Gemeinde bereitet sich bei Einwohnerversammlung auf Erörterung vor. Anwohner und Anwälte sehen Verfahrensmängel

Grande. Wer aus der Haustür der Familie Wenzel geht, an den Stallungen vorbei bis an die mit Sand aufgeschüttete Straße und sich dann nach rechts wendet, erreicht nach 100 Metern einen Knick. Dahinter, so ist es bisher, erstrecken sich Felder. In der Ferne kann man den Ortskern der Gemeinde Grande erkennen. Diese Felder könnten in Zukunft zu einer Abbaugrube werden, in der täglich Lastwagen unterwegs sind, die Kies transportieren. Die Glinder Firma Koops plant auf dem 81 Hektar großen Areal die Errichtung und den Betrieb eines Quarzsandtagebaus.

Weil sie von diesen Plänen nichts halten, haben die Wenzels – genau wie viele Hundert weitere Bürger aus Grande, Witzhave und Kuddewörde – eine Einwendung geschrieben. Marion Wenzel nahm am Mittwochabend an einer Einwohnerversammlung teil, die Grandes Bürgermeister Heinz Hoch einberufen hatte. Wie berichtet, hat das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), das den Antrag des Unternehmens prüft, alle, die eine Einwendung geschrieben hatten, für Mittwoch zu einem Erörterungstermin nach Trittau geladen. „Darauf wollen wir die Bürger vorbereiten“, sagt Heinz Hoch.

Nach Schätzungen besuchten rund 200 Interessierte die Versammlung. „Das Verfahren dauert schon so lange, das man einiges auch wieder vergessen hatte. Es war gut, zu erfahren, was es Neues gibt“, sagt Marion Wenzel. Schon ihr Schwiegervater habe vor mehr als 30 Jahren eine Bürgerinitiative gegründet und sich gegen den Kiesabbau eingesetzt. „Wird der Kiesabbau realisiert, wäre das ein massiver Eingriff in die Landschaft. Die Vorstellung macht sehr betroffen“, sagt die Granderin und verweist darauf, dass viele Menschen die ruhigen Wege nutzten, um mit ihren Hunden spazieren zu gehen.

Ole und Marion Wenzel machen sich aber nicht nur Sorgen um die dörfliche Idylle rund um ihr Grundstück. Schon im Jahr 2009 haben sie eine hydrogeologische Stellungnahme von einem Sachverständigen angefordert. Die „zu erwartenden Absenkungen des Grundwasserspiegels um bis zu zwei Meter“ im Bereich des Anwesens der Familie sehe er als „bedenklich“, schreibt der Experte. Seinen Erfahrungen nach müsse mit Setzungen gerechnet werden, die Auswirkungen auf die Bausubstanz haben könnten. Auch Rutschungen an den Flanken des Abbaus könnten nicht ausgeschlossen werden.

Auf seine darauf folgende Einwendung aus dem Jahr 2009 habe es nie eine Antwort erhalten, sagt das Ehepaar Wenzel. In der 121 Seiten umfassenden Stellungnahme, die die Firma Koops jetzt an alle Beschwerdeführer geschickt hat, konnte der Anwalt der Familie schließlich deren Eingabe ausfindig machen. Auf die darin geäußerten Bedenken heißt es: „Setzungen und Risse sind generell nicht zu erwarten.“

„Warum das so sein sollte, wissen wir aber nicht“, sagt Wenzel. Es habe zwar eine Ergänzung der Pläne dahingehend gegeben, dass ein Wall aufgeschüttet werden soll. „Der hält ja aber nichts ab.“ Man werde erneut Kontakt zu dem Hydrogeologen aufnehmen.

„Der Widerstand der Bürger ist sehr groß“, sagt Gerrit Linke, Rechtsanwalt in der Hamburger Kanzlei Köchling und Krahnefeld, der die Gemeinde Grande vertritt und auch bei der Einwohnerversammlung war. „Es gab viele Fragen zu Lärm- und Staubbelästigungen. Wir haben klargestellt, dass noch nichts entschieden ist“, sagt Linke. Auf Seiten der Einwohner habe er „viel Verunsicherung und Wut“ gesehen.

Um dieser Wut der Betroffenen zu begegnen, habe man den Erörterungstermin einberufen, glaubt Thomas Rieche von der Rechtsanwaltskanzlei Reuther und Rieche, der nahezu 20 Privatpersonen vertritt. Die Veranstaltung sei ein „Placebo“: „Man will den Bürgern ein Forum zum Meckern geben.“

Nach dem Erörterungstermin werde das Bergbauamt laut Gerrit Linke wohl etwa sechs Monate lang die Ergebnisse prüfen. Dann folge die Entscheidung. „Es gibt aber derartige Untersuchungs- und Planungsdefizite, dass ich davon ausgehe, dass die Behörde auf keinen Fall eine Genehmigung erteilen kann.“ Marion Wenzel hält das Bergbauamt zwar für „unternehmerfreundlich“, aber sie sagt auch: „In dieser Planung stimmen so viele Dinge nicht.“

Sollte es dennoch dazu kommen, dass das LBEG der Firma Koops eine Genehmigung erteilt, können die Betroffenen innerhalb eines Monats Klage erheben.