Ein 28 Jahre alter Mann steht in Lübeck wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht

Lübeck. Vor dem Landgericht in Lübeck hat der Prozess gegen einen Mann begonnen, der einem Bekannten mit einem Fleischerbeil auf den Kopf geschlagen hat. Die Anklage lautet auf versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Adam Kowalski (Namen geändert), ein 28 Jahre alter gebürtiger Pole, hat am 14. Juni gegen Mitternacht in Großhansdorf Marcin Kaczmarek, 48, schwer verletzt. Kowalski und Kaczmarek sitzen sich an diesem Tag im Gerichtssaal gegenüber, Kaczmarek tritt als Nebenkläger auf. Während die Anklage verlesen wird, schaut er auf seine Hände. Auf seiner Glatze ist eine Narbe zu sehen, vermutlich von der Klinge, die am Tattag vier Zentimeter tief in sein Gehirn eindrang. Eine Lähmung des rechten Beines und eine Blasenentleerungsstörung seien Folgen der Verletzung, so der Staatsanwalt. Beides hätten die Ärzte mildern können.

Adam Kowalski sagt eingangs: „Es tut mir auf jeden Fall leid, ne, was ich getan hab’.“ Was er getan haben soll – und wohl auch hat, denn er bestreitet es nicht – beschreibt er so: „Ich war mit Freunden bei meiner Mutter in der Wohnung, und wir haben getrunken und Marihuana geraucht. Herr Kaczmarek hat mir zwei Schläge auf den Hinterkopf gegeben. Ich bin in die Küche und habe das Beil genommen, eigentlich wollte ich einen anderen Gegenstand nehmen, und ich wollte ihn auch nicht am Kopf treffen, sondern an der Schulter.“ Es tue ihm leid. „Sie schildern das mit dürren Worten“, sagt der Richter Christian Singelmann, „warum haben sie das denn gemacht?“ Im Affekt, sagt der Angeklagte. „Das entscheiden wir“, sagt der Richter.

Worum es genau in dem Streit ging, wird aus den Aussagen des Angeklagten nicht klar. Dass der Konflikt zwischen den beiden schon länger besteht, hingegen schon. Das Opfer sei sieben Jahre lang der Partner seiner Mutter gewesen, sagt der Angeklagte. Es habe häufig Ärger gegeben, immer unter Alkoholeinfluss. Auch bei seiner Festnahme hatte der Angeklagte 2,02 Promille im Blut. Kowalski habe Kaczmarek bereits zuvor ein Stück Haut aus dem Oberschenkel gebissen und ihn mit einer Flasche geschlagen. „Er hat meine Mutter beleidigt und genötigt. Wenn er betrunken ist, provoziert er und wird aggressiv.“ Dies bestätigt ein Polizist, der als Zeuge geladen ist. Er sei mehrfach wegen Kaczmarek bei Einsätzen gewesen, dieser sei stets alkoholisiert und aggressiv gewesen. Zum Zeitpunkt der Tat habe auf Antrag der Mutter eine einstweilige Verfügung gegen ihn vorgelegen, die Mutter habe ihn trotzdem eingelassen. Das Verhältnis zwischen der Mutter und Marcin Kaczmarek scheint schwierig. „Am Tattag war der Geschädigte bei der Mutter, weil sie ihm die Wäsche gewaschen hat“, erzählt Nicolai Preuß, der Anwalt des Angeklagten. Ein Liebespaar aber seien die beiden nicht mehr. „Zwischen den Männern scheint eine Art Konkurrenzverhalten zu bestehen, so habe ich die Mutter verstanden“, sagt er. „Im Vordergrund steht aber das Alkoholproblem.“

Während der Verhandlung betonte der Angeklagte, wie schwer seine Kindheit gewesen sei. „Meine Mutter hat sich immer mehr um ihre Männer gekümmert als um mich“, sagt er. Auch wenn Kaczmarek unter Alkoholeinfluss aggressiv werde: „Er ist kein schlechter Mensch. Ich wollte ihn nicht töten, ich wollte ihm nur eine Lektion erteilen.“

Die als Zeugen geladenen Polizisten bestätigen dies. Kowalski habe nach der Tat immer wieder gefragt, wie es Kazcmarek gehe und sei sehr erleichtert gewesen, als er erfuhr, dass dieser überlebt habe. Auch wenn sich der Angeklagte nicht mehr erinnern will: Bei seiner Vernehmung hatte er angegeben, ihm sei egal gewesen, wie gefährlich die Tat sei, er habe nur gewollt, dass Kaczmarek still sei.

Ob der Vorwurf der Heimtücke zutrifft, ob Kowalski das Beil versteckt hat, soll sich im Laufe der Verhandlung zeigen, sie wird im Januar fortgesetzt.