Trotz guter Wirtschaftsdaten gibt es viele Kinder im Kreis, die von Sozialhilfe leben

Bargteheide . Jedes sechste Kind in Stormarn lebt nach Angaben des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) in Armut. Der DKSB Stormarn wird deshalb am heutigen Freitag, dem Weltkindertag, mit einer besonderen Aktion auf diesen Missstand aufmerksam machen. Vor dem Ahrensburger Schloss werden 6500 blaue Fahnen aufgestellt. „So hoch ist die Zahl der Kinder, die in Stormarn in Armut leben“, sagt Ingo Loeding, Geschäftsführer des DKSB-Kreisverbandes. Hans-Jürgen Heidenreich, Leiter der Kita Am Mühlentor in Bargteheide, präsentiert noch dramatischere Zahlen: „Von den 180 Kindern, die in unsere Kita gehen, kommt ein Fünftel aus Familien, die Sozialhilfe beziehen.“

3253 Kinder im Kreis Stormarn leben in Familien, die Arbeitslosengeld II beziehen, Ansprüche auf Wohngeld oder ähnliche Leistungen haben. Diese Kinder sind laut Ingo Loeding als arm zu bezeichnen. Er geht aber davon aus, dass es auch eine hohe Dunkelziffer gibt. De facto liege die Zahl bei etwa 6500. Das bedeute: Jedes sechste Kind in Stormarn lebt in Armut. Zum Vergleich: Eine Unicef-Studie von 2011, die ganz Deutschland in den Blick nahm, kam zu einem ähnlichen Resultat. Demnach leben in Deutschland 14 Prozent aller Kinder in relativer Armut.

Loeding ärgert, dass der Wert im reichen Stormarn - die Arbeitslosenquote liegt derzeit bei nur vier Prozent - trotzdem so hoch ist. Die wirtschaftliche Stärke der Region helfe längst nicht jedem. Loeding: „Seit 2006 hat sich die Zahl der Arbeitslosen im Kreis halbiert. Den Kindern ist das allerdings nicht zugute gekommen.“ Die Zahl der in Armut lebenden Kinder sei seit 2006 stagnierend.

Ein Grund könne sein, dass heute viele Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen tätig sind, wie er sagt. „Viele Eltern und Alleinerziehende finden keine ganztägige Betreuung für ihre Kinder und sind dann auf Teilzeit-Arbeit angewiesen.“ Von einem Halbtagsgehalt lasse sich aber nur schwer eine Familie ernähren. Wir brauchen eine Kindergrundsicherung!“, sagt Loeding.

Hans-Jürgen Heidenreich ist seit 1991 Leiter der Kita Am Mühlentor in Bargteheide. In den vergangenen 22Jahren hatte er engen Kontakt zu vielen Familien. Er habe feststellen müssen, dass die Grundversorgung vieler Kinder nicht gewährleistet sei. „Wir haben 180 Kinder hier. Davon nehmen 158 Kinder an der Mittagsversorgung teil. Das Mittagessen kostet 2,50Euro. Eine Mutter mit drei Kindern müsste also zusätzlich zu allen Kosten in der Woche noch 37,50 Euro zusätzlich aufbringen“, erzählt er. „Das ist für manche unmöglich.“

Manchmal, so Heidenreich, richten sich Eltern direkt an die Kitaleitung. Dann werde überlegt, wie den Familien geholfen werden kann. „Manchmal sind es auch die Mitarbeiter, die sehen, dass eine Familie in Schwierigkeiten steckt. Dann kommt man ins Gespräch“, so Heidenreich weiter. Es gebe verschiedene Möglichkeiten, den Familien zu helfen. „Entweder, das Mittagessen wird übernommen, oder wir überreichen Familien einen Gutschein, damit sie ihren Kindern neue Kleidung kaufen können.“ Dies geschehe natürlich alles diskret. Heidenreich kenne viele Eltern, die bis an ihr Limit arbeiteten, doch das Geld reiche nicht. „Viele Menschen wollen keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen oder sind zu wenig darüber informiert. Wir versuchen dann, ihnen zu helfen und beraten sie dabei, was sie beantragen können, um sich das Leben zu erleichtern.“

Der Kitaleiter setzt sich für eine Grundversorgung für Kinder ein: „Essen sollen alle Kinder haben! Daran sollte es nicht scheitern.“

Am heutigen Freitag stellen DKSB-Mitarbeiter ab 9 Uhr Fähnchen vor dem Ahrensburger Schloss auf. Kinder der Grundschule am Schloss und des Kindergartens Gartenholz helfen. Für Sonnabend organisieren die Stadt Glinde und der DKSB ein Kinderrechte-Fest. Es beginnt um 14 Uhr, der Treffpunkt ist am Kupfermühlenweg.