Lina Bern und Ankama Hango aus Großensee haben gleich zweimal geheiratet: Erst in Lütjensee und nun in Namibia

Großensee/Namibia. Es ist heiß. Staub wirbelt auf und beeinträchtigt die Sicht. Im Ovamboland hat es wie in ganz Namibia seit Monaten nicht geregnet. Durch das Bett eines ausgetrockneten Sees bei Onanime fahren 20 Limousinen und Geländewagen. In den Fahrzeugen wird eine Hochzeitsgesellschaft zu der kleinen Kirche eines nahe gelegenen Dorfes chauffiert. Eine nicht ganz alltägliche Hochzeitsgesellschaft.

In einem der voll klimatisierten Wagen sitzt das Brautpaar: Lina Bern, 26, Studentin aus Großensee und Ankama Hango, 31, Marketing-Fachmann. Für die beiden erfüllt sich ihr Traum von einer traditionellen Hochzeit in Namibia, dem Heimatland des Bräutigams. 2012 hatte sich das Paar bereits in Lütjensee das Ja-Wort gegeben. Viele Gäste waren damals aus Namibia, England und vielen anderen Teilen der Welt angereist, um auf der Hochzeit in Deutschland dabei zu sein.

Das Paar hatte sich 2007 kennengelernt, als Lina Bern nach ihrem Abitur ein freiwilliges soziales Jahr in einem Waisenhaus in Windhoek absolvierte. Auf einer Feier lernte sie Ankama kennen, der für ein großes Versicherungsunternehmen in der namibischen Hauptstadt arbeitete. Es war, so sagen beide, Liebe auf den ersten Blick.

Nun sind 22 Verwandte und Freunde aus Deutschland zur Hochzeit in den Norden Namibias gekommen. Die meisten von ihnen sind bereits am Vortag angereist und staunen über die Hochzeitsgeschenke der einheimischen Gäste. Eine stolze, kleine Herde von 22 Rindern und einer Ziege zeugt von der Anerkennung, die die Familie Hango genießt.

Einige der angereisten Gäste haben sich afrikanische Kleider nähen lassen

Vor der Kirche treffen immer mehr Gäste ein. Unter ihnen sind viele Frauen, die dem Hirtenvolk der Herero angehören, in wallenden bunten Kleidern und Hüten, die an Kuhhörner erinnern. Einige der deutschen Gäste haben sich für einen traditionellen Oshiwambo-Stil als Festkleidung entschieden. Die Frauen ließen sich ein Kleid und Männer ein Hemd nähen. Jetzt warten alle vor der Kirche in der Sonne. „Der Pastor hat heute sechs Trauungen zu vollziehen“, erzählt Primus Hango. Der Vater des Bräutigams ist Pensionär und war lange im Staatsdienst tätig. „Der Geistliche ist noch in einer Kirche in einem weiter entfernten Ort.“

Mittlerweile trifft eine zweite Hochzeitsgesellschaft ein. Bis auf die Brautpaare gehen alle Gäste in die Kirche. Gelassen wird weiter auf den Pastor gewartet. Einige der Frauen stimmen Kirchenlieder an, immer mehr Gäste singen mit. Ein wenig erinnert die Szene an „Sister Act“, die Gospel-Komödie mit Whoopi Goldberg in der Hauptrolle. Einer der Gäste sagt: „Ist die Stimmung gut, kann eine Hochzeitszeremonie in der Kirche schon mal bis zu drei Stunden dauern.“

Doch nach mehr als zwei Stunden entschieden die Brautleute, dass sie lange genug auf den Pastor gewartet haben. Es geht zurück zum Anwesen. Zum Glück ist das Paar ja bereits verheiratet. An der Grundstücksgrenze werden Lina und Ankama von weiteren Gästen, Verwandten und einer Tanzgruppe empfangen. Tanzend und jubelnd wird das junge Paar zu einem Platz unter Schatten spendenden Bäumen begleitet.

Ein Zeremonienmeister übernimmt das Zepter. Drei alte Frauen geben dem Brautpaar viele gute Ratschläge mit in das Eheleben. Der Dorfälteste schließt sich an. Auch der Brautvater Hans Bern aus Großensee und der Vater des Bräutigams sprechen ihre Wünsche aus. Trotz der mittlerweile 35 Grad führt die Tanzgruppe in ihren Kostümen aus rot-gefärbten Fellen Tänze auf. Lina Bern und Ankama Hango sind sprachlos. Doch bevor sie die Glückwünsche der Gäste in Empfang nehmen können, müssen sie gemeinsam ein Glück bringendes Gebräu aus einem verzierten Holzbecher trinken. So will es der Brauch.

Dann beginnt die Feier. Ein riesiges weißes Zelt und zwei kleinere schlucken die etwa 450 Gäste. Im Inneren ist alles ganz in weiß dekoriert. Champagner, kühle Getränke und ein opulentes Büfett erwarten die Hochzeitsgesellschaft. Noch am Vortag wurden für das Festmahl zwei Rinder geschlachtet. Ein DJ sorgt für musikalische Unterhaltung. „Bis spät in die Nacht haben alt und jung, schwarz und weiß gefeiert, getrunken, gelacht“, freut sich Lina Bern mit leuchtenden Augen.

Doch lange Zeit zum Ausschlafen bleibt nicht, denn am nächsten Tag geht es von Onanime nach Engala, einem kleinen Ort an der Grenze zu Angola. Dort warteten erneut etwa 300 Gäste. „Tuli Nghiyoonanye, meine Schwiegermutter, hat tatsächlich in so kurzer Zeit einen Pastor organisiert“, sagt Lina Bern. Die am Vortag versäumte Trauung wird im Garten nachgeholt. Als Überraschung wartet eine dreistöckige Hochzeitstorte, verziert mit der deutschen und namibischen Flagge.

„Wir haben zwei unvergessliche Hochzeitsfeiern erlebt“, resümieren die beiden Brautleute. Beide Familien hatten dafür alle Hände voll zu tun. „Der Aufwand hat sich gelohnt“, sagt Ankama Hango. „Vor allem unsere deutsche Familie und unsere Freunde haben ganz besondere Eindrücke in Namibia sammeln können. Viele Freundschaften sind entstanden.“

Das junge Ehepaar lebt zurzeit in Großensee. Doch die Hochzeiten haben sie auf den Geschmack gebracht: In etwa fünf Jahren wollen sie nach Namibia gehen.