Jurist Klaus Blaschke hält Schließung des Ahrensburger Gotteshauses für unrechtmäßig

Ahrensburg . „Aufbruch statt Abbruch ist nun das Motto“, sagt Hartmut Witfeld als er den Marstall verlässt. In dem mit 120 Zuhörern voll besetzten Saal des Ahrensburger Kulturzentrums hatte zuvor der Kieler Juraprofessor Klaus Blaschke in einem Vortrag über die kirchenrechtlichen Voraussetzungen für die Schließung, Entwidmung und den Verkauf von Gotteshäusern aufgeklärt. „Blaschke hat uns Mut gemacht“, fährt Witfeld fort. Er gehört dem Förderverein St. Johannes an, der zu der Veranstaltung geladen hatte. Der Verein kämpft für den Erhalt der denkmalgeschützten St. Johannes Kirche in der Schlossstadt, die aus finanziellen Gründen geschlossen wurde. Der Kirchengemeinderat hat beschlossen, einen Antrag auf deren Entwidmung zu stellen. Auf landeskirchlicher Ebene liegt solch ein Antrag nach Auskunft von Pressesprecher Mathias Benckert aber noch nicht vor.

Blaschke machte aber klar, dass ein Gotteshaus nach kirchenrechtlichen Grundlagen nicht geschlossen werden darf, solange es nicht entwidmet ist – es sei denn, es bestehen Gefahren für Leib und Leben durch Baumängel. Ohne sich sich direkt auf St. Johannes zu beziehen, sagte Blaschke damit quasi, dass die Schließung der Kirche unrechtmäßig sei. Nach seinen Darlegungen müssten zudem im Falle finanzieller Notlagen zunächst alle anderen Gebäude der Gemeinde zu Geld gemacht werden, ehe der Kirchenbau selbst verkauft oder abgerissen oder einer anderen Nutzung zugeführt werden dürfe. Blaschke berief sich dabei auf Beschlüsse der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), des evangelischen Kirchenbautags und des nordelbischen Rechts, das trotz Auflösung der nordelbischen Kirche immer noch gelte. Danach müsse der notgedrungene Rückzug „von außen nach innen“ erfolgen.

Pastorate sind laut Blaschke ein „exorbitanter Kostenfaktor"

Insbesondere die Pastorate, von denen die ehemalige nordelbische Kirche 1200 habe, seien „ein exorbitanter Kostenfaktor, der nicht mehr zeitgemäß ist“, sagte Blaschke weiter. „Der Pastor kann heutzutage auch über das Mobiltelefon erreicht werden, und ein sachgerechtes Amtszimmer samt Gemeindebüro kann in der Sakristei eingerichtet werden.“ Dort, im Kirchenbau selbst, könne der Geistliche auch besser wirken. Dieser Weg sei beispielsweise von der Gemeinde St. Nikolai in Kiel beschritten worden, die daraufhin Kircheneintritte verzeichnet habe, berichtete der Jurist weiter. Blaschke selbst ist Vorsitzender des dortigen Kirchengemeinderats.

Auf Nachfrage empfahl Blaschke dem Förderverein, auf den Kirchengemeinderat einzuwirken. Der 1. Vorsitzende des Vereins, Hans-Peter Hansen, sagte dem Abendblatt, die Mitglieder würden nun auf der nächsten Gemeindeversammlung beim Kirchengemeinderat den Antrag stellen, das Gotteshaus zu öffnen, damit dort wieder gepredigt werden könne. Sollte sich auf dem Wege des Dialogs keine Lösung abzeichnen, erwäge der Verein auch juristische Schritte. Etwaige Klagen können laut Blaschke beim Gericht der Nordkirche eingereicht werden.

Förderverein dringt auf Konzept, das alle Immobilien der Gemeinde umfasst

Hansen betont, der Verein wolle schlussendlich, „dass Alternativen zur Schließung der St. Johannes-Kirche und ein Konzept erarbeitet werden, das festlegt, was mit welchen Immobilien der gesamten Gemeinde geschehen soll“. Hansen denkt dabei beispielsweise an das Pastorat von Anja Botta. „Die Pastorin lebt dort auf 160 Quadratmetern allein mit ihrer Tochter“, sagt der Vereinsvorsitzende. Teile der Immobilie könnten auch anderweitig vermietet oder verkauft werden. Zudem könne etwa auch ein Teil des Grundstücks verkauft werden, das zum Pastorat der Schlosskirche gehöre. Botta, die dem Kirchengemeinderat vorsitzt, war ebenso wie Propst Hans-Jürgen Buhl vom Kirchenkreis Hamburg-Ost wegen Urlaubs nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Ebenso wie Hartmut Witfeld war auch Ursula Inga-Mühlfeld von den Äußerungen Blaschkes angetan: „Der Vortrag war sehr aufschlussreich und hat uns neue Wege aufgezeigt.“ Als „sehr informativ“ bezeichnete Susanne Geißler-Schön die Ausführungen und meinte ebenfalls, Blaschke habe Wege aufgezeigt, die der Verein beschreiten sollte. Ein Besucher, der seinen Namen aber nicht nennen wollte, meinte allerdings, der Förderverein solle sich stärker um einen Dialog mit dem Kirchengemeinderat bemühen. Seine Bemühungen seien zurzeit nicht zielführend. Hansen sagte, Bischöfin Fehrs habe zugesagt, ein „Friedensgespräch“ zwischen dem Verein, dem Kirchengemeinderat und Propst Buhl zu arrangieren.

Anders als Blaschke bekräftigte Pressesprecher Mathias Benckert von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, dass der Kirchengemeinderat das Recht habe, eine Kirche zu schließen, obwohl sie nicht entwidmet sei.