Landrat und Ministerpräsident streiten um die geplante Änderung des kommunalen Finanzausgleichs

Bad Oldesloe. Sie duzen einander und reichten sich zum Abschied die Hände, doch der Schein trügt. Denn Freunde werden Stormarns Landrat Klaus Plöger und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) so schnell nicht. Mehr noch: Die beiden gerieten beim Antrittsbesuch des Landesfürsten in Bad Oldesloe während des einstündigen Gesprächs, an dem auch Kreispräsident Hans-Werner Harmuth (CDU) teilnahm, gehörig aneinander. Grund sind die unterschiedlichen Positionen bei der Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs. Der eine, Plöger, will den Gesetzentwurf von Innenminister Andreas Breitner (SPD) so nicht akzeptieren, weil sein Kreis überproportional belastet werde. Der andere, Albig, ist offenbar zu keiner Kompromisslösung bereit. Stormarns Landrat: „Ich hatte die Hoffnung, dass wir ein Stück weiterkommen. Ich wollte Brücken bauen, doch das ist nicht angenommen worden.“ Albig sprach von einer „heftigen Debatte“.

Während Plöger dem Ministerpräsidenten die Leviten las, sparte auch Harmuth nicht mit Kritik: „Man kann starke Schultern belasten, aber demjenigen nicht gleich die Beine wegreißen. Wir haben nicht das Gefühl, dass wir mitgenommen werden.“ Der Kreis Stormarn gehört zu den großen Verlierern der geplanten Reform, die im Sommer 2014 im Landtag verabschiedet und 2015 in Kraft treten soll. Dabei geht es um sehr viel Geld, dass umverteilt werden soll: nämlich 17,7 Prozent der Steuereinnahmen Schleswig-Holsteins, das sind derzeit 1,2 Milliarden Euro. Diese Summe weist das Land den Kommunen zu. „Nach dem vorliegenden Entwurf verlieren der Kreis Stormarn und seine Kommunen 13 Millionen Euro jährlich“, sagt Plöger.

Als besonders ärgerlich empfindet er die Tatsache, dass eine überarbeitete Fassung der Novelle aus dem November vorsieht, zusätzlich zehn Millionen Euro vom kreisangehörigen Bereich an die kreisfreien Städte wie Lübeck, Flensburg oder auch Kiel umzuleiten, die ohnehin Gewinner der Reform sind. Städte wie Reinbek, Ahrensburg oder Gemeinden wie Barsbüttel, Bargteheide und Oststeinbek müssten demnach noch mehr bluten. Laut aktueller Planung würde zum Beispiel Reinbek jährlich 750.000 Euro an Zuweisungen verlieren, 120.000 Euro mehr als die erste Fassung des Gesetzentwurfs im September vorgesehen hatte. Bürgermeister Axel Bärendorf rechnet mit einer Erhöhung der Kreisumlage um zwei Punkte und daher mit zusätzlichen Verlusten in Höhe von 500.000 Euro pro Jahr. Landrat Plöger: „Es wurden Rückmeldungen in Kiel gesammelt. Doch die Korrektur hat die Situation nicht verbessert. Sie ist sogar angespannter als vorher.“

Städte und Gemeinden im Kreis wappnen sich bereits jetzt für 2015 – und belasten ihre Bürger zusätzlich. So wird Oststeinbek im kommenden Jahr die Grundsteuer von 200 auf 295 Prozentpunkte erhöhen. Glinde schröpft sogar die Hundebesitzer. Halter von Vierbeinern müssen künftig 90 statt 62 Euro per anno bezahlen. Bürgermeister Rainhard Zug hatte sogar nahegelegt, die Steuer für den ersten Hund auf 110 Euro hinaufzusetzen. Über weitere Maßnahmen, zusätzliches Geld zu generieren, wird in den jeweiligen Ausschüssen der Kommunen diskutiert.

Ministerpräsident Albig lobte Stormarn zwar als „einen Kreis mit Vorbildfunktion in Deutschland“, Hoffnung auf grundlegende Änderungen beim Gesetz konnte er den Kommunen aber nicht machen. Albig: „Die Probleme in Stormarn sind mir bewusst, doch hier ist die ökonomische Lage besonders gut. Wir wollen die städtischen Räume nicht gegen die ländlichen ausspielen. Für mich ist entscheidend, wie wir die Verwerfungen im Land wieder in die Balance bekommen. Schleswig-Holstein ist zu klein, um sich desperat aufzustellen.“ Übersetzt heißt das: Plöger kann sich drehen und wenden, wie er will. Der Landesfürst hält an seinem Standpunkt fest und damit basta.

Kreispräsident Harmuth machte deutlich, vom Solidarprinzip auch gar nicht abrücken zu wollen. Doch Städte wie Lübeck mehr Geld zukommen zu lassen, löse nicht das Problem. „Hier geht es auch um die Ausgabendisziplin. Und dafür benötigen wir beim kommunalen Finanzausgleich Kontrollmechanismen, die nicht zu erkennen sind.“ Der Kreis Stormarn habe seine Hausaufgaben in den vergangenen 20 Jahren gemacht, andere nicht. Noch mehr einsparen könne man nicht. Harmuth: „Ich erwarte jetzt, dass die kommunale Familie mitgenommen wird. Die Bürgermeister und Kämmerer müssen das neue Gesetz verstehen. Und das tun sie derzeit nicht.“

Für Plöger ist das Maß inzwischen voll. Er droht: „Jetzt kommen die Waffen auf den Tisch.“ Der Landrat wird alles dafür tun, damit das Gesetz in seiner jetzigen Form nicht verabschiedet wird. Für Albig könnte es knapp werden im Sommer. Die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und Südschleswigscher Wählerverband (SSW) verfügt nur über eine Stimme Mehrheit im Landtag. Der Ministerpräsident benötigt also die maximale Unterstützung. „Und ich bezweifle, dass er die Grünen komplett an Bord hat“, sagt Plöger.

Albig hat da keine Bedenken: Das Gesetz, welches er einbringe, werde eine Mehrheit haben. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident: „Der Kompromiss wird nur etwas taugen, wenn alle merken, dass sie leiden.“