Ahrensburgs Bürgermeister reagiert im Abendblatt-Interview auf Kritik aus der Politik an der Verwaltung. Und fordert mehr Fairness im Umgang

Ahrensburg. So entschlossen, so offen gibt sich Michael Sarach selten. Die deutliche Kritik einiger Stadtverordneter an der Arbeit der Verwaltung, die kürzlich in der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn ihren Niederschlag fand, mag dazu ebenso beigetragen haben wie die Summe der Ereignisse der vergangenen dreieinhalb Jahre seit seiner Wahl zum Ahrensburger Bürgermeister.

Im Abendblatt-Interview findet der Verwaltungschef klare Worte der Entgegnung, definiert die Probleme in der Zusammenarbeit mit der Politik und fordert eindringlich auf zu mehr Fairness im Umgang miteinander.

Hamburger Abendblatt:

Das Stadtparlament hat den Vorschlag der Verwaltung zu einer Anhebung der Grundsteuer auf 350 Prozent durchgewinkt. Stimmt Sie das froh?

Michael Sarach:

Aus Spaß macht man so etwas nicht. Aber die Erhöhung ist unvermeidbar. Trotzdem bleibt im Haushalt ein Defizit von 950.000 Euro. Tatsächlich hätte das Defizit ohne Anhebung der Grundsteuer 1,6 Millionen Euro betragen.

Eine knappe Million ist auch viel Geld.

Sarach:

Das liegt daran, dass wir mehr Ausgaben eingeplant haben, als Einnahmen zur Verfügung stehen werden. Der Entwurf der Verwaltung sah mit rund 2,5 Millionen Euro ursprünglich noch ein höheres Defizit vor. Nach Aufstellung des Haushaltes sieht es im Einnahmebereich besser aus, weil unsere Anteile an der Einkommenssteuer gestiegen sind. Und weil wir uns mit den Stadtverordneten darauf verständigt haben, die Prognose bei der Gewerbesteuer um 500.000 Euro nach oben zu setzen. Zusätzlich wird die Kreisumlage gesenkt.

Ahrensburg hat vor allem ein Ausgaben-Problem, sagen die Finanzexperten der Fraktionen. Was sagen Sie?

Sarach:

Der Jahresabschluss mit einem negativen Betrag von rund zwei Millionen Euro liegt zurzeit bei den Wirtschaftsprüfern. Alle Zukunftspläne müssen wir nach den prognostizierten Ausgaben und Einnahmen ausrichten. Nun kann man es sich leicht machen und sagen, wir gehen an die Verwaltung ran. Ich bin der Letzte, der sich da verschließt. Aber man muss sich auch klarmachen, dass wir zu 80 Prozent gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben erfüllen.

Also kommt die Kritik von Politikern, die in Wahlkampfzeiten gern einmal die Spendierhosen anziehen und dann die Verwaltung wegen zu hoher Ausgaben kritisieren?

Sarach:

Ahrensburg braucht für bestimmte Ausgaben verlässliche Budgets. Das wird zum Beispiel beim Straßenbau deutlich. Da müssen wir jedes Jahr allein für die Erhaltung des jetzigen Zustandes etwa 1,5 Millionen Euro aufwenden. Oder für die Kinderbetreuung. Nicht nur der Bau kostet Geld, sondern auch der Betrieb. Diese Budgets müssen gesetzt sein. Im Gespräch über die Dispositionsmasse fehlt oft der Grundkonsens. Da wird dann gern mal der Rasenmäher rausgeholt wie beim Entwurf für den Haushalt 2014. Das ist kurzsichtig.

Die FDP fordert einen Masterplan Schuldenabbau. Zu Recht?

Sarach:

Es ist unschön, dass so viele falsche Zahlen durch den Raum geistern. Die Stadt hat rund 21 Millionen Euro Schulden. Dazu kommen Verbindlichkeiten zum Beispiel durch das Peter-Rantzau-Haus und einen Sporthallen-Bau in Höhe von rund fünf Millionen Euro. Die betrachte ich separat, das sind laufende Verträge. In den vergangenen drei Jahren haben wir kontinuierlich getilgt, keine neuen Kredite aufgenommen. Also zeichnet sich eine Stabilisierung ab. Aber wir müssen überlegen, wie wir überplanmäßig von den 21 Millionen runterkommen. Zum Beispiel könnten wir den Erlös aus Grundstücksverkäufen, Stichwort Alte Reitbahn, zum Abbau von Schulden nutzen.

