Stormarner wundern sich über 30-prozentige Preiserhöhungen. Aber es sind auch ebenso große Einsparungen möglich

Ahrensburg. Das neue Tarifsystem der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) sorgt bei etlichen Kunden im Kreis Stormarn für Unmut. „Ich bin empört“, sagt Hermann Wutschke aus Tangstedt. „Ich bin – gelinde gesagt – not amused“, meint Jürgen Rechter aus Steinburg. Beide sind von Preiserhöhungen um 30 Prozent überrascht worden. Sie beklagen, dass sie zuvor nicht von der AWSH über das neue Entgeltsystem informiert worden seien.

„Ich bin per Zufall über die Preiserhöhung gestolpert“, sagt Wutschke, der sich seine Rechnung genauer angesehen hat. „Es war irreführend, denn ich habe eine Gutschrift aus Verwertungserlösen von 12,72 Euro bekommen. Das hat mich gefreut, als ich mir aber die Vorjahresrechnung angesehen hatte, war ich sprachlos“, so der Tangstedter. Denn er soll jährlich jetzt fast 30 Prozent mehr für die Müllabfuhr zahlen.

2013 überwies er 74,28 Euro an die AWSH. Dieses Jahr sollen es 95,76 Euro sein. „Die Kostensteigerung von 21,48 Euro ist uns mal eben untergejubelt worden“, sagt Hermann Wutschke, der sich jetzt über das neue Tarifsystem ausführlich informieren möchte. Auch Jürgen Rechter beklagt, nicht rechtzeitig über die Anhebung der Preise informiert worden zu sein. „Es gab lediglich Anfang 2013 mit der Rechnung den Hinweis, dass es im nächsten Jahr ein neues Preissystem geben werde“, so Rechter, der jetzt statt 74,28 Euro im Jahr 101,28 Euro zahlen soll.

„Wir haben zwar nicht jeden Kunden angeschrieben, dennoch haben wir über Anzeigen in Zeitungen breit über das neue Tarifsystem informiert“, sagt AWSH-Sprecher Olaf Stötefalke. Seitdem die Rechnungen für das neue Jahr verschickt wurden, habe es laut Stötefalke zahlreiche Reaktionen von Kunden gegeben. Einige würden sich beschweren, andere ordern indes jetzt eine Bioabfalltonne.

„In Stormarn haben derzeit 8800 Kunden Behälterumwandlungen beantragt. Täglich kommen knapp 100 hinzu“, so der AWSH-Sprecher. Mit dem neuen Tarifsystem sollen diejenigen, die ihren Müll vorbildlich trennen, finanziell belohnt werden. Wer nicht sortiere, müsse mehr zahlen. Wer also lediglich eine graue Restabfalltonne vor der Tür stehen hat, wird stärker zur Kasse gebeten. Wer auch Behälter für Biomüll und Papier daneben stellt, wird finanziell belohnt.

„Eine Familie kann damit viel Geld sparen“, sagt Peter Egan aus Ahrensburg. Er hat im vergangenen Jahr 253 Euro für eine 120-Liter-Bio- sowie Restmüll- und Altpapiertonne (240 Liter) gezahlt. Dieses Jahr zahlt er für diese Kombination 19 Euro weniger. Er möchte aber noch mehr sparen und hat deswegen eine kleinere Restmülltonne bestellt, in die nur noch 60 Liter passen. Dann zahlt er jährlich sogar nur noch 158 Euro und spart damit 95 Euro.

Diese Reduzierung des Restmüllaufkommens ist das Ziel der AWSH. Denn eine Untersuchung hat gezeigt, dass der Anteil an Bioabfall in der Restmülltonne immer noch viel zu hoch ist. Stötefalke spricht von mehr als 50 Prozent verwertbarer Abfälle, die bei den 61.000 Kunden in Stormarn in der grauen Tonne landen.

Diese Garten- und Gemüseabfälle gehören aber in die braune Biotonne, damit sie wiederverwertet werden können. Die AWSH hat dafür eine neue Vergärungsanlage am Abfall-Wirtschaftszentrum in Trittau in Betrieb genommen. Dort gärt bei 55 Grad Celsius der Biomüll, und durch ständiges Umrühren entsteht Biogas, das in einem Blockheizkraftwerk in Strom und Wärme umgewandelt werden kann.

Vor rund einem dreiviertel Jahr wurde die Anlage eingeweiht. Seitdem konnten sämtliche Betriebe auf dem Trittauer Betriebsgelände mit zwei Millionen Kilowattstunden beheizt werden. Weitere drei Millionen Kilowattstunden konnten ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden – das reicht zur Versorgung von 1000 Haushalten. Der Abfall aus dem Fermenter wird nach der Energiegewinnung als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt.

Jürgen Rechter aus Steinburg bleibt indes skeptisch. „Ich kompostiere meinen Grünabfall selbst in meinem Garten und werde dafür jetzt bestraft“, so der 65 Jahre alter Pensionär, der zuvor Garten- und Landschaftsbau an einer Berufsschule unterrichtet hat. Kartoffelschalen, Kaffeefilter und Salatreste würden bei ihm auf dem Kompost laden.

Jetzt überlegt Rechter, sich doch eine Biotonne anzuschaffen. Olaf Stötefalke rät zu einer 40-Liter-Biotonne, die im Zweiwochen-Rhythmus geleert wird. Wenn der Steinburger seine graue Restmülltonne dann nur noch alle vier Wochen leeren ließe, müsste er jährlich nur noch 68,64 Euro zahlen – und gegenüber dem alten Tarif Geld sparen.

„Das werde ich noch einmal überdenken“, so Rechter. Er befürchtet aber, dass bei einer vierwöchentlichen Leerung der Restmülltonne die Hygiene leidet und sich Maden oder Fliegen bilden könnten. Das glaubt Stötefalke nicht: Auch Essensreste gehören in die Biotonne.