Am Ende der Saison ist die Polizei mit den Zahlen zufrieden. Aber: Die Fahrer seien in zunehmendem Maße überfordert, es fehle ihnen an Praxis

Ahrensburg. Tristes Wetter, Regen und Kälte beenden allmählich die Motorradsaison in Stormarn. Die Polizei zieht dabei eine positive Bilanz: nur ein tödlich verunglückter Fahrer und weniger Unfälle. In den beiden vergangenen Jahren sind jeweils drei Kradfahrer auf Stormarns Straßen zu Tode gekommen. 2012 zählten die Beamten zudem 112 Unfälle. Dieses Jahr sind es bisher 78.

Auch wenn die Zahl der Unfälle gesunken ist: Wenn Motorradfahrer denn verunglücken, dann meist schwer. Beispielsweise zog sich im August ein 26 Jahre alter Grönwohlder bei einem Unfall auf der K 39 in Siek lebensgefährliche Verletzungen zu. Er überholte ein Auto und stieß dabei mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammen.

Für Kay-Uwe Güsmer, Verkehrsexperte der Polizeidirektion Ratzeburg, sind das grobe Fahrfehler. „Viele überschätzen sich“, so Güsmer. Das ist wohl auch die Ursache für den tödlichen Unfall auf der A 1. Ein 42-Jähriger aus Essen überholte dort einen Lastwagen. Kurz darauf riss er seinen Arm in die Luft und stürzte. Zwei Wochen nach dem Unfall starb der Mann an seinen Verletzungen im Krankenhaus.

„Ich analysiere schon seit 1999 alle tödlichen Unfälle in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg. Dabei ist mir aufgefallen: Die Motorradfahrer fahren sich immer öfter selbst zu Tode“, sagt Kay-Uwe Güsmer. Und auch wenn die Zahl der Unfälle gesunken ist, macht der Verkehrsexperte eine erschreckende Beobachtung. Die Fahrfähigkeit nimmt ab. „Viele sind auch mit der Motorisierung ihrer Maschine überfordert“, sagt Güsmer. Und: Kurventechnik, vorausschauendes Fahren, Überholmanöver – daran mangele es.

Viele Motorradfahrer fahren zu selten und sind nicht mehr fit

Gemeinsam mit der Verkehrswacht organisiert der Polizist im Frühjahr Fahrsicherheitstraining. „Meine beiden Trainer machen dabei die gleichen Beobachtungen und sagen, es wird immer schlimmer“, so Güsmer. Er vermutet, dass seltenes Fahren dabei eine große Rolle spielt. Viele Motorradfahrer führen pro Saison nur 500 bis 1000 Kilometer. „Das mag vielleicht daran liegen, dass oftmals die Zeit bei vielen Motorradfahrern fehlt und es sich um Schönwetterfahrer handelt“, sagt Kay-Uwe Güsmer. Aber auch daran, dass die Motorradfahrer immer älter werden. „Es ist zwar ein schönes Hobby, aber auch ein teures“, sagt der Beamte. Der Führerschein, das Motorrad und die Schutzkleidung kosteten viel. Zwischen 6000 und 7000 Euro müsse ein Anfänger investieren. Deswegen nehme die Zahl junger Fahrer ab. Und die Älteren schafften sich oft erst lange nach der Führerscheinprüfung oder nach einer längeren Pausen wieder ein Motorrad an. „Und mit den modernen, sehr leistungsstarken Maschinen sind viele überfordert. Früher wurden mit solchen Motorrädern noch Rennen gefahren“, sagt Güsmer.

Wenigfahrer und Wiedereinsteiger hätten zusätzlich das Problem, dass sie die richtige Kurventechnik verlernt haben. Ausweichmanöver und die richtige Bremstechnik im Falle von Hindernissen sei für viele ebenfalls ein Problem. „Ist die Fahrbahn nur ein wenig verschmutzt, ist das für Autofahrer oft kein Problem – für Kradfahrer jedoch schon. Denn auf solche Gefahrenstellen müssen sie schnell und richtig reagieren“, sagt der Polizist.

Deswegen appelliert der Verkehrssicherheitsexperte an alle Motorradfahrer, zu Beginn jeder Saison ein Fahrsicherheitstraining zu machen.“ Dabei werden die Grundkenntnisse wieder aufgefrischt und Gefahrensituationen simuliert. Zudem soll die Kurventechnik verbessert werden.

Vor Beginn der Saison sollten Biker das Profil ihrer Reifen kontrollieren

Zudem gibt es für die Kradfahrer Tipps für die richtige Kleidung. „Ich beobachte immer wieder, dass bei vielen die Kleidung viel zu eng sitzt“, sagt Kay-Uwe Güsmer. Auch seien viele Motorräder in einem schlechten Zustand. Der Verkehrsexperte fordert die Biker deswegen auch dazu auf, vor der Saison beispielsweise das Reifenprofil zu kontrollieren.

Diese Tipps und Auffrischungskurse könnten dann helfen schwere Unfälle zu vermeiden. Dann könne die Zahl der lebensgefährlich und tödliche verletzten Motorradfahrer weiter reduziert werden.