In das Badlantic pumpt die Stadt jedes Jahr 1,7 bis 1,8 Millionen Euro. Sind Sie bei den Verhandlungen mit E.on über neue Verträge ein Stück weiter?

Sarach:

Wir sind in einer ungünstigen Position, die Verhandlungen sind zäh. Wir sprechen über eine vorzeitige Auflösung von Teilverträgen. Die laufen eigentlich noch bis 2017. Wir wollen das Paket der Vereinbarungen zugunsten der Stadt entschnüren – das ist ein langwieriger Prozess.

Haben Sie den Eindruck, dass E.on Sie auflaufen lässt?

Sarach:

E.on hat ein gewisses Interesse, sich von bestimmten Dingen zu trennen, wie in Reinbek. Ich habe den Eindruck, dass die sich aus dem Nebenbetrieb Badgeschäft herausziehen möchten. Wir müssen uns aber auch fragen, wie es weitergeht, wenn die Verträge aufgelöst sind. Interessante Perspektiven eröffnen sich, wenn die Stadt alleiniger Eigentümer ist.

Noch einmal zurück zum großen Ausgabeposten Personal: Bei Ihrem Dienstantritt hatten Sie angekündigt, die Verwaltung auf Ihre Effizienz hin zu überprüfen. Wie sieht Ihre Bilanz heute aus?

Sarach:

Es geht nicht nur um Effizienz, es geht auch um Effektivität. Sparsam heißt nicht automatisch wirtschaftlich. Wir haben bereits Personal abgebaut. Aber es gibt immer neue Bedarfe, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung in städtischen Einrichtungen. In den vergangenen vier Jahren haben wir einen Mehrbedarf von zehn Stellen gehabt. Die Aufgaben nehmen zu. Die Stadt ist ein mittelständisches Unternehmen mit rund 250 Mitarbeitern. Da muss man bei Veränderungen sehr behutsam vorgehen.

Es gibt Kritik an der Umstellung auf die doppelte Buchführung beim Ahrensburger Haushalt, also bei der sogenannten Doppik.

Sarach:

Die Umstellung ist nicht glücklich gelaufen. Ich wäre diese Sache etwas anders angegangen, nicht mit dem vorhandenen Personal neben der normalen Arbeit. Ich hätte zeitlich befristet Projektgruppen eingerichtet, die die Grundlagen schaffen und die Bewertung vornehmen. Es ist ein schwacher Trost, aber: Andere Städte sind auch nicht schneller als wir.

Der Bauhof schneidet in der Bewertung einiger Stadtverordneter auch nicht besonders gut ab. Wird dort effizient gearbeitet?

Sarach:

Im Grunde ja. Behauptungen zum Beispiel, der Bauhof stelle der Stadt für jede einzelne erbrachte Leistung eine Rechnung, sind schlicht und einfach falsch.

Sprechen wir über Einnahmen. Schmerzlich ist nicht nur der Weggang der Firma Boltze nach Stapelfeld. Auch die Handelsgesellschaft Omnitrade wandert nach Siek ab, nachdem der Versuch, in Ahrensburg zu expandieren, gescheitert ist. Wie passt das zusammen mit einer nach oben nachjustierten Einnahme-Erwartung bei der Gewerbesteuer?

Sarach:

Wir konnten Omnitrade schlichtweg keine ausreichenden Flächen zur Verfügung stellen. Ich habe diverse Gespräche geführt. Es waren keine Flächen in der gewünschten Größe zeitnah verfügbar.

Also wäre möglicherweise eine intensivere Zusammenarbeit mir der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) durchaus hilfreich?

Sarach:

Man kann immer alles verbessern. Aber wir müssen uns klarmachen, was Wirtschaftsförderung eigentlich bedeutet. Zunächst müssen wir alle Unternehmen so versorgen, dass sie auch hier bleiben. Wenn ich sehe, was sich in den letzten Jahren entwickelt hat, wie viele Firmen Expansionspläne haben, so sind das Indizien dafür, wie ernst wir dieses Thema nehmen. Um neue Betriebe zu gewinnen, brauchen wir neue Flächen. Ohne Flächen brauche ich kein Flächenmanagement. Die Stadt hat seit gut zwei Jahren nur noch drei Grundstücke im eigenen Bestand. Wir benötigen einen rechtsgültigen Bebauungsplan für die Erweiterung des Gewerbegebietes.

