Ver.di fordert mehr Sozialwohnungen und mehr Geld

Bad Oldesloe. „In unserem Kreis steht nicht genügend günstiger Wohnraum zur Verfügung“, sagt Lothar Kolik vom Erwerbslosen-Ausschuss Bad Oldesloe der Gewerkschaft Ver.di. Durch ein Megafon schallt seine Botschaft laut über den Platz vor dem Gewerkschafts-Büro an der Mühlenstraße. Um die Wohnungsnot von Hartz-IV-Empfängern, Rentnern und Geringverdienern zu demonstrieren, haben Kolik und seine Kollegen Susanne Agne und Kurt Reuter aus Pappkartons ein etwa ein Meter hohes Haus aufgebaut.

Ein rotes Pappdach mit der Aufschrift „Ver.di“ liegt auf den Kartons. Innerhalb des Papphauses stehen fünf Menschen in Duckhaltung. In ihren Händen halten sie aufgeblasene Papiertüten. Sie warten darauf, dass Kolik den Countdown zählt. „Drei, zwei, eins“, sagt der Ver.di-Mitarbeiter, dann zerschlagen die Bewohner des Papphauses ihre Papiertüten und treten gegen die Wände. Das Haus fällt in sich zusammen, die einzelnen Kartons liegen verstreut auf dem Kopfsteinpflaster.

„Wir haben heute ein Haus aufgebaut, um es zu sprengen. Nicht mit Dynamit, sondern allein mit den Menschen, die auf der Suche nach günstigem Wohnraum sind“, sagt Kolik.

Die Liste der Forderungen des Oldesloer Erwerbslosen-Ausschusses an die Stormarner Stadtverwaltungen ist lang. „Wir brauchen aussagekräftige Daten für den aktuellen Wohnungsmarkt und eine realitätsgerechte Anhebung der Mietobergrenze für Hartz-IV-Empfänger “, sagt Susanne Agne. Außerdem fordert der Ausschuss einen Ausbau des sozialen Wohnungsmarktes in Stormarn. „Auch im Ahrensburger Neubaugebiet Erlenhof sollten mehr Sozialwohnungen eingeplant werden“, sagt Agne. Sie sieht in der Wohnungsnot für Erwerbslose und Geringverdiener auch ein gesellschaftliches Problem. Agne: „Viele Menschen stecken in einem Verdrängungsprozess. Niemand will in seinem Umfeld arme Menschen haben.“

Ein weiteres Problem sei laut Agne die tatsächliche finanzielle Unterstützung der Stormarner Kommunen für die Unterkunft und Heizkosten von Erwerbslosen. „Die Unterkunftskosten müssen auch über dem gesetzlich festgelegten Regelsatz bezahlt werden, sofern sie angemessen sind. Doch die Frage, was angemessen ist, gibt den Kommunen einen großen Spielraum“, sagt Agne. Laut einer im März dieses Jahres erschienen Studie der Bundesagentur für Arbeit zahlen Stormarner Kommunen für Unterkunft und Heizung durchschnittlich 381, 09 Euro an einen Hartz-IV-Haushalt. „Die Studie zeigt, dass rund 48 Euro mehr gezahlt werden müssten, um den hohen Mietpreisen gerecht zu werden“, sagt Agne.

Auch Carmen Sax zertritt das Papphaus. Wegen der hohen Mieten in Ahrensburg ist sie im Juni mit ihrem autistischen Sohn nach Grönwohld gezogen. Rund neun Monate lebten sie und ihr Sohn in einer Ahrensburger Notunterkunft. Sax: „Ich zahle monatlich 48Euro aus meinem Regelsatz dazu, ansonsten hätte ich immer noch kein Dach über dem Kopf.“