Karin Gleu geht gern zur Arbeit. Und das, obwohl die 45-Jährige dabei oft abschätzig angeschaut und immer wieder angepöbelt wird. Dann nämlich, wenn sie Strafzettel hinter die Scheibenwischer von falsch geparkten Autos klemmt.

Karin Gleu ist Politesse, ihr Revier ist Reinbek.

Seit fast neun Jahren kümmert sie sich in der Schlossstadt mit ihrer Kollegin Heike Schenk um die „Überwachung des ruhenden Verkehrs“, wie es offiziell heißt. Karin Gleu ist eigentlich Technische Zeichnerin. Als sie nach dem Mutterschutz in ihrem Job nicht mehr gebraucht wurde, bekam sie von einer Nachbarin den Tipp, sich im Reinbeker Rathaus bei der Verkehrsaufsicht zu bewerben.

„Ich glaube niemand hat von klein auf den Wunsch, Politesse zu werden. Ich ja auch nicht“, sagt sie. „Aber ich hatte nie Vorurteile oder Bedenken gegenüber dem Beruf. Deswegen habe ich es einfach mal versucht. Und Glück gehabt.“

Man müsse auf jeden Fall ein dickes Fell haben, wenn man diese Arbeit mache, gibt Karin Gleu zu. „Für viele Menschen sind wir die Bösen. Dabei sorgen wir doch nur für Ordnung und achten darauf, dass die Regeln eingehalten werden“, sagt die Politesse. Aber viele Parksünder reagieren uneinsichtig, manche werden aggressiv und werfen ihr und Kollegin Heike Schimpfworte an den Kopf. „Die möchte ich hier aber nicht wiederholen“, sagt Karin Gleu und lacht.

Die Reinbekerin wirkt auch sonst ziemlich entspannt und ausgeglichen. Doch vor allem in der Anfangszeit haben sich die beiden Parkraumüberwacherinnen, wie sie im Amtsdeutsch genannt werden, besonders wüste Beschimpfungen sehr zu Herzen und am Feierabend mit nach Hause genommen.

„Das hat mich echt fertiggemacht. Vor allem, wenn die Menschen mich persönlich angegriffen haben“, erzählt Heike Schenk. Ein Stressbewältigungsseminar hat der 55-Jährigen geholfen. Dort habe sie gelernt, wie sie in schwierigen Situationen richtig reagiert. „Heute lasse ich mich nicht mehr so leicht aus der Ruhe bringen. Außerdem hilft es sehr, sich mit den Kollegen auszutauschen. Wir sind ein gutes Team und muntern uns gegenseitig immer wieder auf.“

Beide Frauen genießen es, ihre Arbeitszeit weitestgehend frei einteilen zu können, viel an der frischen Luft und mit Menschen in Kontakt zu sein. „Es gibt nämlich auch sehr nette Begegnungen. Deswegen macht unser Job uns wirklich Spaß“, so Gleu. „Die machen all die Pöbeleien, die wir uns gefallen lassen müssen, wieder wett.“