Gastspiel für den kleinen Gallier bei den 13. Plattdeutschen Tagen. Größte Veranstaltungsreihe dieser Art im Norden

Bargteheide. „Plattdüütsch leevt.“ Und wie! Da wird selbst vor Nobelpreisträger Thomas Mann nicht halt gemacht. „Wir wollen etwas Intensives, Ernsthaftes. Nicht Allerweltsplatt oder nur kleine Schnacks“, sagt Helmuth Peets und legt damit die Messlatte ziemlich hoch. Der Initiator der Plattdeutschen Tage für Stormarn kann sich das erlauben. Was der Heimatbund-Vorsitzende und seine Mitstreiter zu bieten haben, ist einmalig – auch in seiner Vielfalt. Es gibt nicht nur Nobelpreisträger-Kost und hehre Kunst wie beim Vortrag über Malerin Paula Modersohn-Becker. Auch ein pfiffiger kleiner Comic-Held aus Gallien mischt mit.

Mit drei Abenden in Bargteheide ging es los. Inzwischen hat sich die Veranstaltungsreihe zur größten ihrer Art im Norden gemausert, mit zwölf Angeboten überall im Kreis. Das Motto der Anfänge „Plattdüütsch mutt leven!“ wurde bei der 13. Auflage daher getrost über Bord geworfen. Jetzt heißt es: „Plattdeutsch lebt!" Ein Blick auf das Programm, das am 18. Oktober im Kleinen Theater Bargteheide startet, belegt das eindrucksvoll.

Gerade der Auftakt zu den 13. Plattdeutschen Tagen zeigt, wie quicklebendig die Niederdeutsche Sprache ist. Denn an diesem Abend geben sich moderne Helden wie Asterix und Harry Potter die Ehre. „Das passt perfekt“, sagt Peets. Schließlich „sleit dat Dörthein“, schlägt es 13. Und was könnte besser zur magischen 13 passen, als „spökige Lüüd“. Die Abenteuer um einen hornbebrillten Jungen aus der Zauberschule Hogwarts und Geschichten über den Zaubertrunk und Wildschweine zu vertellen, ist eine Herausforderung. Für Peter Nissen und seinen Kompagnon Hartmut Cyriacks war es vor allem ein großer Spaß. Die beiden betreiben die einzige Textmanufaktur für Plattdeutsch. Im Norden? In Deutschland? In Europa? „Eigentlich weltweit“, sagt Nissen und setzt ein betont ernstes Gesicht auf. „Na ja, wir beanspruchen schon Weltmarktführer zu sein.“ Und das ist das Team des Bargteheiders.

„Wir konnten davon ausgehen für Fans zu schreiben, die die Bücher wirklich gut kennen“, sagt Nissen. „Also waren wir freier.“ Aus der Wendeltreppe, die zu Harrys Kemenate führt, eine Wendeltrepp zu machen, war den Herren zu simpel. „Die dreht sich wie ein Korkenzieher. Also haben wir Proppentreckertrepp draus gemacht“, sagt Nissen und freut sich jetzt noch diebisch. Und aus dem Zahnstocher machten die Spezialübersetzer nicht einen schlichten Tähnpicker, sondern einen Kusenpröckel. Kusen ist der Backenzahn. Und pröckeln versteht sich lautmalerisch von selbst. Der Hinkelstein von Asterix blieb unverändert. Nissen: „Das ist ein archäologischer Fachbegriff und von daher schon ungewöhnlich.“ Und der Zaubertrunk? Peter Nissen: „Der wurde zum Wunnersluck.“

Im Kleinen Theater werden die Männer von der Textmanufaktur für Plattdeutsch erzählen ,,was in „De grulig Kamer“ von Harry Potter sprachlich gesehen sonst noch so so Hübsches drinsteckt. Zum Gruseligen steuern die Damen des Chors „Just 8“ Peppiges bei.

So munter geht es weiter. Nicht nur dass sich zu Thomas Mann , um dessen plattdeutsche Buddenbrooks-Passagen es am 21. Oktober im Ahrensburger Marstall gehen wird, Helden aus Comic und Fantasy gesellen. Matthias Stührwoldt wird zur Halbzeit der Kulturwoche am 25. Oktober in Todendorf zum „Gassi gahn!“ auffordern und ländlich, sittlich von Kühen und plattem Land berichten. „Achtersinnige und vergnöögliche“ Lieder singt Klaus Irmscher am 26. Oktober in Reinfeld. Und Gerd Spiekermann bindet die plattdeutsche Mischung zum Schluss der Veranstaltungsreihe am 31. Oktober in der Trittauer Wassermühle mit einem Schuss Humor ab. Ihn bewegt die Frage: „Wat denkt mien Hund vun mi?“

Und noch etwas macht die Plattdeutschen Tage besonders. „Wir bieten Lehrern jedes Jahr eine Fortbildung an“, sagt Volker Holm vom Zentrum für Niederdeutsch in Ratzeburg. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen ist bemerkenswert. So ist der Vortrag über Paula Modersohn-Becker am 24. Oktober eine Kooperation mit der VHS Bargteheide. Und über die Kooperation mit der Kirche freut Pastor i. R. Cord Denker, der am 20. Oktober in der Zarpener Kark op platt predigen wird. Denker: „Diese Vernetzung mit dem weltlichen Bereich ist nicht selbstverständlich. Deswegen bin ich dem Heimatbund so dankbar.“