Bank-Geheimnisse: In unserer Serie treffen wir Menschen auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Der scheidende Vorsitzende des Oldtimer-Clubs

Trittau. Ein Urteil über einen anderen Menschen kostet Michael Strunk eine Meile in dessen Mokassins. Zumindest in der Theorie, denn ein ähnlich lautendes Indianersprichwort gehört zu den Weisheiten, nach denen der 53-Jährige lebt, die „fast wie eine Bibel“ für ihn sind. Dass Strunk, der sein Haus in Trittau mit seiner Frau und sechs Krebsen (in einem Terrarium) teilt, tatsächlich irgendwann mal in Mokassins eine Meile oder auch nur ein paar Yards zurücklegt, erscheint eher unwahrscheinlich. Für die Schaufahrt mit seinem Trike trägt er jedenfalls schwarze Hausschuhe aus Gummi. Aber es geht ja auch nur um die Theorie.

„Trikefahren und Indianertum harmonieren perfekt für mich“, sagt Michael Strunk, der 1980 Mitglied des Motorsportclubs Trittau wurde und über die darin organisierte Tour de Nostalgie zum Oldtimer-Fan wurde. 16 Jahre später gründete er seinen eigenen Verein: den Oldtimer-Club Süd-Holstein.

Seinem liebsten Hobby, dem Trikefahren, widmet sich Strunk seit gut 20 Jahren. Die dreirädrigen Motorräder gehören seit 1999 zum Oldtimer-Club, dessen Vorsitz der gebürtige Trittauer nun aufgeben will. Michael Strunk sagt: „Ein Verein funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen. Es kann nicht angehen, dass der Vorstand alles allein organisiert, der Aufwand muss auch mit Engagement von Seiten der Mitglieder belohnt werden.“ Aber es falle ihm natürlich trotzdem sehr schwer, sich nach so langer Zeit vom Verein zu trennen. Der Trittauer sagt: „Der Club ist und bleibt mein Baby.“

Das Oldtimer- und Triketreffen, zu dem sich am ersten Juliwochenende jedes Jahres mehrere Hundert Besucher in Trittau einfinden, will Strunk weiterhin auf eigene Faust organisieren. „Mir ist es wichtig, dass das Treffen bestehen bleibt. Daran werde ich auch für die kommenden Jahre alles setzen.“ Dass bei dem Treffen, zu dem zuletzt mehr als 600 Gäste kamen, Oldtimer und Trikes gezeigt werden, findet der frühere Rallyefahrer nicht gegensätzlich: „Beides sind Raritäten. Die Zuschauer sollen etwas geboten bekommen.“ Sein Hobby anderen nahezubringen, darauf wolle er nicht verzichten. „Ich liebe es, verschiedene Menschen an einen Tisch und ins Gespräch zu bringen. Das erreiche ich nur bei den Treffen.“

Seine Oldtimer hat Michael Strunk verkauft, jetzt fährt er nur noch Trike

Was aus dem Oldtimer-Club nach seinem Weggang wird, wisse er nicht, sagt Strunk. „Unter dem bekannten Namen wird er wohl nicht weiter existieren.“ Er selbst habe schon vor längerer Zeit mit den Oldtimern „abgeschlossen“. Bei der Gründung des Vereins hatte Strunk noch eine Fiat 124 Limousine, Baujahr 1965, später einen Lloyd 400 aus dem Jahr 1955. Irgendwann verkaufte er auch den.

Heute fährt Michael Strunk nur noch Trike. „Das ist ein ganz anderes Leben, Triker sind wie eine große Familie.“ Sein Fahrzeug, ein Rewaco, sei der „BMW unter den Trikes“. Den „Mercedes“ stelle Boom her, die laut Strunk einzig vergleichbare Marke. Mit Frau, Trike und Wohnwagen fährt er häufig übers Wochenende zu Treffen. Für Ausfahrten – „sehen und gesehen werden“ – und zum Feiern. Die Nächte sind dabei „verdammt kurz“.

Kurz vor Halloween ging Strunk in Klosterfelde um fünf Uhr morgens ins Bett, „obwohl wir wegen der Zeitumstellung ja sogar eine Stunde geschenkt bekommen hatten“. Man treffe zu solchen Gelegenheiten wahre Freunde wieder, sagt Strunk, dessen jüngerer Sohn „eingefleischter Motorradfahrer“ ist. „Er ist aber unter Trikern aufgewachsen und hat unsere Mentalität.“ Der ältere Sohn interessiere sich kaum fürs Triken. „Der hat seinen Fußball.“

Der Wohnwagen der Familie, der vor der Garage steht, ist für spontane Wochenendausflüge immer abfahrbereit. Ärger gebe es bei solchen Treffen nie. „Wir Triker werden oft als Rocker abgetan, das ist aber gar nicht der Fall“, sagt Michael Strunk.

Auch optisch sieht er sich nicht in der Szene. Weniger Rocker, mehr Indianer. Strunks Frisur ist kaum weniger auffällig als Federschmuck. Ein dünner geflochtener Zopf legt sich um seine Schulter bis auf die Brust. Auf dem Hinterkopf sind die Haare kurz geschoren, ausrasierte, rot gefärbte Stellen erinnern an eine Sonne. Über Jeans und Jeanshemd trägt er einen schwarzen Kapuzenpullover, auf den Ärmeln sind Totenköpfe mit Federschmuck zu sehen. Auch seine Finger zieren Ringe in Totenkopfform, das Symbol findet sich auch in seinen Tätowierungen wieder. „Der Totenkopf ist eine Art Totem, er soll böse Geister fernhalten“, sagt Strunk.

Für seine Frau hat der Trittauer eine Sitzheizung installiert

Von bösen Geistern umgeben sieht er sein Trike allerdings nicht, auch wenn das rote Fahrzeug ebenfalls mit dem Schädel verziert ist. „Triken ist nicht so gefährlich wie Motorradfahren. Zum einen wird man von den anderen Verkehrsteilnehmern besser gesehen, außerdem ist der Fahrstil ein anderer: Es geht mehr ums entspannte Cruisen“, sagt Strunk, jedoch nicht, ohne hinzuzufügen, dass seine Maschine in fünf Sekunden von null auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigen könne. Ausprobiert habe er das Maximaltempo von 200 schon, gibt Strunk zu. „Aber beim Triken geht es nicht um Geschwindigkeit. Und eigentlich macht das auch keinen Spaß, weil der Wind zu stark wird.“

Um während der Ausfahrten für eine möglichst angenehme Temperatur zu sorgen, hat Michael Strunk an seinem Trike auf dem Rücksitz für seine Frau eine Sitzheizung installiert. Ihre Schmerzgrenze für Ausfahrten liege bei zehn Grad Celsius, sagt Strunk. Da Indianer bekanntlich keinen Schmerz kennen, habe er seine eigene auf fünf Grad herabgesetzt.

Wenn das Wetter es zulässt, fährt Michael Strunk raus. „Ich habe diesen Hang zur Natur.“ Warum er diese nicht lieber in Ruhe bei einem Spaziergang genießt, ist schnell erklärt: „Das Leben geht so schnell vorbei, da muss man durchtoben.“ Auf dem Trike funktioniert das besser als in Mokassins.