Die Lütjenseer Vorschule Startklar bereitet Kinder spielerisch auf deren neuen Lebensabschnitt vor. Zweite Gruppe startet

Lütjensee. 14 Gegenstände liegen auf dem Boden, einen weiteren hat Anni hinter ihrem Rücken versteckt. Sie kichert. „Welcher Gegenstand fehlt“, will Carolin Schulze wissen. Luca meldet sich angestrengt und versucht, in ihr Blickfeld zu rücken. Dann, die Erlösung, sein Name fällt. „Die Haselnuss“, ruft er außer Atem.

Im Sommer soll der Sechsjährige eingeschult werden. Seit August wird er auf das, was ihn dann erwartet – Unterricht, lernen, zuhören – vorbereitet. Mit elf weiteren Kindern besucht er die Vorschule Startklar, die Inka Kist und Carolin Schulze in Lütjensee gegründet haben. Sie haben seit der Eröffnung im Sommer viel Zuspruch erfahren, im Januar soll eine zweite Gruppe starten, für die es bereits Anmeldungen gibt.

„Die Kinder sollen erfahren, dass lernen Spaß machen kann“, sagt Inka Kist, die früher als Lehrerin an einer Hamburger Vorschule gearbeitet hat. Ein mit dem der Hansestadt vergleichbares, staatliches Angebot gibt es in Schleswig-Holstein nicht. „Wir studieren mit den Kindern schultypische Verhaltensformen ein, um sie vorzubereiten“, sagt Kist. Der Kindergarten könne das aufgrund seiner Strukturen nicht leisten.

Der Vorschulkursus, der immer freitags von 14 bis 17 Uhr in Lütjensees Dorfgemeinschaftshaus stattfindet, verläuft immer nach einem speziellen Muster. „Wir arbeiten nach dem Prinzip des ganzheitlichen Lernens und wollen, dass alles ineinander übergeht“, sagt Kist. „Dafür setzen wir jedes Mal einen anderen Schwerpunkt.“ Derzeit lesen Kist und Schulze aus dem Kinderbuch „Ich bin ich“ vor, im Anschluss basteln die Kinder selbst eines der Tiere, die aus Stoff bestehen und deren Beine und Gesichter mit Knoten abgetrennt werden. „Mit Knoten beschäftigen wir uns zurzeit sehr viel“, sagt Schulze.

Aber bevor die Motorik gefragt ist, beginnt der Unterricht mit einer Begrüßungsrunde. Die Handpuppe Rudi, ein Vogel, schüttelt jedem Kind die Hand. Dann spricht Carolin Schulze laut und deutlich die Initialen der Kinder in Lauten. Wer sich angesprochen fühlt, meldet sich und darf erzählen, was er während der Woche erlebt hat. Die Palette ist vielfältig: Vom knappen „nix“ reicht sie sie über „bei Oma übernachtet“ und „einen Piraten gemalt“ bis zur ausführlichen Erläuterung des Weihnachtswunschzettels.

Kist und Schulze haben Geduld. „Die Kinder sollen ins Reden kommen und von sich erzählen“, sagt Carolin Schulze, die früher an einer Schule für geistig Behinderte gearbeitet hat. „Die Kinder sind stolz, wenn sie etwas Neues gelernt haben.“ Vor allem im sprachlichen Bereich und in der Motorik sei der Lernbedarf bei Kindern im Vorschulalter hoch.

Damit auch die Eltern sehen, wie der Unterricht abläuft, dürfen sie manchmal bei dem Kursus hospitieren. „Den Eltern soll klar werden, wie unser Unterricht abläuft“, sagt Schulze.

Nachdem sie in einem Kreis ein Zahlen-Lied gesungen haben, setzen sich die Kinder an den Tisch und holen ihre Mappen hervor. Jetzt werden Hausaufgaben kontrolliert, die allerdings auf freiwilliger Basis gemacht werden. Die Jungen und Mädchen holen ihre aus Kastanien gebastelten Rechenketten hervor. Luca wird unruhig, sein Lieblingsteil des Unterrichts beginnt. „Luca findet die Vorschule fantastisch“, sagt die Mutter des Sechsjährigen, Grit Fieler, die Inka Kist aus Lütjensee kennt. „Sie ist sehr offenherzig und geradlinig und weiß mit Kindern umzugehen.“

Die alleinerziehende Mutter findet die „langsame und gezielte Vorbereitung“ auf die erste Klasse „toll“. „Ich würde es absolut begrüßen, wenn der Unterricht mehrmals die Woche stattfände. Das Interesse der Landespolitik an einem solchen Angebot ist aber offenbar nicht vorhanden.“ Das Interesse der Bevölkerung an einer Vorschule sei dagegen enorm, da ist sich Fieler sicher. „Frau Kist und Frau Schulze haben mit der Vorschule etwas umgesetzt, was dringend notwendig war und in Stormarn in dieser Form gefehlt hat.“

Mit sechs Jahren hätten die meisten Kinder wenig Lust, im Kindergarten mit den teils Jahre Jüngeren zu spielen. „Sie wollen gefördert werden. Das merke ich ganz deutlich, wenn ich sehe, wie enthusiastisch Luca dem Vorschulunterricht folgt“, sagt Grit Fieler.

Die ganz praktische Vorbereitung wartet Anfang kommenden Jahres auf die Kinder: Auf freiwilliger Basis können sie an einem Schulreifetest teilnehmen. „Darin werden die Merkfähigkeit, grafomotorische Fähigkeiten und die Psychomotorik abgefragt“, sagt Carolin Schulze. Ein Teil des Test bestehe auch aus ganz praktischen Dingen, wie dem eigenständigen Anziehen. Spätestens bei den Schuhbändern werden dann wieder die Knoten ins Spiel kommen.