Nachdem die Politik Neubau am Mühlenredder abgelehnt hat, geht Standortsuche weiter

Reinbek . „Die Hilfsfrist ist kein Gesetz. Sie ist nur ein Erlass.“ Mit diesen Worten hat Herbert Kaphengst (CDU), Vorsitzende des Feuerwehrausschusses in Reinbek, für Unmut bei den Beobachtern der jüngsten Sitzung gesorgt. Ein Raunen war zu hören, und die meisten der rund 80 Besucher schüttelten entsetzt ihre Köpfe. Denn die Hilfsfrist von zehn Minuten ist offenbar der Streitpunkt bei der Suche nach einem neuen Standort für die Reinbeker Ortsfeuerwehr.

Wie berichtet, hatte die Verwaltung bereits einen neuen Platz für die freiwilligen Helfer gefunden – den Grandplatz am Mühlenredder. Auch die Feuerwehr favorisiert diese Fläche. Doch alle Fraktionen lehnten diesen Standort ab. Es sei zu gefährlich, so die einheitliche Meinung der Politiker. In der Nähe des Grandplatzes gibt es eine Grund- und Gemeinschaftsschule, außerdem wird dort ein Kindergarten gebaut.

„Zusammengerechnet sind das 902 Kinder, die täglich dort ein und aus gehen. Und mittendrin wollen wir eine Feuerwehrwache bauen?“, fragte Kaphengst und fügte hinzu: „Wie soll ich einer Mutter erklären, dass ihr Kind bei einem Einsatz verunglückt ist?“ Auch diese Aussage löste Fassungslosigkeit bei den anwesenden Feuerwehrleuten aus. Hinzu komme, dass in der Nähe auch ein Seniorenheim ist. „Senioren sieht man zwar nicht so viele auf der Straße, aber es könnte zu einer Lärmbelästigung kommen“, so der CDU-Politiker, der sein letztes Argument jedoch als „zu vernachlässigen“ bezeichnete.

Letztlich einigten sich die Fraktionen darauf, dass bis zur nächsten Sitzung Mitte November zwei Alternativen untersucht werden sollen: das Gelände des städtischen Bauhofes und eine landwirtschaftliche Fläche in der Nähe der Straßen Steinerei und Kampsredder. Doch diese zwei Standorte bezeichnen Verwaltung und Feuerwehr als nicht geeignet – und beziehen sich eben auf die Hilfsfrist. Das ist die Zeit, die die Helfer ab dem Notruf bis zum Einsatzstandort brauchen.

Sven Noetzel, Amtsleiter für Stadtentwicklung und Umwelt, präsentierte den Ausschussmitglieder diesbezüglich Zahlen. Der Verwaltungsmitarbeiter hat dafür 98 Einsätze der freiwilligen Feuerwehr aus den beiden vergangenen Jahren untersucht. Um die Hilfsfrist in ganz Reinbek einzuhalten, errechnete er einen Radius von zwei Kilometern um das neue Feuerwehrhaus. Der Grandplatz am Mühlenredder würde dieses Kriterium erfüllen, die beiden Alternativen jedoch nicht.

Doch die Berechnungen des Verwaltungsmitarbeiters sind nicht exakt. Die Einsätze, die er untersuchte, wurden nur minutengenau erfasst, nicht sekundengenau. Das führe laut dem SPD-Politiker Gerd Prüfer zu Unklarheiten. „Außerdem ist jeder Einsatz anders“, sagte Prüfer und meinte damit sinngemäß, dass bei Großalarm die Helfer schneller zum Einsatz fahren würden als bei kleineren Einsätzen. Außerdem wundere er sich über den Radius von zwei Kilometern. „Der Kreis empfiehlt einen Radius von viereinhalb Kilometern“, sagte Prüfer. Sven Noetzel und Gemeindewehrführer Karsten Hein sind da anderer Meinung. „Dieser Umkreise gilt für ländliche Gebiete. Reinbek ist aber eine Stadt“, so Noetzel.

Auch für die Fraktion der Grünen gibt es viele Unklarheiten bei der Berechnung, die nur den Mühlenredder als Standort zulässt. „Sobald die Feuerwehr zwei oder drei Kilometer pro Stunde schneller ist, ändert sich der Radius“, so Günther Herder-Alpen, der das Gelände des städtischen Betriebshofes als Alternative sieht. Denn für die zweite Möglichkeit, einen Bau in der Nähe des Kampsredder, müsste die Stadt das Gelände kaufen. „Dadurch entstehen Kosten, und das Vorhaben wäre nicht so schnell umzusetzen“, so der Grünen-Politiker.

Denn die Zeit drängt offenbar. Sven Noetzel: „Mir hängt die Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse (HFUK) im Nacken.“ Diese hatte bereits 1997 das derzeitige Feuerwehrgerätehaus an der Klosterbergenstraße bemängelt und einen Neu- oder Umbau gefordert. Doch ein Umbau sei nicht möglich.

Letztlich haben sich die Politiker am Donnerstagabend entschlossen, dass die Feuerwehr Strecken von den beiden Alternativ-Standorten bis in den hintersten Winkel von Reinbek abfahren und die Zeit messen. So erhofft sich der Ausschuss mehr Klarheit.

Die wünschen sich jetzt auch die vielen frustrierten Kameraden. „Obwohl wir schon wussten, wie diese Sitzung ausgeht, sind 30 Feuerwehrleute gekommen“, sagte Reinbeks Ortswehrführer Christian Niemann: „Wir sind motiviert – zumindest noch.“