Kleiderkammer muss schließen, wenn bis Ende 2013 keine Räume gefunden werden

Ahrensburg. Der lange Flur der Ahrensburger Kleiderkammer gleicht an diesem Nachmittag einem Wartezimmer. Menschen aus verschiedenen Nationen sitzen auf Holzstühlen und warten darauf, dass sie aufgerufen werden. Sie alle sind auf die gebrauchte Kleidung, die von Stormarnern gestiftet wurde, angewiesen. „Ich bin arbeitslos. Für mich ist es sehr schwierig, mit dem Geld auszukommen“, sagt Jutta Kallsen und sieht dabei nach unten. Alle zwei Wochen stellt sie sich an. „Ich finde meistens wirklich gute Sachen“, sagt sie. Heute sucht sie für sich nach Turnschuhen und nach Jeans für ihre 21-jährige Tochter.

Dass die Kleiderkammer womöglich geschlossen wird, sollte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Ahrensburg nicht bis zum Jahresende neue Räume finden, schockiert die 50-Jährige. „Wo sollen die Menschen sonst hin, wenn sie kein Geld haben, um sich neue Kleidung zu kaufen?“, sagt Kallsen. Das alte DRK-Gebäude an der Schulstraße muss abgerissen werden, weil die angrenzende Grundschule Am Schloss Platz für einen Anbau braucht.

Die Tür zur Kleiderkammer öffnet sich. „Der Nächste bitte“, sagt Catharina Groß. Die ehrenamtliche Mitarbeiterin bittet eine Frau mit ihrem Sohn hinein. Beide gehen langsam an den Kleiderständern vorbei, an denen Jacken und Damenblusen hängen. Auf Holzregalen stapeln sich nach Größen sortierte Jeans, Stoffhosen, T-Shirts und Pullover übereinander. Es gibt aber auch Tischläufer, gehäkelte Untersetzer, schwarze Nylon-Strumpfhosen, Strampelanzüge für Säuglinge, Bettbezüge und Unterwäsche für Kinder. Achmed heißt der 13-Jährige, der nun nach Kleidung für sich und seine Familie sucht. Er ist vor zwei Wochen aus Syrien nach Deutschland geflüchtet, wie er auf Englisch erklärt. Zu mehr reicht sein Vokabular nicht. Seine Mutter probiert schwarze Lederpumps in Größe 38 an, sie passen wie angegossen.

„Früher haben sich eher Obdachlose Kleidung abgeholt, heutzutage sind es viele Ausländer. Sie kommen aus Ghana, Rumänien, Afghanistan, der Türkei oder dem Kosovo“, sagt Ruth Schneider. Viele Besucher sprechen kaum Deutsch. „Wir verständigen uns dann mit Händen und Füßen“, sagt die Grönwohlderin und lacht. Die 72-Jährige ist seit 18 Monaten für das DRK im Einsatz. Neben ihr und Catharina Groß sind sechs weitere Mitarbeiter ehrenamtlich für die Kleiderkammer tätig. Ruth Schneider sagt: „Die Menschen sind sehr dankbar für die Kleidung. Wenn sie etwas besonders Schönes gefunden haben, zeigen sie das manchmal mit einer Umarmung.“ Und auch wenn die Kunden der Kleiderkammer kaum Geld haben, spenden die meisten von ihnen eine Kleinigkeit. Ruth Schneider deutet mit der rechten Hand auf eine weiße Porzellanschale, in der vor allem Ein-, Zwei- und Fünf-Cent-Stücke liegen. „Viele können nicht mehr als nur ein paar Cent geben“, sagt Ruth Schneider. An diesem Tag ist auch ein Zehn-Pfennig-Stück dabei.

Um die Kleiderkammer erhalten zu können, sucht der DRK-Vorsitzende Rudolf Dorsch momentan unter Hochdruck nach einem neuen Gebäude in Ahrensburg. Das DRK braucht etwa 300Quadratmeter Platz, weil auch Büro- und Kursräume benötigt werden. „Ich habe mir schon viele Immobilien angesehen. Doch entweder waren sie zu klein oder zu teuer“, sagt Dorsch.

Dass das DRK die Räume an der Schlossstraße verlassen muss, ist vertraglich geregelt. Die Holzbaracke gehört zwar dem Ahrensburger DRK, doch Eigentümer des Grundstücks ist die Stadt. Dorsch: „Der Vertrag von 1984 regelt, dass das DRK weichen muss, wenn die Stadt die Fläche zu anderen Zwecken beansprucht.“ Dieser Fall ist nun eingetreten.