Anwohner der Mühlenstraße müssen sich beteiligen. Verwaltung nennt keine Zahlen

Glinde. Lange Diskussionen waren eigentlich nicht erwünscht. Die außerordentliche Sitzung des Glinder Bauausschusses am Donnerstagabend sollte allein der Information dienen und den Anwohnern die Möglichkeit geben, Fragen und Anmerkungen sachlich vorzubringen. Bürgermeister Rainhard Zug ahnte wohl schon bei seinen einleitenden Worten, dass es auch ganz anders kommen könnte.

Denn bereits im Vorfeld hagelte es Kritik an der Vorgehensweise der Stadtverwaltung. Der Vorwurf: Sie habe die Anwohner erst nach dem Beschluss über das Bauvorhaben informiert und somit einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Darum geht es: In zwei Abschnitten soll die Mühlenstraße ausgebaut werden:. Der erste Teil verläuft von der Möllner Landstraße bis Zur Bek, der zweite von der Einmündung des Kupfermühlenwegs bis zum Verbindungsweg. Die Ausbaustrecke misst insgesamt rund 900 Meter. Geplant sind neben einer neuen Fahrbahn auch Geh- und Radwege, Parkstreifen und eine neue Beleuchtung, die die Straße ebenso wie die Bürgersteige ausleuchtet.

Anhand einer Powerpoint-Präsentation erläuterte Christoph Krüger, Geschäftsführer des Ingenieurbüros Wasser- und Verkehrs- Kontor GmbH (WVK), welche Veränderungen vorgenommen werden sollen. Schließlich legte er die Kosten offen: Der erste Abschnitt schlägt mit 250.000 Euro zu Buche, der zweite Abschnitt mit 1.108.000 Euro. An der Gesamtsumme sollen die Anlieger finanziell beteiligt werden. So sehen es das Kommunalabgabegesetz und die Glinder Straßenbaubeitragssatzung vor.

„Als Gemeinde sind wir gesetzlich verpflichtet, die Bürger mit zu veranlagen“, so Bauamtsleiter Frank Thiemann, und meint damit die Beteiligung an den Kosten. „Wir machen das nicht, um sie zu ärgern.“

Dass die Anlieger für den Umbau zahlen müssen, ist laut Wilfried Trudrung auch nicht das Problem. Der Glinder wohnt in der Mühlenstraße 88. „Es geht darum, dass wir nicht rechtzeitig informiert und in die Planungen mit einbezogen wurden. Man muss doch im Vorfeld miteinander sprechen und gemeinsam prüfen, ob und welche Maßnahmen überhaupt sinnvoll sind.“

Trudrung hat mit drei weiteren Nachbarn eine Interessengemeinschaft initiiert. Sie sammelten Unterschriften, luden die Stadtverwaltung mehrmals zu einer gemeinsamen Begehung ihrer Straße ein. „Etwa 90 Prozent der Anwohner sind gegen die geplanten Ausbauaktionen. Das spricht doch für sich. Leider kam es nie zu einem Treffen vor Ort. Das ist schade, denn das wäre Bürgernähe, wie wir sie uns wünschen.“

Dass der an vielen Stellen marode Zustand der Mühlenstraße behoben werden muss, steht auch für Trudrung außer Frage. Eine reine Instandsetzung sei jedoch – für Stadt und Anlieger – weit kostengünstiger. „Das dann eingesparte Geld sollte lieber an anderen Stellen eingesetzt werden.“

Wie viel die Einwohner bei der Umsetzung der jetzigen Pläne letztendlich bezahlen müssten, wurde bei der Sitzung nicht beantwortet. Dabei war das die Frage, die den meisten Anwohnern unter den Nägeln brannte. Auch Arne Zeuke. „Wenn das die Verwaltung nicht sagen kann oder will, können die politischen Vertreter dann nicht dafür sorgen, dass uns die Zahlen zugänglich gemacht werden?“

Das wünscht sich die 29-jährige Sylvia Nohr ebenfalls. Mit Anfang 20 kaufte sich die Schauwerbegestalterin eine Doppelhaushälfte in der Mühlenstraße. „Gerade ich als junger Mensch brauche Planungssicherheit“, sagt sie. „Für mich ist enorm wichtig zu wissen, ob eine Rechnung von 1.000 oder 10.000 Euro auf mich zukommt. Im schlimmsten Fall ist meine gesamte Existenz bedroht.“

Ihre dringende Bitte nach mehr Transparenz wurde durch lauten Applaus der rund 100 anwesenden Bürger unterstützt. Doch Bürgermeister Zug ließ sich auf keinen Betrag festnageln. „Die veranlagungsfähigen Kosten können noch nicht beziffert werden“, betonte er mehrmals. Diese würden erst am Ende der Baumaßnahme feststehen.

„Wenigstens eine Beispielrechnung hätte er uns geben können“, bedauerte Sylvia Nohr. „Ich kann einfach nicht verstehen, dass es nicht möglich ist, wenigstens grobe Zahlen zu nennen. Es gibt doch sicherlich genügend Vergleichsfälle, die man als Grundlage heranziehen kann.“

Auch Wilfried Trudrung ist dieser Meinung. Er fühlt sich als Bürger nicht ernst genommen. Und doch bleibt der engagierte Glinder weiterhin hoffnungsvoll, dass sich die festgefahrene Situation wieder entschärft. „Wir wollen nicht streiten, sondern einen Konsens finden. Das ist unser Ziel.“

Nach der zweistündigen Sitzung fasste Rainhard Zug noch einmal alle Anmerkungen der Bürger zusammen. „Wir werden innerhalb der Fraktionen über jeden einzelnen Punkt reden und ihn prüfen“, versprach er den Anwohnern. Die Ergebnisse werden am 9. Januar 2014 in der nächsten öffentlichen Sitzung des Bauausschusses verkündet.

„Ich bin gespannt, wie es weitergeht“, sagt Sylvia Nohr. „Ich wohne gerne in Glinde und wünsche mir, dass ein Weg gefunden wird, mit dem wir alle leben können.“