Eine Glosse von Lars Hansen

Ich bin keiner von diesen „Früher-war-alles-besser“-Sagern. Früher waren zum Beispiel zwei Weltkriege und keine Demokratie. Manchmal wünsche ich mir allerdings doch etwas zurück, das in der Gegenwart durch Abwesenheit glänzt.

Das Frollein vom Amt zum Beispiel. Heerscharen helfender Hände stöpselten einst Telefonverbindungen zusammen, lasen Telefonbücher entfernter Orte und halfen. Vor allem: Man hatte einen Ansprechpartner. Beziehungsweise Ansprechpartnerin, denn die Mehrheit der Mitarbeiter mit Kundenkontakt war bei den Fernmeldeämtern weiblich. Man hatte Angst, dass Männer sich eher mal im Ton vergreifen würden. So aber wurde man stets freundlich und meist hilfsbereit behandelt – und damit man endlich auflegte, wurden Probleme gelöst.

Heute? Das Frollein vom Amt ist die Stimme vom Band. Es täte ihr leid, dass man warten müsse, sagt sie und bittet um Geduld. Schon der Ton verrät, dass es der Sprecherin kein Stück leid tut. Wie auch? Die Besitzerin der Stimme saß früher in einem Studio und sprach den Satz für dreißig D-Mark ein. Die hat mich ja gar nicht an der Strippe. Vielleicht lebt sie schon gar nicht mehr, während ihre Stimmaufzeichnung ein beliebiges Telekommunikationsunternehmen personifiziert. Und die Geduld, um die sie bittet, muss man eimerweise haben. Ich habe schon von Leuten gehört, die Schichtdienst an der Warteschleife schoben.

Ich lebe nicht im Einst. Aber ich finde: Ein Telefonunternehmen, das man nicht anrufen kann, stellt sich selbst ein Armutszeugnis aus.