Besinnliches von Frank Knittermeier

Ich zum Beispiel bin in der Familie als übler Krückenkäufer verschrien. Meine Hauptaufgabe ist deshalb das Chauffieren des Autos, allenfalls noch die des Baumhochstemmens auf das Wagendach. Freundlich gesagt: Ich werde geduldet. Weil jeder, der die Absicht hat, Weihnachten mindestens 30 Minuten im Wohnzimmer zu verweilen, ein Mitspracherecht beansprucht, rauschen wir mit drei Autos auf den Hof des Tannenbaumverkäufers. Da zu befürchten ist, dass es während des Aussuchens zum Familienstreit kommen könnte, ist der Entschluss, den ganzen Fuhrpark einzusetzen, auch eine Art Schutzmaßnahme. Man weiß ja nie, wer anschließend noch mit wem redet. Und überhaupt kann man sich so im Ernstfall besser aus dem Weg gehen. Als sich sämtliche Familienmitglieder mit Anhang und zwei Hunden aus den Autos schälen, fällt mein Blick auf den Baum, der am nächsten steht: Keine zehn Meter vom Auto entfernt und perfekt. Ich drehe ihn triumphierend: edel! Dann bemerke ich den Spott in den Augen der anderen. Die Hunde wedeln nur müde und trotten weiter. Während die Familie ausschwärmt, halte ich meinen Baum eisern fest und verteidige ihn gegen andere Interessenten. Eine mitleidige junge Dame bringt mir einen heißen Kakao, von der Familie ist weit und breit nichts zu sehen. Gut 45 Minuten verharre ich, dann tauchen die anderen wieder auf. Missmutig und ohne Ergebnis. Nach Hause fahren wir schließlich mit meinem Baum. Es hätte der schnellste Weihnachtsbaumkauf in der Familiengeschichte werden können. Aber auf mich hört ja keiner.