Der Volkswirtschaftler sprach an Ahrensburgs Selma-Lagerlöf-Gesamtschule über die Voraussetzungen für den nächsten Aufschwung

Ahrensburg. „Was halten Sie vom Recht auf Faulheit?“, fragt die Oberstufenschülerin den schwarzhaarigen Zukunftsforscher, studierten Volkswirt und Bestsellerautor mit dem Vollbart, der gerade seinen Vortrag in der Aula der Selma-Lagerlöf-Gesamtschule (SLG) beendet hat. „Es braucht solche Pausen, um Ideen zu entwickeln und sich Wissen anzueignen“, antwortet Erik Händeler mit leicht bayerischem Zungenschlag. Denn die Menschen seien dann ja nicht wirklich faul, sondern sie lernten oder läsen etwas. Und Wissen anzureichern und einzuordnen, sehe er als zentrale Aufgabe, um die gegenwärtige Krise zu meistern.

Mit der Krise meint der 44-Jährige übrigens nicht die Finanzkrise. Die wirtschaftliche Schwäche der hochtechnisierten Welt führt er vielmehr darauf zurück, dass der Computer die Gesellschaften „nicht mehr produktiver macht.“ Diese Erfindung ist laut Händeler gewissermaßen ausgereizt. Und zwar nicht, weil es wohl künftig nicht noch bessere Rechner geben wird, sondern deshalb, weil sie beispielsweise nicht mehr dazu dienen kann, andere Güter wie Autos oder Maschinen noch wesentlich schneller zu entwickeln.

Solche Zyklen hat es nach Händelers wirtschaftlichem Glaubensbekenntnis stets gegeben. Der gebürtige Wuppertaler, der als Kind mit seinen Eltern in die Nähe von Ingolstadt zog, ist Anhänger der Konjunkturwellen-Theorie von Nikolai Kondratieff. Demnach sorgen Basisinnovationen wie etwa die Dampfmaschine vor rund 200 Jahren für lange wirtschaftliche Aufschwünge. Helfen sie nicht mehr, die Produktivität wesentlich zu steigern, „wird es ungemütlich“ wie sich Händeler ausdrückt. Bis eine weitere Innovation greife. Rund 60 Jahre nach der Dampfmaschine sei dies durch die Eisenbahn gelungen. Anschließend habe dafür die Elektrizität gesorgt. Als auch ihr Potenzial weitgehend ausgeschöpft gewesen sei, sei es zum Börsencrash von 1929 gekommen. Damals wie heute habe es keine realwirtschaftlichen Güter mehr gegeben, in die es sich gelohnt habe zu investieren. Das Kapital strömte folglich in dubiose Finanzprodukte.

Die Schüler interessierten natürlich vor allem ihre Zukunft. So nahm das Getuschel deutlich ab, als Händeler deutlich machte, dass neben Wissen auch die Gesundheit und das Sozialverhalten ausschlaggebend seien, um für den nächsten Aufschwung zu sorgen. Wenn die Menschen länger gesund blieben, seien sie auch länger produktiv, könnten länger arbeiten. Und sie müssten besser zusammenarbeiten, Feindschaften überwinden und Intrigen vermeiden, damit sie das vorhandene Wissen effektiver nutzten.

„Die Zukunft wird besser“, rief Händeler den jungen Menschen zu, deren „selbstbewusstes Auftreten“, das sich auch in der Frage zur Faulheit gezeigt habe, ihn beeindruckte. Der Zukunftsforscher wollte übrigens gerne vor Schülern reden, wie er Schulleiter Herbert Janßen nach einem Vortrag in Ahrensburg einmal gesagt hatte und deshalb sein Honorar deutlich senkte, als dieser ihn einlud. Schließlich zählen die Fächer Wirtschaft und Politik zum Profil der SLG. „Mich engagieren sonst nur Firmen, die eine offene Streitkultur haben“, sagte Händeler. Janßen hatte er übrigens bei der Basler AG getroffen, die ihn auf der Feier zu ihrem 25-jährigen Bestehen hören wollte.