Bank-Geheimnisse: Wir treffen Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Jörg Schumacher, der „Herr der Stiftungen“

Grabau. Die Herbstsonne wirft ein sanftes Licht auf die Bäume am gegenüberliegenden Ufer des Grabauer Sees. Blätter schweben auf Dächer kleiner, leer stehender Holzhäuser herab. Geschaffen wurden sie für kleine Menschen – für Grundschüler, die hier die Natur kennen- und lieben lernen sollen. An diesem kühlen Herbstnachmittag ist das Gelände aber – fast – verlassen. Doch die Kälte ist vergessen, sobald Jörg Schumacher auftaucht. Denn der 52-Jährige brennt. Innerlich natürlich. Für seine Sache. Kaum hat er sich auf die Holzbank aus grob geschnitzten Baumstämmen gesetzt, die auf einer Böschung nahe dem See steht, regt er sich auf über die Zerstörung der Schöpfung, über Verwerfungen in der Gesellschaft, die er hilft auszubalancieren.

Schumachers Büro ist in einem Holzhaus am See

„Wir sind doch die eigentlichen Umweltzerstörer“, braust Schumacher auf, „nicht China oder andere aufstrebende Ökonomien.“ Denn diese Länder produzierten ja Güter, die die Menschen in Europa, in den USA oder in Japan haben wollten, verpesteten deshalb die Luft immer mehr mit Kohlendioxid. „Wir müssen einen anderen Umgang mit unserer Umgebung lernen“, sagt der Geschäftsführer der Stiftungen der Sparkasse Holstein. Und da setze das Naturerlebnis Grabau an.

Schumacher ist häufig hier. Quasi berufsmäßig. Denn das Büro der Stiftungen ist gleich nebenan in einem Holzhaus. Es ist etwas größer als die Kotas für die Kinder, die von Pädagogen durch die Umgebung geführt werden. Auch von dort schaut Schumacher auf den See, der seit ein paar Jahren nicht mehr, wie so viele andere Gewässer dieser Region, abgelassen und abgefischt wird. „Dann gefriert nämlich auch der Grund und tötet beispielsweise die Eier der Libellen“, erklärt Schumacher. Jetzt gebe es wieder deutlich mehr dieser Insekten hier. „Dazu muss man wissen: Libellen sind Leittiere, ihre Zahl spiegelt die Vielfalt der Flora und Fauna wider.“

Schumacher ist von Haus aus aber kein Umweltaktivist, sondern Banker. Er organisierte maßgeblich die Fusion der Sparkasse Stormarn mit der Sparkasse Ostholstein zur Sparkasse Holstein mit, die zum Jahresbeginn 2006 vollzogen wurde. Dabei verfasste er unter anderem ein Strategiepapier zu den Stiftungen des neuen Kreditinstituts – nicht ahnend, dass er knapp ein Jahr nach dem Zusammenschluss selbst Herr über deren Geld sein würde. Ein Drittel der Gewinne, die aus den Synergieeffekten der Fusion entstehen, sollen für gemeinnützige Zwecke verwendet werden, legte Schumacher damals fest.

Als ehemaliger Leiter des Risikomanagements wusste er auch, wie er das Stiftungskapital gut anlegt, nämlich in langfristigen Anleihen. Bis heute erzielt die Stiftung laut Schumacher eine Rendite von rund fünf Prozent. Jährlich hat sie gut zwei Millionen Euro zur Verfügung, von denen bis zu 1,5 Millionen nach Stormarn fließen, da von dort auch mehr Kapital in die Stiftungen strömt als aus Ostholstein. „Aber von vielen Dingen, die in Stormarn entwickelt werden, hat auch Ostholstein etwas. Und umgekehrt“, sagt Schumacher.

Die Stiftungen kommen drei Bereichen zugute. Die Sparkassen Kulturstiftung ermöglicht Kunstprojekte wie etwa das Atelierhaus Trittau, aber auch Engagements für die Natur, den Umweltschutz und die Heimatpflege. Ihr gehört beispielsweise der Grabauer See. Die Sparkassen Stiftung kümmert sich um Sport, Bildung und Jugendhilfe. Sie kommt etwa für den Betrieb des Naturerlebnisses Grabau auf. Und die Sparkassen-Sozialstiftung gibt unter anderem Geld an die Tafeln in Ahrensburg und Glinde, an den Kinderschutzbund, das Frauenhaus in Ahrensburg und viele andere soziale Projekte. Unter den insgesamt rund 20 Stiftungen der Sparkasse Holstein sind zudem viele bestimmten Projekten gewidmet. Eine unterstützt beispielsweise den Kreisjugendring darin, das Jugendgästehaus am Lütjensee zu betreiben.

Oft ist er auch abends und an Wochenenden unterwegs

Entsprechend vielfältig ist auch der Tagesablauf Schumachers: „Morgens unterhalte ich mich etwa mit Künstlerinnen, mittags bin ich bei der Bauverwaltung in Bad Oldesloe, dann geht es vielleicht ins Denkmalschutzamt und abends noch zu einem Vortrag.“ Und oft ist er auch am Wochenende unterwegs. Seine Frau Christiane habe für den Zeitaufwand aber Verständnis, schließlich ist sie selbst ehrenamtlich tätig.

Wichtig ist für Schumacher, der 15Jahre Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Lübeck war, dass die Stiftungen freiwilliges Engagement unterstützen und die Projekte nachhaltig sind. „Bei vielen Dingen muss gefragt werden, was morgen wichtig ist.“ Bedeutend sei zudem, dass ein möglichst großer Kreis etwas von dem jeweiligen Projekt habe. Gleichzeitig kommt es Schumacher aber auch darauf an, „Dinge zu fördern, die nicht unbedingt den Zuspruch der Mehrheit haben“. Ausgeklügelte Förderleitlinien gebe es nicht, und es müssten auch nicht meterweise Antragsformulare ausgefüllt werden. „Aber ich muss merken, dass die Leute für ihr Thema brennen, die müssen Überzeugungstäter sein.“ Wen wundert’s?