Reinbeker, Oldesloer und Großhansdorfer demonstrieren in Hamburg

Ahrensburg/Hamburg. Seit drei Wochen steht ihre Großmutter jeden Tag auf dem Maidan, dem Unabhängigkeitslatz in Kiew. Jetzt beteiligt sich die vier Jahre alte Maria selbst an den Protesten gegen die ukrainische Regierung – von Deutschland aus. „Ich liebe Ukraine“, steht auf einem Schild das an einem Band um Marias Hals hängt. Gemeinsam mit ihrer Mutter, der Großhansdorferin Ludmilla Neuhauss, und weiteren Stormarnern hat das Mädchen am Sonntag an einem Demonstrationszug unter dem Titel „Euromaidan“ durch die Hamburger Innenstadt teilgenommen. Zeitgleich gab es Aktionen in anderen Großstädten.

„Wir haben ein Ziel: Die Regierung in Kiew muss weg“, sagt Ludmilla Neuhauss, die ihren Mitstreitern Schleifen in den Farben der Ukraine – Gelb und Blau – ansteckt. „Unser Land soll frei werden von der Diktatur“, sagt die Großhansdorferin.

Die Demonstranten haben sich am Theodor-Heuss-Platz in Hamburg getroffen, um von dort aus über Gänsemarkt, Jungfernstieg und Ballindamm durch die Innenstadt zu ziehen. Einige schieben Kinderwagen. Unter den Protestlern sind auch viele Deutsche: Als Ehepartner oder Arbeitskollegen unterstützen sie den Widerstand.

Nach einer Kundgebung beginnt der Protestzug mit der ukrainischen Nationalhymne. Die Demonstranten singen. „Das ist ein Zeichen an unsere Familien und Freunde in Kiew“, sagt Ludmilla Neuhauss. „Auf dem Platz der Unabhängigkeit wird die Hymne jede halbe Stunde angestimmt.“

Seit fast einem Monat demonstrieren die pro-westlichen Ukrainer um Oppositionsführer und Boxweltmeister Wladimir Klitschko täglich auf dem Maidan. Viele von ihnen fordern den Rücktritt des Präsidenten Viktor Janukowitsch. Als Antwort darauf demonstrieren seit dem vergangenen Wochenende aber auch Anhänger des russlandfreundlichen Regimes.

Viele der Demonstranten haben Verwandte und Freunde in Kiew

„Meine Freunde in Kiew stehen jeden Tag auf dem Platz, um gegen Janukowitsch zu protestieren“, sagt Yana Harder aus Reinbek, die mit ihrem Mann Alexander und Sohn Taras an der Kundgebung in Hamburg teilnimmt. „Wir können gerade nicht in der Ukraine sein, wollen den Protest aber von hier aus unterstützen“, sagt die Stormarnerin, die sich in eine blau-gelbe Flagge gehüllt hat. „Die Menschen in meiner Heimat haben Angst, weil sie ihre Meinung nicht frei äußern dürfen.“

Yana Harders Eltern, Geschwister und weitere Familienmitglieder leben in der Ukraine. „Sie arbeiten in der Landwirtschaft und unterstützen die Demonstranten mit Lebensmitteln.“

Viele derer, die an der Kundgebung gegen die ukrainische Regierung in Hamburg teilnehmen, haben Familienangehörige und Freunde in der Ukraine. „Meine Schweigereltern leben in Kiew“, sagt Daniel Böttcher. Der Präsident, so meint er, habe die Augen vor der Wirklichkeit verschlossen und höre dem Volk nicht zu.

Daniel Böttcher ist mit Ruslana und André Böttcher und den Kindern Erika, 2, und Bogomir, 3, aus Bad Oldesloe angereist. Die Stormarner stammen aus Kiew und Odessa. „Wir sprechen zurzeit sehr häufig über Skype und Telefon mit unseren Verwandten in der Ukraine“, sagt Ruslana Böttcher, die seit April 2012 in Deutschland lebt.

Warum sie an der Kundgebung teilnehme? „Ich will, dass Präsident Janukowitsch abtritt. Die Ukraine braucht eine neue Regierung, die für ein Abkommen mit der Europäischen Union ist.“

„Lass Ukraine nicht alleine“ steht auf vielen Spruchbändern. „Das ist ein Appell an Europa und an die deutsche Regierung“, sagt Ludmilla Neuhauss, die ihre Tochter Maria im Kinderwagen schiebt. Sie rückt den Kopfschmuck aus bunten Plastikblumen zurecht, den die Vierjährige trägt, ein Teil der ukrainischen Tracht. Marias „Babuschka“, so sagt Ludmilla Neuhauss, steht auch heute wieder auf dem Maidan.