter. „Ich will vernünftig Strom reinlegen mit Steckdosen und so.“ Bisher wird sein Wagen über Verlängerungskabel von Taskins Wagen aus mitversorgt.

Anfangs waren die Bewohner auch ohne Strom glücklich

Taskin erinnert sich an die Anfangszeit, als es auf dem Gelände noch keinen Strom gab. Er vergleicht das Wachsen des Bauwagenplatzes mit der Menschheitsgeschichte. „Zuerst war hier nur die Wiese, dann kamen wir Menschen und haben Beete ausgehoben und Gemüse angebaut. Wir waren zufrieden und haben alles ohne Maßband und Akkuschrauber erledigt. Später, als der Strom kam, wollte man den nicht mehr missen, aber glücklicher hat es uns nicht gemacht“, sagt der Student.

„Wir haben anfangs ohne alles gelebt und waren glücklich. Auch jetzt sagen manche Freunde, dass ich mit Einschränkungen zurechtkommen muss, aber ich fühle mich in keiner Weise materiell beschränkt.“

Tolga Taskin ist davon überzeugt, dass ihn die vergangenen zwei Jahre sehr geprägt haben. „Es ist das erste Mal, dass ich einen Bezug zu meinem Wohnraum aufgebaut habe“, sagt er . Den Bauwagen hat er nach und nach mit viel Mühe und Liebe nach seinen eigenen Ansprüchen und Vorstellungen gestaltet. Anfangs lag nur eine Matratze auf dem Boden, und „abgewaschen“ wurde mit Gras. Doch mit der Zeit baute er selbst Schränke, Bett und Küchenzeile ein. „Das Ganze ist ein Prozess, der immer noch nicht fertig ist“, sagt Taskin. „Der Bauwagen und meine Dreads wachsen zusammen.“ Deshalb hofft Taskin, dass seine Freunde und er weiter auf der Wiese bleiben und dort ihre Freizeit alternativ nutzen können.