Die Beratungsstelle „Frau & Beruf Stormarn“ gibt es seit 15 Jahren. Projektleiterin hofft auf zusätzliche Mittel

Bad Oldesloe. Eine Frau aus Stormarn, sie ist Mitte 30, hat gerade ihre Scheidung hinter sich. Sie ist Geologin, kann in dem Job aber nicht mehr arbeiten – denn ihre kleine Tochter muss sie nun allein erziehen. Eine andere Frau ist Anfang 40, auch sie lebt in Stormarn. In ihrer Heimat Russland hat sie einst als Ingenieurin gearbeitet, in leitender Funktion – doch jetzt weiß sie nicht, was ihre Qualifikation in Deutschland wert ist. Eine dritte Stormarnerin ist bereits Mitte 50, auch sie ist seit Kurzem geschieden. Nun will sie wieder arbeiten – doch sie hat sich jahrelang nur um die Kinder und den Haushalt gekümmert, traut sich kaum zu, wieder einen Job zu finden. Das ist jedoch nötig, weil sie sonst nur eine sehr schmale Rente bekommen würde.

Frauen wie diesen wird in der Beratungsstelle „Frau & Beruf Stormarn“ geholfen, seit 15 Jahren. Zwei Beraterinnen arbeiten in dem Büro in Bad Oldesloe, kommen mehrmals im Monat auch nach Ahrensburg, nach Glinde, Reinbek und in andere Stormarner Orte, um persönliche Beratungsgespräche zu führen. „Etwa 1000 Ratsuchende im Jahr nutzen das Angebot“, sagt die Projektleiterin Birgit Harring-Boysen, die seit den Anfängen im Jahr 1998 in dem Projekt arbeitet.

Neun Jahre zuvor, 1989, wurde in Nordfriesland die erste landesweite Stelle dieser Art gegründet. Heute gibt es elf in Schleswig-Holstein. Sie sind mittlerweile dem Wirtschaftsministerium zugeordnet, die Finanzierung läuft je zur Hälfte über das Land und den Europäischen Sozialfonds (ESF) der EU.

Aufgaben gibt es, auch 15 Jahre nach der Gründung, noch immer viele, wie Birgit Harring-Boysen sagt. „Der Bedarf steigt ständig.“ Eine Menge habe sich seit 1998 geändert: „Die Frauen, die damals zu uns kamen, waren oft Mitte 40 und hatten sechs Jahre oder länger nicht mehr gearbeitet. Heute kommen immer mehr junge Frauen zu uns, die ein oder zwei Jahre nach der Geburt ihres Kindes wieder einsteigen wollen.“ Zudem kämen immer häufiger Frauen, die älter als 50 sind und wieder berufstätig sein wollen. Außerdem mehr Frauen mit Migrationshintergrund, etwa aus der Türkei. „Früher waren das Einzelfälle, heute machen sie etwa 25 Prozent aus“, sagt Inke Stecker, die Projektassistentin in der Beratungsstelle. Wie Birgit Harring-Boysen arbeitet sie in Teilzeit.

Wie helfen die beiden Beraterinnen, was machen sie anders als das Jobcenter und die Agentur für Arbeit?

„Wir können sehr viel individueller auf die Frauen eingehen“, sagt Birgit Harring-Boysen. Die Beratung stehe im Vordergrund, nicht die Job-Vermittlung. „Manche sind noch nicht so weit, wieder anzufangen. Sie möchten erst einmal wissen, was für Möglichkeiten sie haben und wie sie sich weiterbilden können.“ Die Beratungsstelle könne, „neutral und im Interesse der Frauen“, helfen. Sie helfe auch dann, wenn Frauen Konflikte in ihrem Beruf haben, etwas anderes machen wollen.

Jeder bekomme eine maßgeschneiderte Lösung – so etwa die allein erziehende Geologin. Sie machte schließlich in Teilzeit eine Weiterbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen. Für die aus Russland stammende Ingenieurin suchten die Beraterinnen eine sogenannte Anpassungs-Qualifikation, die notwendig für die Anerkennung in Deutschland ist. Und die geschiedene Frau Mitte 50 machte schließlich eine viermonatige Qualifizierung zur Seniorenbetreuerin. Mittlerweile kümmert sie sich um demente Menschen.

In Zeiten des Fachkräftemangels sieht Birgit Harring-Boysen neue Aufgaben auf die Beratungsstelle zukommen. Zurzeit werde in Kiel über die Vergabe der Mittel diskutiert – die Projektleiterin hofft, dass die Stormarner Stelle, in deren Wirkungsbereich überdurchschnittlich viele Frauen im berufstätigen Alter leben, von Juli 2014 an besser ausgestattet wird.