Nachgefragt: Der Chef der WAS sieht in einer Kooperation mit Ahrensburg eine große Chance. Sie nicht?

Sarach:

Die Kontakte sind gut. Wir tauschen uns schon jetzt regelmäßig über Anfragen aus. Und ich wäre schlecht beraten, wenn ich Angebote wie das von Herrn Leinius ausschlagen würde.

Es gibt Firmen, die ihren Verbleib in Ahrensburg von einer Nordtangente abhängig machen.

Sarach:

Ich persönlich rechne mir erst einmal an, dass ich dafür gesorgt habe, dass die Breitbandverkabelung im Gewerbegebiet Nord spätestens Ende des ersten Quartals 2014 realisiert sein wird. Das ist schon mal eine wichtige Voraussetzung für die Aufwertung des Standortes.

Das beantwortet aber nicht die Frage nach einer besseren Anbindung des Gewerbegebietes.

Sarach:

Die Nordtangente ist aus meiner Sicht unabdingbar. Dass die Diskussion so lange dauert, kann ich schwer beeinflussen.

Also warten die Firmenchefs vergebens?

Sarach:

In der ursprünglich geplanten Form kommt die Tangente eher nicht. Aber im Zusammenhang mit der S 4-Planung und dem damit verbundenen Bahnbetriebswerk, das an die B 75 angebunden werden muss, sehe ich eine Chance zu einer vernünftigen Lösung.

In Ahrensburg stehen viele Läden leer. Braucht die Stadt einen Ladenflächenmanager, der – wie in Bad Oldesloe – zu einer Verbesserung der Situation beitragen könnte? Oder sind die Vermieter in Ahrensburg schlichtweg unverschämt?

Sarach:

Nehmen wir mal den Leerstand am Rondeel. Wir hatten diverse Anfragen dazu, haben mehrere Gespräche vermittelt. Immer wieder kam die Rückmeldung: Das ist uns viel zu teuer. Die Kritik, die Mieten seien zu hoch, kommt immer wieder.

Eine Vermittler zwischen Vermietern und Gewerbetreibenden könnte helfen, den Leerstand zu verringern.

Sarach:

Ich möchte sehen, wer das hier schafft. Grundsätzlich bin ich offen für so etwas, aber das wäre doch eine tolle Aufgabe für die hier ansässigen Einzelhändler, also für das Stadtforum.

Formulieren Sie bitte Ihren größten vorweihnachtlichen Wunsch für Ahrensburg im Jahr 2014.

Sarach:

Der Umgang miteinander, insbesondere zwischen Politik und Verwaltung, sollte wieder ein bisschen gepflegter werden. Das wünsche ich mir.

Also sind auch dreieinhalb Jahre nach Ende der Ära Pepper die Gräben zwischen Politik und Verwaltung noch nicht geschlossen?

Sarach:

Ich habe im Moment das Gefühl, dass es wieder gekippt ist. Ich hatte schon den Eindruck, dass wir auf einem guten Weg sind. Aber zurzeit legen einige Politiker ein Verhalten an den Tag, das ich noch nicht so richtig einsortieren kann. Bei aller fachlicher Diskussion – ich wünsche mir, dass ein gewisser Stil gepflegt wird.

Das klingt so, als sei Michael Sarach dünnhäutiger geworden.

Sarach:

Ich glaube schon, dass ich ein dickes Fell habe. Aber wenn man dreieinhalb Jahre – nein, ich meine die letzten eineinhalb Jahre – immer nur auf die Mütze bekommt, wird man gelegentlich auch dünnhäutiger. Vor allem wenn ich das Gefühl habe, dass das aus Prinzip geschieht, oder weil man mich persönlich treffen will. Das ist keine gute Ebene.

Diejenigen, über die Sie jetzt sprechen, wissen, wer damit gemeint ist?

Sarach:

Das denke ich schon.