Hans-Joachim Vorbecks Zeit als Amtschef in Oststeinbek endet am Montag. Er hat wieder Ruhe ins Rathaus gebracht

Oststeinbek. Der Schreibtisch von Hans-Joachim Vorbeck, 67, im Oststeinbeker Rathaus ist aufgeräumt, die persönlichen Unterlagen in Plastikkästen verstaut. Sie sind zur Abholung bereit. Am kommenden Montag verlässt der Amtschef das Büro im ersten Stock des roten Klinkerbaus, dann übergibt er an seinen Nachfolger Jürgen Hettwer, 49. Wahrscheinlich hätten sich nicht viele dieses Ehrenamt auf Zeit angetan. Vorbeck hat es gemacht, damals, am 13. Dezember vergangenen Jahres. Es war der Tag, an dem die umstrittene Martina Denecke suspendiert wurde – und der ehemalige Bankdirektor als CDU-Fraktionsvorsitzender und erster Stellvertreter ihren Platz einnahm.

Was er vorfand, glich einem Scherbenhaufen: ein hoher Krankenstand in der Verwaltung, unzufriedene Mitarbeiter und eine Außendarstellung der Gemeinde, die in der Schule mit der Note sechs abgestraft worden wäre. Es war der Nachlass seiner Vorgängerin.

Viele Worte will Vorbeck über Denecke nicht verlieren. Nur so viel: „Ihre interne und externe Kommunikation war außergewöhnlich. Ich fühle mich von ihr getäuscht.“ Seine Partei und die FDP hatten die im März 2013 abgewählte Bürgermeisterin bei ihrer Kandidatur unterstützt. Zum Schluss war die Verbindung von Misstrauen geprägt und in einen regelrechten Kleinkrieg ausgeartet – samt persönlichen Sticheleien. So behauptete Denecke, ein Banker könne das Bürgermeisteramt nicht führen. Vorbeck: „Natürlich hat es mich gereizt, diese Aussage zu widerlegen.“

Gestern noch Politiker, heute schon Bürgermeister – von einem Tag auf den anderen stand der gebürtige Hamburger auf der anderen Seite. Als Gemeindevertreter war er stimmberechtigt und konnte die Verwaltung kritisieren, plötzlich gehörte er selbst zu jenen, die das umzusetzen hatten, was die Politik beschloss. Statt neben den Parteikollegen saß er ihnen auf Sitzungen gegenüber. Ein Spagat, der Geschick erfordert. Christian Höft, Fraktionsvorsitzender der SPD: „Das war schon eine sehr spezielle Situation, aber damit konnten alle umgehen. Vorbeck war für die Situation die Idealbesetzung. Um das Amt hätte sich auch keiner gerissen.“

Er sei als Bürgermeister sehr eng mit den Fraktionen verbunden gewesen, alle hätten sich an der Sache orientiert, sagt Vorbeck. „Ich hatte auch nie Probleme, neutral zu sein.“ Deshalb sei ihm der Seitenwechsel leichtgefallen. Oststeinbeks Bürgervorsteher Hendrik Maier (CDU): „Die Gemeindevertretung hat Vorbeck einen Vertrauensvorschuss gegeben, das hat sich ausgezahlt.“ Lob zollt ihm auch Rudi Hametner, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft OWG: „Vorbeck hat Oststeinbek gutgetan und seine Aufgaben im Wesentlichen erfüllt.“

Laut Maier, der in seiner Funktion als Bürgervorsteher zahlreiche vertrauliche Gespräche mit Vorbeck geführt hat, sei der Bürgermeister bei der Amtsübernahme von den katastrophalen Zuständen im Rathaus emotional bewegt gewesen. „Zum Beispiel, wie mit den Mitarbeitern umgegangen wurde. Auch deswegen war er so engagiert.“

Frustriertes Personal, das kurz vor dem Nervenzusammenbruch steht, gehört inzwischen der Vergangenheit an. „Die Motivation der Mitarbeiter ist zurückgekehrt“, sagt Höft. Das könne sich Vorbeck auf seine Fahnen schreiben, auch wenn er stets im Plural spricht. Der Bürgermeister: „Wir haben ein Klima geschaffen, wo man gerne zur Arbeit geht. Transparenz und Information sind da unabdingbar.“ Als er diese Sätze spricht, funkeln seine Augen. Man merkt sofort: Dieses Thema ist ihm eine Herzensangelegenheit.

Das ist jetzt auch deutlich an der Personalstruktur im Rathaus zu erkennen. Vorbeck hat sie reformiert. Den drei Fachbereichsleitern sind jeweils zwei Sachgebietsleiter unterstellt. Diese Positionen gab es vorher nicht. Alle sechs neuen Stellen wurden intern besetzt. „Wir stehen bei der Mitarbeitergewinnung im Wettbewerb mit Glinde, Reinbek, aber auch Hamburg. Da muss man dem eigenen Personal schon eine berufliche Perspektive aufzeigen.“ So hatte es Vorbeck auch als Direktor der Sparkasse Dresden als Vorgesetzter von 200 Mitarbeitern gehandhabt.

Ohnehin seien ihm die Mitarbeiter des Rathauses ans Herz gewachsen. Und wenn es nach Vorbeck ginge, müsste der Begriff Verwaltungsmitarbeiter abgeschafft werden: „Die Menschen verwalten nicht, hier wird gearbeitet wie in einem Kreativbetrieb. Jeder muss sich ständig mit neuen Dingen beschäftigen.“

Eine Abschiedsfeier für sein Personal hat Vorbeck bereits ausgerichtet. Als Geschenk bekam er etwas sehr Persönliches: einen 30-Minuten-Film über sein Wirken als Bürgermeister. Auch wenn er ab Montag nicht mehr die Hauptrolle im Rathaus spielt, für sechs Wochen pro Jahr kehrt er an die alte Wirkungsstätte zurück: als Urlaubsvertretung seines Nachfolgers.